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Politik

Rätseln über russische Verluste in Syrien

Roman Goncharenko
14. Februar 2018

Es könnte die größte Konfrontation zwischen den USA und Russland seit Jahrzehnten gewesen sein. Ein Vorfall in Syrien, bei dem viele Russen gefallen sein sollen, ist in jeder Hinsicht explosiv.

Russische Soldaten in Syrien
Bild: Getty Images/AFP/D. Derda

Was genau geschah vor einer Woche im Ort Chuscham (Khusham) im Osten Syriens? Sind bei einem Einsatz des US-Militärs hunderte russische Söldner ums Leben gekommen, wie in Russland seit Tagen spekuliert wird? Oder sind solche Berichte nur eine Desinformationskampagne, so wie es Moskau darstellt? Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, ob das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den USA und Russland auf eine neue harte Probe mit unabsehbaren Folgen gestellt wird. Die Suche nach der Wahrheit gestaltet sich besonders schwierig, denn gesicherte Erkenntnisse liegen nicht vor.

Russland über US-Einsatz informiert

Nach Angaben des US-Militärs ergibt sich folgendes Bild: In der Nacht vom 7. auf den 8. Februar sei das Hauptquartier der "Syrischen Demokratischen Kräfte" (SDF) im ostsyrischen Chuscham in der Provinz Deir ez-Zor von Kräften, die auf der Seite des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad agieren, angegriffen worden. Die SDF ist eine Allianz, an der auch die YPG-Kurdenmiliz beteiligt ist, und sie wird von der Anti-IS-Koalition mit den USA an der Spitze unterstützt. Im Hauptquartier befanden sich US-Militärberater.

Als die Angreifer mit schwerem Gerät, darunter mit Panzern, rund 500 Meter vor dem Hauptquartier gelandet seien, habe man "aus Selbstverteidigung" mit Artillerie- und Luftschlägen reagiert, so die Darstellung des Pentagons. Das Ergebnis: mehr als 100 getötete Kämpfer. Man habe "vor, während und nach dem Einsatz" über eine Hotline mit Vertretenen der russischen Armee Kontakt gehabt. Diese hätten versichert, an dem Angriff auf die SDF-Stellung nicht beteiligt zu sein.

Treffen zwischen Baschar al-Assad und Wladimir Putin im russischen Sotschi im November 2017Bild: Getty Images/AFP/M. Klimentyev

Opfer beim russischen "Blackwater"

Wenige Tage nach dem Vorfall tauchten in russischen sozialen Netzwerken und Medien Berichte über angeblich hohe Verluste unter russischen Söldnern in Syrien auf. Die Zahl der Toten variiert dabei stark. Bislang haben diverse Quellen den Tod von mindestens fünf Russen bestätigt, andere sprechen von über 200 Toten. Es kursieren Mitschnitte aus angeblichen Telefonaten von Russen, die den US-Angriff überlebt haben. Ob diese Aufnahmen echt sind und wer sie gemacht hat, ist unklar. Die Sprache und die Darstellungen scheinen authentisch zu sein und stimmen in einigen Details mit anderen Quellen überein. Laut diesen Mitschnitten wurde mit dem Angriff auf das SDF-Hauptquartier in Chuscham das Ziel verfolgt, eine Ölraffinerie zu besetzen.

Die meisten Opfer auf der russischen Seite sollen Kämpfer einer privaten Militärfirma sein. Die Rede ist von der so genannten "Wagner-Gruppe", benannt nach dem Kampfnamen ihres Anführers. Laut russischen Medien ist das eine Söldnertruppe aus ehemaligen russischen Militärs nach dem US-Vorbild "Blackwater", die allerdings illegal agiert. Ein Gesetz über private Militärfirmen gibt es in Russland bisher nicht.

Vom Ural über Ostukraine nach Syrien

In den vergangenen Jahren gab es mehrere Berichte russischer Medien über die Beteiligung der "Wagner-Gruppe" an dem Krieg in der Ostukraine auf der Seite der prorussischen Separatisten. Offenbar waren danach mehrere russische Kämpfer aus der Ostukraine nach Syrien gezogen, so wie der 38-jährige Stanislaw Matwejew aus dem Städtchen Asbest am Ural. Nur wenige Namen russischer Söldner, die in Syrien getötet wurden, sind bisher durch Medienberichte bekannt geworden. Stanislaw Matwejews Witwe Elena erzählte in einem Interview für das Nachrichtenportal Znak, sie habe am 9. Februar vom Tod ihres Mannes erfahren. Ein lokaler Kosakenanführer habe sie angerufen, der die Nachricht wiederrum von jemandem aus der Ostukraine erhalten habe. Sie habe versucht, ihren Mann von der Reise nach Syrien abzuhalten, sagte die Frau. Jetzt wünsche sie sich, dass die russische "Regierung Rache übt" für die gefallenen Söldner.

Offiziell bestreitet Moskau, an dem Vorfall in Chuscham beteiligt gewesen zu sein. Berichte über hunderte tote Russen seien "klassische Desinformation", zitierte am Mittwoch die Nachrichtenagentur Interfax eine anonyme Quelle im Außenministerium. "Wir im Kreml haben keine detaillierten Informationen, um Rückschlüsse ziehen zu können", sagte Dmitrij Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin. "Man kann nicht ausschließen, dass sich auf dem Territorium Syriens russische Bürger befinden. Sie sind aber nicht Teil der russischen Streitkräfte."

Abschuss eines russischen Kampfjets vom Typ Su-25 in der syrischen Provinz Idlib am 3. Februar 2018Bild: Getty Images/AFP/O. Hajkadour

Verluste russischer Streitkräfte

Doch auch die russischen Streitkräfte, deren Teilabzug aus Syrien Putin im Dezember verkündet hatte, mussten zuletzt immer öfter Verluste beklagen. So wurde erst wenige Tage vor dem Vorfall in Chuscham ein russischer Su-25-Jet abgeschossen. Der Pilot starb aber im Kampf am Boden. In der Silvesternacht wurde der russische Luftwaffenstützpunkt in Hmejmim angegriffen, bei dem mindestens zwei Soldaten ihr Leben verloren.

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