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Terror in Istanbul

28. Juli 2008

Bei einem Terroranschlag in Istanbul sind am Sonntagabend mindestens 17 Menschen getötet worden. Bislang bekannte sich niemand zu der Tat. Doch zumindest die Methode der Attentäter weist auf einen PKK-Hintergrund hin.

Eine Verletzte und ein Kind in einem Krankenwagen
Eine Verletzte und ein Kind werden in ein Krankenhaus gebrachtBild: AP

Bei der Explosion zweier Bomben am Sonntagabend (27.7.) in der türkischen Metropole sind einer vorläufigen Bilanz der Regierung zufolge 17 Menschen gestorben und mehr als 150 weitere zum Teil schwer verletzt worden. Die Zahl der Toten könnte daher womöglich weiter steigen, betonte der türkische Gesundheitsminister Recep Akdag am Montag.

Drei Jugendliche festgenommen

Forensische Experten nehmen sich den Tatort vorBild: AP

Die Bombenexplosionen waren offenbar aufeinander abgestimmt: Zunächst detonierte eine Bombe mit geringer Sprengkraft in einem Mülleimer an einer Geschäftsstraße im Stadtteil Güngören auf der europäischen Seite Istanbuls. Die erste Explosion zog viele Schaulustige aber auch Menschen an, die den Opfern Hilfe leisten wollten. Wenige Minuten später ereignete sich dann in einigen Metern Entfernung eine weitere und deutlich heftigere Explosion.

Noch am Sonntagabend nahm die türkische Polizei laut einem Zeitungsbericht drei Jugendliche fest. Die 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen seien im Keller einer Wohnung in der Nähe des Explosionsorts aufgegriffen worden, schrieb die Zeitung "Milliyet".

Trauer und Entsetzen

Die Zahl der Opfer kann noch weiter steigenBild: AP

Staatspräsident Abdullah Gül und Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilten den Anschlag auf das Schärfste. "Mit dem Töten unschuldiger Menschen und mit Terrorismus können keine Ziele erreicht werden", erklärte Gül. "Diese Anschläge zeigen, wie unmenschlich und armselig die Urheber sind."

Auch Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier verurteilte "diesen blinden Akt des Terrors" aufs Schärfste. EU-Chefdiplomat Javier Solana versicherte: "In diesem schwierigen Augenblick kann die Türkei auf die Unterstützung der EU vertrauen."

Steckt die PKK dahinter?

Unterdessen brachte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Rebellen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) indirekt mit dem schweren Bombenanschlag in Istanbul in Verbindung. Der Preis für die türkischen Militäreinsätze wiege schwer, sagte Erdogan am Montag in Istanbul. Die Bombenexplosionen vom Sonntagabend seien ein Beispiel dafür.

Die PKK selbst wies jede Verantwortung für den verheerenden Bombenanschlag von sich. "Dies ist ein dunkles Ereignis... Dieses Ereignis hat keinerlei Verbindung zum Kampf der Kurden für Freiheit", sagte der Leiter der politischen Sektion der PKK, Zubeyir Aydar.

Zahlreiche Hinweise, aber keine Beweise

Die türkische Polizei riegelte sofort den Ort des Anschlags abBild: AP

Dennoch gehen Sicherheitsbehörden davon aus, die PKK stecke hinter dem Anschlag, berichtete der türkische Nachrichtensender NTV. Tatsächlich wurde die Methode, erst eine Bombe und dann eine weitere zu zünden, bei PKK-Anschlägen in der Vergangenheit des Öfteren angewandt.

Auch besteht zumindest ein zeitlicher Zusammenhang mit der erneuten Bombardierung von PKK-Stellungen im Nordirak durch die türkische Luftwaffe am Sonntag. Die Regierung in Ankara war zuletzt wieder verstärkt gegen die PKK vorgegangen. Diese kämpft seit 1984 für die Unabhängigkeit der kurdischen Minderheit in der Türkei. Bei Kämpfen in den südöstlichen Provinzen und bei Anschlägen im ganzen Land sind seither Zehntausende getötet worden.

Die PKK war auch für die Entführung dreier deutscher Bergsteiger Anfang Juli am Berg Ararat im Osten der Türkei verantwortlich. Sie wurden von den Rebellen schließlich wieder freigelassen und kehrten nach knapp zwei Wochen nach Deutschland zurück.

Auch andere Gruppen als Attentäter denkbar

Die Regierungspartei AKP ist nicht überall in der Türkei beliebtBild: picture-alliance/ dpa

In der Vergangenheit hatten allerdings nicht nur kurdische Separatisten, sondern auch linkextremistische Gruppen und Islamisten Anschläge in Istanbul verübt. So gibt es auch Stimmen, die einen Zusammenhang mit den am Montag beginnenden Beratungen des Verfassungsgerichts über ein Verbot der islamistischen Regierungspartei AKP herstellen.

Der AKP von Ministerpräsident Tayyip Erdogan wird vorgeworfen, gegen das Verfassungsgebot eines säkularen Staates zu verstoßen und eine Islamisierung der Türkei anzustreben. Das Verfahren hat in den vergangenen Monaten zu tiefer Unsicherheit bei Politik und Wirtschaft geführt und das Land zutiefst gespalten. (ag)

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