Römische Erfindungen, die unser Leben heute prägen
Kevin Tschierse
16. April 2022
Lastkräne, Fußbodenheizung, Wasserkanäle: Die Erfindungen der Römer begegnen uns auch heute noch im Alltag. Das Landesmuseum Mainz widmet ihnen nun eine neue Ausstellung.
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Die Blütezeit des Alten Roms liegt 2000 Jahre zurück. Doch überall in Europa, Nordafrika und Vorderasien finden sich noch heute Überreste des größten und mächtigsten Reichs der Antike. Mancherorts ragen Aquädukte so hoch wie moderne Mehrfamilienhäuser aus der Landschaft hervor, andernorts stehen noch Säulen einer antiken Badeanstalt. Es sind Strukturen, die an die Schaffenskraft der antiken Hochkultur erinnern.
Das Landesmuseum Mainz widmet dem römischen Erfindergeist jetzt eine neue Ausstellung: "High Tech Römer". Sie ist eine Hommage an Techniken, Geräte und Alltagsphänomene, die auf überragende Entwicklungen aus der Römerzeit zurückgehen. Zu entdecken gibt es, wie die Römer revolutionäre Sanitäranlagen gebaut, Beton, der 2000 Jahre wind- und wetterfest geblieben ist, gemischt und die erste Fußbodenheizung der Geschichte entwickelt haben. Besucherinnen und Besucher können die Erfindungen der römischen Antike selbst erleben: Wasser aufwärts fließen lassen oder eine Brücke bauen.
Bauten für die Ewigkeit
Die Ausstellung verdeutlicht: Die Römer waren erfinderisch, und dieser Geist half ihnen dabei, ihr großes Reich aufzubauen. Am meisten spiegelt sich der Erfindergeist in der römischen Architektur wider.
Werkzeuge, Gerätschaften und Materialien - die Baukunst der Römer war nach dem Untergang des Römischen Reiches lange in Vergessenheit geraten. Mit dem Opus caementitium (daraus leitet sich das moderne Wort "Zement" ab) bauten die Römer die ersten hohen Wohnhäuser, Aquädukte und andere Gebäude. Der Beton war so fest, dass die Gebäude teilweise heute noch stehen. Eindrucksvolle Beispiele sind Kaiser Neros Domus Aurea, das Römische Kolosseum oder das im Zentrum von Rom stehende Pantheon mit seiner gewaltigen Betonkuppel.
Erst im 19. Jahrhundert wurde die Betonbautechnik wiederentdeckt. Doch moderner Beton hat gerade einmal eine Haltbarkeit von 50 Jahren, bevor er anfängt porös und rissig zu werden. Forscher haben herausgefunden, dass die geheime Zutat, die dem Beton der Römer seine außerordentliche Festigkeit verlieh, Vulkanaschen waren.
Doch der haltbare Beton war nicht die einzige Errungenschaft der Römer. Auch wenn die Römer bei vielen ihrer Bauwerke noch auf menschliche Muskelkraft, zumeist von Sklaven, zurückgriffen, benutzten sie auch ausgeklügelte mechanische Lastkräne und Greifzangen zum Bauen. In der Ausstellung im Landesmuseum Mainz kann man sich die Funktionsweise eines solchen hölzernen Kranes genauer anschauen.
Bauen für Komfort
Als Kaiser Neros 80 Hektar große Domus Aurea nach vier Jahren Bauzeit fertig war, soll er gesagt haben: "Jetzt fange ich doch endlich an, wie ein Mensch zu wohnen." Ob Nero jemals in dem gewaltigen Stadtpalast gewohnt hat, ist jedoch umstritten.
Eines lässt sich heute aber mit Sicherheit sagen: Komfort spielte eine wichtige Rolle für römische Bauherren. Die ersten Fußbodenheizungen gehen auf die Römer zurück. Anders als moderne elektrische Fußbodenheizungen funktionierten antike Heizungen durch erhitzte Luft in einem gemauerten System von Röhren, das unter den Steinplatten des Fußbodens lag.
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Alle Netzwerke führen nach Rom
Aquädukte, Straßen und Städtebau - die Römer waren Meister ausgeklügelter Netzwerke. Alles was sie schufen lag einem System zu Grunde. Schnurgerade Straßennetze verbanden jeden abgelegenen Winkel des Imperiums mit der Hauptstadt Rom. Viele moderne Straßen orientieren sich an ihrem Verlauf.
Städte selbst wurden wie am Reißbrett geplant - mit rechtwinklig verlaufenden Straßen und Häuserfronten - im Mittelpunkt das "Forum", ein rechteckiger Platz an dem die großen öffentlichen Gebäude wie das Gericht und die Verwaltung, Tempel und Theater standen. Beispiel dafür ist das "Forum Romanum" im Zentrum Roms - daran orientierten sich viele andere Städte des Reiches.
Ausgeklügeltes Abwassersystem
Eines der wichtigsten Netzwerke aus der Römerzeit war die Kanalisation unter den Städten. In Rom diente die "Cloaca Maxima" ursprünglich dazu, das sumpfige Land um die sieben Hügel der Stadt trocken zu legen, aber schnell wurde den Römern die vielfältige Verwendbarkeit eines unterirdischen Abwassersystems bewusst.
