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Politik

Rätselraten um Trumps Syrien-Politik

16. November 2016

Im Wahlkampf wie auch danach hat sich Donald Trump zu Syrien geäußert. Oberste Priorität hat für ihn der Kampf gegen die Terrororganisation IS. Doch das könnte neue Probleme mit sich bringen.

USA Donald Trump Wahlkampfrede
Bild: Reuters/C. Allegri

Noch am Tag seiner Wahl wurde Donald Trump im russischen Sankt Petersburg ausgezeichnet - mit dem Ehrentitel eines "Kosaken", wie die Mitglieder freier Reiterverbände im Russland vergangener Jahrhunderte genannt werden. Verliehen hatte ihm die Auszeichnung die lokale "Irbis Kosaken-Gruppe", wie die Zeitung The Moscow Times berichtete - als Hinweis darauf, wie beliebt der angehende Präsident in Russland sei.

Ob diese Popularität auch in ein neues amerikanisch-russisches Verhältnis mündet, das schließlich auch die kriegsgeplagten Regionen des Nahen Osten, insbesondere Syrien, wieder befrieden könnte - diese Frage ist in arabischen Medien derzeit Gegenstand angeregter Debatten.

Zunächst könnte sich die Beziehung in Richtung einer "wunderbaren Freundschaft" entwickeln, schreibt - nicht ohne Ironie - der Journalist Leonid Ragozin auf der Internetseite des Sender Al-Jazeera: "Putin wäre nicht er selbst, wenn er nicht versuchen würde, Trump zu Zugeständnissen hinsichtlich der Ukraine und Syriens zu verführen. Im Gegenzug könnte er Edward Snowden an die USA ausliefern."

Trump könnte ein "Verbündeter" sein

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Langfristig aber, vermutet er, sei Trump für Putin als Feind viel nützlicher denn als Freund. Trump stehe nämlich für nahezu alles, was Russen an Amerikanern verhasst sei. Trump sei die perfekte Karikatur des typischen amerikanischen Kapitalisten - und in der Gegnerschaft zu dieser Figur könne Putin beim russischen Publikum weit mehr Punkte holen als im Rahmen einer konstruktiven Partnerschaft mit den USA.

Russisch-amerikanische Kooperation in Syrien denkbar

Allerdings hätte Putin auch gute Gründe, eine ernsthafte Zusammenarbeit mit dem neuen US-Präsidenten zu suchen. Der Krieg in Syrien ist kostspielig. Offen ist zudem, wie lange er noch dauern wird und ob er überhaupt gewonnen werden kann. Denn ein Sieg hieße, den "Islamischen Staat" (IS) und andere dschihadistische Gruppierungen auf Dauer unschädlich zu machen. Das dürfte angesichts der vielfach verzweigten dschihadistischen Gruppen und Untergruppen kaum möglich sein. Mit - vor allem kleineren - Terroranschlägen dürfte weiter zu rechnen sein. Insofern müsste sich Russland, wie die USA zuvor im Irak, als dauerhafte Schutzmacht engagieren.

Fraglich ist, ob Moskau diese Rolle übernehmen kann und will. Eben darum dürfte Russland auf eine Zusammenarbeit mit den USA angewiesen sein. Dafür könnten nun bessere Voraussetzungen gegeben sein, schreibt der politische Analyst Maxim Suchkov. Ein Sieg Hillary Clintons hätte aller Erwartung nach zu einer robusteren amerikanischen Syrien-Politik führen können als jener, die man von Obama kannte. Unter einer Präsidentin Clinton hätten die USA womöglich auf Flugverbotszonen in ganz Syrien bestehen können.

Diplomatie statt Militär

Da dieses Szenario vom Tisch sei, weise alles darauf hin, dass der Kreml positive Nachrichten in Richtung des neuen Präsidenten senden wolle. Zwar geben sich beide Staaten derzeit noch entschlossen und wenig kompromissbereit. Aber das könnte sich absehbar ändern. "Die Probleme, die sich aus der Zeit nach dem Ende des Krieges in Syrien ergeben -  der Entwurf einer neuen Verfassung, die Bildung einer Übergangsregierung, die Wiederherstellung des Landes - bieten ironischerweise enormes Potenzial zur Kooperation", schreibt Suchko im Internetmagazin Al-Monitor. "Es scheint, als glaubten beide Seiten, dass der Übergang von der militärischen zu einer diplomatischen Phase unumgänglich sei, beide aber bislang keinen gangbaren Weg kannten."

Trump hatte sowohl im Wahlkampf als auch in ersten Interviews nach der Wahl erkennen lassen, dass er eine Zusammenarbeit mit dem Assad-Regime zumindest nicht ausschließe. Derzeit bekämpften die Amerikaner das Assad-Regime, das seinerseits den IS bekämpfe. "Derzeit unterstützen wir die Rebellen gegen Syrien (gemeint: das Assad-Regime, d. Red.). Dabei haben wir keine Ahnung, wer diese Leute sind", sagte Trump in einem Interview mit der Zeitung The Wall Street Journal.

Für Assad selbst käme eine solche Entwicklung mehr als gelegen. Entsprechend hat er bereits eine Zusammenarbeit mit dem neuen US-Präsidenten angedeutet. Seine Regierung sei für Trump ein "natürlicher Verbündeter", erklärte er. "Wir erwarten nicht viel, weil die US-Regierung nicht nur aus dem Präsidenten besteht", so Assad weiter. Es komme darauf an, dass Trump seine Wahlversprechen einlöse. Sollte er "die Terroristen" bekämpfen, wäre er wie Russland und der Iran ein Verbündeter.

Trumps Feind Nummer eins: Die Terrororganisation "Islamischer Staat" Bild: picture-alliance/Zuma Press

Das Problem Assad

Fraglich ist allerdings, ob Trump die Lage in und um Syrien angemessen einschätze, schreibt der Politik-Analyst Radwan Ziadeh in der Zeitung "Al Araby al-jadeed". Denn Assad bekämpfe mitnichten den IS, sondern vielmehr die säkulare bewaffnete Opposition. Dabei werde er von Russland nach allen Kräften unterstützt. Schlössen sich die USA unter Trump diesem Kampf nun an, wäre das der endgültige Sieg für Assad: Er würde weiter an der Macht bleiben.

Das aber, schreibt Ziadeh, sei aus mehreren Gründen problematisch. Erstens würden sich mit Assads Verbleib große Teile der syrischen Bevölkerung nach über fünf Jahren Krieg nicht abfinden. Zweitens würden dem auch Assads bisherige Gegner, allen voran die Türkei, Saudi-Arabien und Katar, kaum zustimmen. Syrien bliebe weiterhin ein Unruheherd in der Region. Auch innerhalb der USA, ja sogar innerhalb Trumps eigener Partei, dürfte eine solche Option für erhebliche Unruhe sorgen. Viele Republikaner könnten sich kaum zu einer Partnerschaft mit Russland unter Putin entschließen. 

Viele offene Fragen

Vor allem blieben für den Fall, dass sich Assad weiterhin im Präsidentenamt hielte, grundlegende Probleme weiterhin ungelöst, schreibt Ziadeh - etwa das der syrischen Flüchtlinge, das längst zu einer globalen Herausforderung geworden sei. Man könne das Problem Assad ignorieren - "aber es wird auf die die politische Bühne zurückkehren."

Doch all dies sind vorerst vor allem Spekulationen. Denn wie Trumps künftiger Syrien-Kurs tatsächlich aussehen wird - das weiß derzeit, wenn überhaupt, nur einer: Trump selbst.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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