Queen ehrt die Helden des D-Day
5. Juni 2019Mit einem extra gecharterten Kreuzfahrtschiff setzen 300 Veteranen der Landungsoperation "Overlord" von Portsmouth in die Normandie über. Sie wiederholen die Reise, die sie vor 75 Jahren antraten, um die Armee Hitlers aus Frankreich zu vertreiben und Europa zu befreien. "Damals wusste ich nicht, was ich zu erwarten habe. Wir waren seekrank. Wir haben einfach gemacht, was uns gesagt wurde. Als wir am Strand ankamen, schwammen so viele Menschen im Wasser. Erst später merkte ich, dass sie alle tot waren", erinnert sich der Veteran Bob Jones (99).
Als sein Kamerad John Jenkins, ebenfalls 99 Jahre alt, auf die riesige Bühne am Hafen von Portsmouth tritt, erheben sich die 16 Staats- und Regierungschefs, unter anderem aus Frankreich, Deutschland und den USA, zur Ovation. Selbst die 93 Jahre alte britische Königin hält es nicht auf ihrem Sitz. "Wir sind die Kriegsgeneration", sagt die Queen. "Wir sind widerstandsfähig. Ich freue mich, dass noch so viele von Ihnen heute kommen konnten und ich auch noch dabei bin." Im Namen ihres Landes und der ganzen freien Welt sagt die Königin nur ein Wort an die Helden der Landungsoperation: "Danke!"
Veteran John Jenkins ist gerührt und sagt, er habe damals große Angst gehabt, aber das hätte man niemanden zeigen dürfen. "Du lässt ja niemals deine Kameraden hängen. Du vergisst sie niemals. Wir sollten niemals vergessen, was damals geschah."
Größte Landung der Geschichte
Von Portsmouth aus brachen am 06. Juni rund 156.000 alliierte Soldaten in 4000 Landungsbooten in die Normandie auf, wo sie sich schwere Gefechte mit der deutschen Wehrmacht lieferten. Unterstützt von 12.000 Flugzeugen, Artillerie und einer ausgeklügelten Logistik in Großbritannien eroberten sie die französische Küste und befreiten nach und nach Westeuropa. Der Anfang vom Ende des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkrieges, der noch fast ein Jahr andauern sollte.
Volksfest mit deutscher Bratwurst
Die Gedenkfeier in Portsmouth war eher ein großes Volksfest mit 65.000 Besuchern, beschwingter Musik, Imbissbuden, einem Riesenrad, einem Kettenkarussell und einem Flugsimulator der "Red Arrows", den Kunstfliegern der Royal Air Force. Auf der Bühne wurde Szenen aus den Tagen vor der Invasion von Schauspielern nachgespielt. Die Staats- und Regierungschefs lasen Augenzeugenberichte vor. US-Präsident Donald Trump trug ein Gebet für die Soldaten vor, das der damalige Präsident Franklin D. Roosevelt am D-Day gesprochen hatte. Es gab keine langen Reden, sondern es dominierte das Erinnern an die Veteranen. Die Queen, die im Krieg als Automechanikerin ausgebildet wurde, sprach nach dem Festakt mit vielen der ehemaligen Soldaten und mit Frauen, die in der Aufklärung, in der Logistik oder in Fernmelde-Einrichtunen 1944 gearbeitet haben.
"Ist die Queen nicht großartig?", schwärmt David Weeks. Er sei bekennender Royalist und britischer Nationalist, sagt er in seinem mit Straß besetzten Anzug, der an die britische Flagge erinnert. "Ich war damals erst drei Jahre alt, aber viele aus meiner Familie waren dabei", sagt der 78 Jahre alte Mann aus Peterfields, nicht weit von Portsmouth. Gegen die Deutschen und auch die Teilnahme der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Gedenkfeier hat er nichts einzuwenden. "Inzwischen sind wir versöhnt. Hier gibt es sogar deutsche Bratwurst", sagt er lachend und zeigt auf einen Imbiss-Stand hinter sich, der tatsächlich "German Wurst" anbietet.
Hölzerne "Mauer" für Donald Trump
Kritik an den starken Sicherheitsvorkehrungen hatte es im Vorfeld in Portsmouth gegeben. Zum Schutz von US-Präsident Donald Trump war das Mahnmal zum D-Day weiträumig mit einer drei Meter hohen Bretterwand abgesperrt. "Wegen Trumps Mauer können wir nichts sehen, nur auf den Bildschirmen", wundert sich Jeff Lloyd. Der ehemalige Sanitätssoldat kommt jedes Jahr zur Gedenkfeier nach Portsmouth. "Diesmal ist natürlich alles größer", sagt Jeff Lloyd, der in den 1960er Jahren als britischer Soldat in Malaysia diente. 1944 war er erst fünf Jahre alt. "Meine Mutter hat mir oft vom D-Day und den Vorbereitungen erzählt."
"Mach Amerika wieder groß!" steht auf der roten Mütze von Mark Collins, der mit seinen Freunden die Feier verfolgt. Er ist zwar Engländer, aber trotzdem ein Fan von Donald Trump. Die Kritik an der Teilnahme des Präsidenten kann er nicht verstehen. "Man sollte immer das machen, was man versprochen hat und dafür steht Trump", meint Mark Collins. Genau wie Trump wünscht sich Mark Collins möglichst schnell den Brexit, also den Ausstieg aus der Europäischen Union. Miltärisch könne man ja weiter zusammenarbeiten, genauso wie vor 75 Jahren. Sein Großvater war in der Armee damals. Genaues weiß er nicht, denn der sei vor seiner Geburt gestorben, erzählt Mark Collins. Man müsse sich einfach an diese "größte aller Generationen" erinnern.