1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rätselhafte Umweltkatastrophe auf der Krim

Roman Goncharenko | Igor Burdyga
6. September 2018

Auf der von Russland annektierten Krim könnte es eine Havarie in einem Titanwerk gegeben haben. Die Behörden bestreiten, dass Gefahr für die Gesundheit der Bewohner besteht, lassen aber die Kinder wegbringen.

Autonome Republik Krim Armjansk - Bewohner mit Kindern
Bild: picture-alliance/dpa/TASS/S. Malgavko

Es dürfte die größte Umweltkatastrophe auf der Krim seit Jahren sein. Rund zwei Wochen nach ersten Berichten über einen möglichen Vorfall in einem Titanwerk im Norden der Halbinsel ließen die Behörden alle Kinder aus der benachbarten Stadt Armjansk wegbringen. Sie sollen in Sanatorien untergebracht werden, Vorschulkinder bleiben in Begleitung ihrer Eltern. Das sei eine reine "Vorbeugemaßnahme", sagte der Präsident der international nicht anerkannten Republik Krim, Sergej Aksjonow. Eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen gebe es nicht. In sozialen Netzwerken sind inzwischen Bilder von Bussen aufgetaucht, mit denen Kinder aus der Stadt fahren sollen. Sowohl diese Bilder als auch die schleppende Aufklärung wecken Erinnerungen an die Katastrophe von Tschernobyl. 

Öliger Belag auf Autos und Dächern

Seit dem 24. August klagen Bürger auf beiden Seiten der faktischen Grenze zwischen der annektierten Krim und dem ukrainischen Festland über einen öligen, rostfarbigen Belag, der sich auf Autos, Dächer und sonstige Metallgegenstände wie Geschirr oder Schmuck gelegt hatte. Auch das Laub an Bäumen soll schnell verwelkt und abgefallen sein. Einige wollen gar eine Giftwolke gesehen haben.

Armjansk: Kinder im Schul- und Vorschulalter wurden evakuiertBild: picture-alliance/dpa/TASS/S. Malgavko

An diesem Morgen versammeln sich Bewohner des Dorfes Preobraschenka auf der ukrainischen Seite vor einer lokalen Ambulanz. Sie warten auf eine Kommission des Gesundheitsministeriums in Kiew, um über den jüngsten Vorfall zu berichten. "Viele Menschen haben Atembeschwerden, berichten über Kratzen im Hals und allergische Reaktionen", sagt ein Mediziner. Auch einige Grenzbeamte sind gekommen. "Das geht schon über eine Woche so", erzählt Andrij, ein ukrainischer Grenzschützer, der heute in Zivil gekommen ist. "Man hat unter uns Atemmasken verteilt, doch die helfen wenig", sagt er. "Nachts, wenn die Feuchtigkeit steigt, brennt es auf der Haut". 

Ist die Sommerhitze Schuld?

Der Verdacht fiel bereits in den ersten Tagen auf das Werk "Krimskij Titan", eines der größten Hersteller von Titandioxid in Europa. Es liegt auf der von Russland kontrollierten Krim-Seite, wenige Kilometer von der Grenze entfernt, und gehört über ein Firmengeflecht dem ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch. Titandioxid ist eine weiße Substanz, die unter anderem bei der Herstellung von Farben, Kunststoffen, Papier oder Kosmetika verwendet wird.

Produktionsstopp für zwei Wochen: Das Titan-Werk in Armjansk (Archivbild)Bild: DW/I. Burdyga

"Krimskij Titan" bestritt zunächst einen möglichen Vorfall. Auch Aksjonow sagte Ende August, es gebe keinen Anlass für einen Produktionsstopp. Dann verkündete er am Dienstag, dass das Titanwerk nun doch für zwei Wochen stillgelegt werde. Grund sei eine zu hohe Konzentration von Schwefeldioxid, die in der Luft festgestellt worden sei.

Als mögliche Ursache habe man ein werkseigenes Sammelbecken mit Schwefelsäure ausgemacht. Die besonders lange Sommerhitzeperiode habe wohl dazu beigetragen, dass die schützende Wasserschicht darüber teilweise verdampft sei, so die Vermutung. Nun versucht man, mehr Wasser in das Becken zu pumpen, doch das dürfte nicht einfach sein. Nach der russischen Annexion stoppte die Ukraine die Wasserversorgung der süsswasserarmen Halbinsel. 

Außerdem berichtete Aksjonow, dass die russische Justiz den Vorfall demnächst untersuchen werde.

Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen