Die Serie "Familie Braun" hat einen International Emmy bekommen und setzt damit eine lange Tradition fort. Doch auch ausländische Regisseure haben Erfolg, wenn sie in deutschen Studios Filme mit NS-Thematik drehen.
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Nationalsozialismus in TV und Film - eine deutsche Erfolgsgeschichte
Das Thema Nationalsozialismus ist für deutsche TV-Serien und Spielfilme der Schlüssel zum Erfolg, vor allem im Ausland. Die Serie "Familie Braun" bekam jetzt einen International Emmy und setzt damit eine Tradition fort.
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Neo-Nazis im Deutschland von heute
Die jüngste Auszeichnung für ein deutsches Format mit NS-Thematik holte die Web-Serie "Familie Braun". Bei dieser ZDF-Produktion geht es nicht um die NS-Verbrechen zwischen 1933 und 1945, sondern um das Gedankengut von Neo-Nazis in der Bundesrepublik von Heute. Bei der Emmy-Jury kam das an. Die Serie setzte sich gegen Konkurrenz aus Kanada, Argentinien und Brasilien durch.
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Internationaler Erfolg: "Das Boot"
Film- und Fernsehgeschichte aus deutscher Sicht schrieb 1991 "Das Boot". Die Handlung ist im Zweiten Weltkrieg angesiedelt und schildert die Erlebnisse der Besatzung eines U-Boots während der Atlantikschlacht. Dafür gab es in Los Angeles sechs Oscar-Nominierungen - und die Erkenntnis, dass der deutsche Film durchaus international konkurrenzfähig sein konnte.
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Nicht unumstritten: "Unsere Mütter, unsere Väter"
"Das Boot" erschien als TV-Serie, aber auch als Kinofilm. "Unsere Mütter, unsere Väter" war über drei Jahrzehnte später ein reines Fernsehereignis. Es wurde 2014 mit einem International Emmy Award in der Kategorie Miniserie bedacht. Unumstritten war die Serie aber nicht: Kritik gab es in Deutschland, aber auch in Polen, wo sich Experten gegen die Darstellung des polnischen Widerstands wandten.
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Oscar für "Die Blechtrommel"
Ende der 1970er Jahre hatte Volker Schlöndorffs Günter-Grass-Verfilmung "Die Blechtrommel" internationale Triumphe gefeiert. 1979 gewann der Film in Cannes die Goldene Palme, ein Jahr später gab es den Oscar. Die Handlung des Romans wie auch der Verfilmung spielt zu weiten Teilen im Nazi-Deutschland der Jahre 1933 bis 1945.
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Interesse auch an Nachkriegsgeschichte: "Im Labyrinth des Schweigens"
Es müssen nicht nur die Gräueltaten der Nazis sein, mit denen deutsche Regisseure im Ausland punkten. Es kann auch die Aufarbeitung der NS-Geschichte durch die Deutschen nach dem Krieg sein. Ein Beispiel hierfür ist der Film "Im Labyrinth des Schweigens", der die Vorgeschichte des Auschwitz-Prozesses thematisierte - und dafür 2015 mit einer Oscar-Nominierung belohnt wurde.
Deutsch-Österreichische Ko-Produktion: "Die Fälscher"
Noch mehr Glück hatte ein paar Jahre zuvor der Wiener Regisseur Stefan Ruzowitzky mit seinem Film "Die Fälscher". Er bekam den Oscar als bester nichtenglischsprachiger Film tatsächlich. Der Film erzählt von einem groß angelegten Geldfälschungsprogramm der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs. Die Produktion entstand mit Geldern aus Deutschland und Österreich.
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Oscar für Flüchtlingsgeschichte "Nirgendwo in Afrika"
Und auch das ist ein deutscher Film mit Nazi-Thematik. Regisseurin Caroline Link verfilmte 2001 einen Roman von Stefanie Zweig, in der eine Familie kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Kenia flüchtet. Nach dem Krieg kommt die Familie in das zerstörte Deutschland zurück. Caroline Link bekam für ihren Film 2003 den Oscar.
