Archäologen haben in Bayern zwei reich ausgestattete Steingebäude ausgegraben. Die Überreste der römischen Wohnhäuser im antiken Cambodunum gehören zu den ältesten in Deutschland.
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Als römische Baumeister vor rund 2000 Jahren in der Stadt Cambodunum zwei steinerne Wohngebäude errichteten, haben sie sich wohl kaum Gedanken darüber gemacht, was eines Tages die Nachwelt über ihre Arbeit sagen würde. Sie waren wohl eher darauf bedacht, ihre Auftraggeber zufrieden zu stellen - mit den damals üblichen Fußbodenheizungen, Thermen zur Entspannung und dekorativen Wandmalereien.
Jetzt haben Archäologinnen und Archäologen die Überreste der Bauten freigelegt - und sind begeistert. Die einstige Römerstadt Cambodunum in der damaligen Provinz Raetien heißt heutzutage Kempten und liegt in Bayern. Schon in den vergangenen beiden Jahrhunderten fanden hier Grabungen statt, schließlich gehört sie zu den ältesten römischen Siedlungen in Deutschland. Damals sei man insbesondere den antiken Mauern gefolgt. Die tiefer gelegenen Siedlungsstrukturen seien aber selten erfasst worden, hieß es seitens der Forschenden.
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Paradebeispiel römischer Stadtplanung
Doch seit drei Jahren untersucht man auch die antiken Siedlungsstrukturen genauer: "Es gibt in Deutschland keine vergleichbaren römischen Wohnbauten in Steinbauweise, allenfalls in Köln und Trier sind entsprechende Funde noch zu erwarten", sagte Johannes Schießl, stellvertretender Leiter des Archäologischen Parks Cambodunum, der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Seit 2019 kooperiert die Stadt Kempten bei dem Grabungsprojekt mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Für die Archäologinnen und Archäologen ist das antike Cambodunum von besonderer Bedeutung, gilt es doch als Paradebeispiel römischer Stadtplanung. "Hier lässt sich die Erschließung und Urbanisierung der Gebiete nördlich der Alpen durch Rom in hervorragender Weise nachvollziehen", sagte Grabungsleiter und LMU-Professor Salvatore Ortisi.
"Insula 1" nennt das Archäologenteam die Ausgrabungsstätte - nach dem lateinischen Wort "Insula". So bezeichneten die Römer Wohngebäude, die direkt gegenüber öffentlichen Großbauten wie dem Forum mit Basilika und dem Statthalterpalast standen. Selbstredend waren sie nur den vornehmen und einflussreichsten Familien vorbehalten - was die reichhaltige Ausstattung der jetzt gefunden Gebäude erklärt.
Relikte aus dem Römischen Reich
Rund 700 Exponate aus 130 Museen und 20 Ländern zeugen bis Ende November in einer außergewöhnlichen Römerschau in Trier von der Blütezeit und dem Verfall des römischen Imperiums.
Bild: Eric TEISSEDRE/Musée Paul Valéry
Paradehelm von Berkasovo
Feinde des Römischen Imperiums mussten ebenso abgewehrt werden wie Aufständische im Inneren des Reichs. Die römischen Legionen waren bestens organisiert und gefürchtet. Dieses Ausstellungsstück zeigt einen Helm aus Eisen, verziert mit Gravuren. Je nach Dienstgrad wurde die Kopfbedeckung auch mit Edelsteinen geschmückt.
Bild: Museum der Vojvodina Novi Sad
"Die Lieblinge von Kaiser Honorius"
Aus Adelaide in Australien kam das Gemälde "Die Lieblinge von Kaiser Honorius" von John William Waterhouse (1883) nach Trier. Das Werk bezieht sich auf eine Anekdote, der zufolge Honorius (weströmischer Kaiser zwischen 395 und 423) sich mehr für seine Hühner interessiert habe als für den Fall Roms.
Bild: picture alliance/dpa/Art Gallery of South Australia
"Die Dekadenz der Römer"
Das Gemälde "Die Dekadenz der Römer" von Thomas Couture (1847) hängt normalerweise im Musée d'Orsay in Paris. Als Leihgabe ist es nun in Trier zu sehen. Couture wählte den Titel, um den Sittenverfall der Römer darzustellen, die sich ausschweifenden Orgien hingaben. Für den Kriegsdienst waren sie so nicht mehr tauglich, der Niedergang des Reiches unausweichlich.
