Quo vadis, Chávez?
7. Oktober 2012In Venezuela entscheiden knapp 19 Millionen Bürger über den künftigen Kurs ihres Landes. Der seit fast 14 Jahren amtierende Präsident Hugo Chávez strebt eine weitere Amtszeit von sechs Jahren bis 2019 an, um sein Modell eines "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" in dem südamerikanischen Staat zu verankern. Gefährlich werden könnte ihm dabei sein konservativer Herausforderer Henrique Capriles Radonski. Der 40-jährigen Ex-Gouverneur setzt sich für einen Kurswechsel in Venezuela ein. Vier weitere Bewerber gelten als chancenlos.
Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet
Noch ehe die Wahllokale öffneten, bildeten sich bereits lange Warteschlangen. Capriles ist nach Einschätzung von Beobachtern der stärkste Oppositionskandidat, dem sich Chávez bislang in Wahlen stellen musste. 2006 hatte Chávez die Präsidentenwahl mit rund 63 Prozent der Stimmen gewonnen. Diesmal wird mit einem knappen Rennen gerechnet.
Sowohl Chávez als auch Capriles zeigten sich vor der Wahl siegessicher. Die Opposition befürchtet allerdings, dass die Wahl weder geheim noch fair verlaufen könnte. Tatsächlich hat die Regierung keine internationalen Wahlbeobachter eingeladen. Anhänger von Capriles wollen deshalb in jedem Wahllokal mitzählen. Trotz aller Unwägbarkeiten wird eine hohe Wahlbeteiligung erwartet.
Chávez sagte bei einer Pressekonferenz im Präsidentenpalast in Caracas, es sei nicht sein Wille, sondern der des Volkes, dass er bereits 14 Jahre an der Macht sei. Er sehe keinen Grund, warum er sein Land nicht noch für eine dritte Amtszeit regieren solle. "20 Jahre sind nichts." Eine weitere, vierte Amtszeit strebe er aber nicht an, betonte Chávez.
Mit harter Hand
Hugo Chávez führt Venezuela seit Anfang 1999 auf strammem Linkskurs. Der 58-Jährige startete viele Sozialprogramme, wird aber wegen seines autoritären Regierungsstils kritisiert. So brachte er auch die wichtigsten staatlichen Institutionen unter seine Kontrolle. 2009 hatte er per Verfassungsänderung durchgesetzt, dass ein Staatschef beliebig oft kandidieren kann. 2011 wurde bei Chávez Krebs diagnostiziert. Daraufhin unterzog er sich zwei Operationen, Chemo- und Strahlentherapien und erklärte sich vor wenigen Monaten als geheilt.
Chávez ist ein scharfer Kritiker der USA und unterstützt die Regierungen in Kuba, dem Iran, Syrien und Belarus (Weißrussland). Im Wahlkampf warnte er, die Opposition wolle die sozialen Programme seiner Regierung abschaffen. Seinen Herausforderer bezeichnete er als "Handlanger des Yankee-Imperiums", womit er die Vereinigten Staaten meinte.
Capriles setzte in seiner Kampagne vor allem auf Tuchfühlung mit den Wählern und absolvierte zahllose Wahlkampfveranstaltungen im ganzen Land. Sein zentrales Motto war "Hay un camino" (Es gibt einen Weg). Er wirft Chávez vor, gescheitert zu sein, denn er habe es trotz des Ölreichtums nicht geschafft, die Probleme der Venezolaner zu lösen. Der 40-jährige Jurist wäre im Falle eines Wahlsieges der jüngste Präsident in der Geschichte Venezuelas.
jh/wa (dpa, rtr, dapd, afp, epd)