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Oscar-Nominierung auch für "Sophie Scholl - Die letzten Tage"
Fünf Jahre später hatte Regisseur Marc Rothemund nicht ganz so viel Glück. Zwar verdiente auch er sich für sein Widerstandsdrama "Sophie Scholl - Die letzten Tage" eine Oscar-Nominierung. Bei der Zeremonie in Hollywood konnte sich sein Film dann aber nicht gegen die Konkurrenz durchsetzen und ging leer aus.
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Weltweiter Erfolg für "Der Untergang"
Auch Oliver Hirschbiegels Hitler-Studie "Der Untergang" mit Bruno Ganz als Hauptdarsteller wurde zwar für einen Oscar nominiert, scheiterte aber auf der Zielgeraden und musste ohne goldene Statuette aus Los Angeles zurückkehren. Trotzdem zeigen alle diese Beispiele: Deutsche Filme mit Nazi-Thematik sind in den USA besonders populär.
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Golden-Globe-Ehren: "Aimée & Jaguar"
Und es muss auch nicht immer der Oscar sein - auch die Jury, die die Golden Globes vergibt, wird offenbar immer dann besonders aufmerksam, wenn es um die Nazi-Thematik im deutschen Kino geht. Der 1999 gedrehte Film "Aimée & Jaguar" verdiente sich eine Globe-Nominierung im Jahr darauf. "Aimée & Jaguar" erzählt von der Liebe zweier Frauen im Nationalsozialismus, einer Jüdin und einer Nicht-Jüdin.
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Nazi-und Presse-Satire: "Schtonk!"
Honoriert wird sogar der Versuch deutscher Filmemacher, das Thema satirisch anzugehen. Helmut Dietl gelang das 1991 mit seiner überdrehten Komödie "Schtonk!", der die Posse um die gefälschten Hitler-Tagebücher aufgriff. Auch dafür gab's eine Oscar-Nominierung.
Bild: imago stock&people
DDR-Film "Jakob der Lügner"
Drei Jahre nach seiner Fertigstellung im Jahre 1974 wurde auch "Jakob der Lügner" von Regisseur Frank Beyer für einen Oscar nominiert. Es war der einzige Filme aus dem Osten Deutschlands, der jemals eine Nominierung erhielt. Die Romanverfilmung nach einem Buch von Jurek Becker spielt im Ghetto und erzählt vom Hoffen und Bangen der Bewohner.
Bild: ullstein bild - KPA
Erster deutscher Nachkriegsfilm: "Die Mörder sind unter uns"
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war es 1946 Regisseur Wolfgang Staudte, der den ersten deutschen Nachkriegsfilm produzierte. "Die Mörder sind unter uns" wurde in den Jahren darauf in zahlreichen Ländern gezeigt. Bis zu Oscar- und Emmy-Ehrungen war es noch ein weiter Weg. Doch das Thema war von nun an präsent im deutschen Kino und später auch im Fernsehen.
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Deutsche Geschichte im Allgemeinen und die Zeit des Nationalsozialismus im Besonderen - in Film und Fernsehen ist das seit Ende des Zweiten Weltkriegs ein Dauerthema. Und das nicht nur bei heimischen Regisseurinnen und Regisseuren. Schaut man auf die Produktionsgeschichte deutscher Filmstudios, so fällt auf, dass auch viele renommierte Regisseure aus dem Ausland immer wieder gern nach Berlin, München oder in andere Regionen der Republik gekommen sind, um dort zu drehen. In den vergangenen Jahrzehnten haben auch sie oft und gern Geschichten von Nazis und NS-Verbrechen erzählt, von deutschen Opportunisten und Widerstandskämpfern, von der Vorgeschichte der Nazi-Herrschaft und deren Auswirkungen nach 1945. Hier eine kleine Auswahl - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
1. "Cabaret" von Bob Fosse (1971)
Anfang der 1970er Jahre drehte der amerikanische Regisseur Bob Fosse sein Musical "Cabaret". Zur Besetzung gehörten damals unter anderem Liza Minnelli und Michael York, aber auch deutsche Schauspieler wie Helmut Griem und Fritz Wepper. Vorlage waren das gleichnamige Broadway-Musical und der Roman "Goodbye to Berlin" von Christopher Isherwood. Die Handlung spielt in den Jahren vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Das Finale des Films lässt keinen Zweifel daran, wohin sich die deutsche Geschichte entwickeln wird. Bob Fosse und sein Team drehten in den Münchner Bavaria-Studios, in West-Berlin und im Eutiner Schloss. Der Film bekam 1973 acht Oscars.