Bild: Patrice Schmidt/bpk/ RMN - Grand Palais
"Die Plünderung Roms"
Das Gemälde von Joseph-Noël Sylvestre zeigt "Die Plünderung Roms durch die Barbaren im Jahr 410" (1890). Am 24. August des Jahres 410 eroberte ein Heer unter der Führung des germanischen Generals Alarich die Stadt. Drei Tage lang plünderten seine Soldaten Rom - ein Ereignis, das den Abstieg der Stadt beschleunigte. Der letzte weströmische Kaiser Romulus Augustulus wurde 476 abgesetzt.
Bild: Eric TEISSEDRE/Musée Paul Valéry
Marmorkopf einer Aphrodite
Dieser Marmorkopf stellt Aphrodite dar: In der Antike wurde sie als Göttin der Liebe verehrt. Der Kopf sei etwas ganz Besonderes, so Museumsdirektor Marcus Reuter. "Er ist in der Spätantike verändert worden und hat ein christliches Kreuz eingemeißelt bekommen." Ein Indiz dafür, dass das Alte Rom mit seinen Göttern unterging.
Bild: picture alliance/dpa
Elfenbeinrelief mit Reliquienprozession
Die Elfenbeinschnitzerei aus dem 5. Jahrhundert zeigt eine Prozession. Auf einem prachtvoll geschmückten, von zwei Maultieren gezogenen Wagen sitzen zwei Geistliche, die einen Reliquienschrein in eine Stadt bringen. Elfenbein war in der Spätantike und im Mittelalter ein begehrter Werkstoff zum Schnitzen. Auch dieses Stück ein Symbol dafür, dass das Christentum sich immer weiter ausbreitete.
Bild: A. Münchow
Metallbeschlag des Paulinus-Sarkophags
Bei diesem Ausstellungsstück handelt es sich um einen Metallbeschlag des Paulinus-Sarkophags aus dem 4. Jahrhundert nach Christus. Der Trierer Bischof war vom Kaiser wegen theologischer Streitigkeiten verbannt worden und starb im Jahr 358 in Zentralanatolien. Kurze Zeit später wurde er von seinen christlichen Anhängern in seine heutige Grabstätte, die Krypta von St. Paulin in Trier, überführt.
Bild: Museum am Dom Trier
Grabmosaik für Natalica
Mit diesem Grabmosaik gedachten Eltern ihrer verstorbenen Tochter. Natalica war zehn Jahre alt, als sie starb. Vermutlich ist sie auf dem Mosaik abgebildet, reich bekleidet und betend. Auch christliche Symbole sind zu erkennen. Die Leihgabe stammt aus dem Musée National de Bardo in Tunesien.
Bild: Musée National de Bardo
Mosaik aus Karthago
Das Mosaik zeigt eine Frau mit Heiligenschein, der sie als höheres, gottähnliches Wesen kennzeichnen soll. Gefunden wurde es in Karthago im heutigen Tunesien. Der Interpretation nach handelt es sich um eine Schutzpatronin, die über die Bewohner der einst bedeutendsten römischen Metropole Afrikas wachen sollte. Am Ende der Antike verlor auch Karthago an Bedeutung.
Bild: Musée National de Charthage
Goldmünze des Kaisers Valens
Diese Goldmünze gehörte einst dem römischen Kaiser Flavius Valens. Sie zeigt zwei thronende Kaiser, die als Zeichen der gemeinsamen Herrschaft den Globus halten. Am 9. August 378 kam Valens bei der Schlacht von Adrianopel im Kampf gegen die Westgoten ums Leben, nachdem die meisten seiner Generäle bereits geflohen waren. Die Schlacht gilt als Anfang vom Ende des Römischen Reiches.
Bild: Th. Zühmer
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Ein glücklicher Umstand für das Grabungsteam: Der Kernbereich der römischen Vergangenheit der Stadt wurde im Laufe der Jahrhunderte nicht durch moderne Bebauung zerstört, "vielmehr sei dieser als Bodendenkmal noch direkt unter der Grasnarbe erhalten". Die Archäologinnen und Archäologen sind gespannt, was sie noch entdecken werden im antiken Cambodunum.