2. "Das Schlangenei" von Ingmar Bergman (1977)
Der große schwedische Regisseur drehte seinen Film "Das Schlangenei" Mitte der 1970er Jahre in München, vor allem in den Bavaria-Studios. Auch Bergman erzählte eine "deutsche" Geschichte. Im Berlin der Zwanziger Jahre ist seine Erzählung im Zirkusmilieu angesiedelt, ein Melodrama um Gewalt und Leidenschaft in Zeiten herannahendes Unheils: "Jeder kann sehen, was die Zukunft bringt. Es ist wie ein Schlangenei. Durch die dünnen Häute kann man das fast völlig entwickelte Reptil deutlich erkennen", so einer der Protagonisten des Films. Gemeint war unzweifelhaft der Nationalsozialismus.
3. "Mephisto" von István Szabó (1981)
Unter anderem nach Hamburg und Berlin ging der ungarische Regisseur István Szabó Anfang der 1980er Jahre, um seinen Film "Mephisto" zu drehen. Das Werk nach dem Roman von Klaus Mann schildert mehr oder weniger verhüllt den Karriereaufstieg des berühmten Theaterstars Gustav Gründgens während des Nationalsozialismus in Deutschland. Der Roman war in der Nachkriegs-Bundesrepublik zeitweise verboten. Der Film des ungarischen Meisterregisseurs mit Klaus-Maria Brandauer in der Hauptrolle wurde ein Welterfolg, bekam einen Preis in Cannes sowie einen Oscar.
4. "Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat" von Bryan Singer (2008)
In Berlin, Potsdam und Brandenburg drehte der Amerikaner Bryan Singer seinen Widerstandsfilm "Valkyrie" (Originaltitel) mit Superstar Tom Cruise in der Titelrolle. Die Dreharbeiten in der deutschen Hauptstadt wurden seinerzeit von einem großen Medienrummel begleitet. Einerseits, weil der Star Tom Cruise in der Hauptstadt weilte - zum anderen, weil eben jener Darsteller, der einen Hitler-Gegner verkörperte, hohes Scientology-Mitglied war. Für manche Beobachter war das nicht zu ertragen. Für den aufwendigen Film wurden in Berlin einige Kulissen originalgetreu nach historischen Bauten wiedererrichtet.
5. "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino (2009)
Nur ein Jahr später kam wieder ein Hollywood-Tross nach Deutschland, um einen großen Film mit Nazi-Thematik zu drehen. Kultregisseur Quentin Tarantino ließ es sich nicht nehmen, seine Nazi-Fantasy-Story in Deutschland zu inszenieren. Berlin-Babelsberg, Görlitz, dazu weitere Drehorte in Sachsen und Brandenburg wurden aufgesucht. Stars wie Brad Pitt, Michael Fassbender, Christoph Waltz und Mélanie Laurent gehörten zur Besetzung. Und wie immer bei diesem Regisseur kamen Dichtung und Wahrheit in der Filmhandlung ganz nah zusammen: "Inglourious Basterds" schrieb die Nazi-Geschichte um.
6. "Der Vorleser" von Stephen Daldry (2008)
Ebenfalls in Berlin, Brandenburg und Sachsen, aber auch in Köln und Hürth, setzte der Brite Stephen Daldry die Romanverfilmung von "Der Vorleser" in Szene. Diesmal ging es um ein Stück NS-Vergangenheitsaufarbeitung in den '50er und '60er Jahren. An der Seite von Kate Winslet war der junge Deutsche David Kross zu sehen. Für Winslet wurde der Film zum Triumph, sie gewann zahlreiche Preise für ihren Auftritt, unter anderem den Darstellerinnen-Oscar. Von jüdischer Seite wurde der Romanverfilmung eine verharmlosende Tendenz vorgeworfen.