Im ersten Jahrhundert n. Chr. waren alle elf römischen Aquädukte an die Kanalisation angeschlossen und die Abwasserkanäle dienten später dazu, Latrinen zu entleeren und Regenwasser abzuleiten. Von Mailand über Paris bis nach London - das System wurde schnell zum Standard für römische Städte. Die Cloaca Maxima in Rom wird sogar teilweise heute noch benutzt.
Sauberkeit war höchste Priorität
Überhaupt spielten Sauberkeit und Hygiene eine wichtige Rolle in der römischen Gesellschaft. Deshalb gab es Badehäuser und Thermen, die für alle zugänglich waren. Sie waren sozialer Treffpunkt für die Römer und die ersten Wellness-Oasen. Ursprünglich waren sie für Haushalte gedacht, die nicht über eigene Sanitäranlagen verfügten. Aber weil sie so populär waren, kamen nicht selten auch römische Kaiser vorbei, um sich volksnah zu zeigen.
Die Ausstellung "High Tech Römer" will all diese Errungenschaften der Römer spielerisch erlebbar machen. Dass sie in Mainz stattfindet, ist kein Zufall: Die Römer gründeten die Stadt als Legionslager "Mogontiacum" vor 2000 Jahren. Sie entwickelte sich zum militärischen und zivilen Zentrum der Region. In der Ausstellung, die noch bis zum 15. Januar 2023 läuft, werden ebenfalls Fundstücke aus dieser Zeit gezeigt.
Die schönsten Metropolen Europas: Rom
Mit zehn Ideen für Italiens Hauptstadt geht unsere Reihe zu den schönsten Metropolen Europas weiter. Vom Kolosseum bis zum Vatikan - wir haben Highlights und Insider-Tipps für Sie zusammengestellt.
Bild: Paolo Gallo/Zoonar/picture alliance
Highlight: das Kolosseum
Das berühmteste aller Wahrzeichen Roms ist das 1700 Jahre alte Kolosseum, in dem einst die berüchtigten Gladiatorenkämpfe stattfanden. Wenn Sie es von innen anschauen möchten, achten Sie auf festes Schuhwerk und bequeme Kleidung, damit sie auf den antiken Steinen besser laufen können. Um die langen Warteschlangen zu umgehen, kaufen Sie sich Ihre Eintrittskarte am Ticketschalter beim Palatinhügel.
Bild: Imago/robertharding
Filmreif: der Trevi-Brunnen
Wer eine Münze ins Wasser wirft, kehrt zurück nach Rom. Das besagt eine Legende, an die scheinbar viele Touristen glauben. Denn jedes Jahr landen rund 1,5 Millionen Euro im Becken. Der berühmte barocke Trevi-Brunnen ist auch bei Filmemachern beliebt. Besonders bekannt ist die Szene aus dem Film "Das süße Leben" (La Dolce Vita), in der die Schauspielerin Anita Ekberg im Brunnen ein Bad nimmt.
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Rossi
Antiker Tempel: das Pantheon
Das Pantheon an der Piazza della Rotonda ist eines der am besten erhaltenen Gebäude aus der Römerzeit. Vermutlich diente es als Tempel zur Verehrung aller Götter - der Name Pantheon kommt aus dem Griechischen und bedeutet "allen Göttern geweiht". Heute ist das Gebäude eine Kirche. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Altäre und Grabdenkmäler hinzu, darunter auch das Grab des Malers Raffael.
Bild: DPR/picture alliance
Schönster Platz: die Piazza Navona
Es gibt nichts Schöneres, als gemütlich in einem Café an einem der malerischen Plätze Roms zu sitzen und die Atmosphäre auf sich wirken zu lassen. Unser Tipp ist die Piazza Navona, ein beeindruckendes Beispiel für Roms barocke Baukunst. Der längliche Platz mit seinen drei Brunnen wurde auf dem ehemaligen Leichtathletikstadion von Domitian erbaut, was an der Form noch gut erkennbar ist.
Bild: Paolo Gallo/Zoonar/picture alliance
Roms modernes Gesicht: das MAXXI
In Rom gibt es nicht nur alte Steine und barocke Prachtbauten zu bewundern. Das 2009 eröffnete Museum MAXXI (Museo nazionale delle arti del XXI secolo) stellt zeitgenössische Kunst, Architekturfotografien sowie architektonische Entwürfe aus. Der kantige, aber zugleich auch geschwungene Bau wurde vom Team der renommierten Architektin Zaha Hadid geplant und hat eine Fläche von 29.000 Quadratmetern.
Bild: IwanBaan/Zaha Hadid Architects
Eine Stadt in der Stadt: der Vatikan
Der Staat Vatikanstadt ist nicht nur Papstsitz, sondern auch der kleinste Staat der Welt - und der einzige mit Latein als Amtssprache. Wenn Sie Rom besuchen, sollten Sie einen ganzen Tag für den Vatikan einplanen, denn hier befinden sich viele Sehenswürdigkeiten auf einem Fleck: die Vatikanischen Museen, die Sixtinische Kapelle, der Petersplatz und natürlich der Petersdom.
Bild: Chun Ju Wu/Zoonar/picture alliance
Wunder der Malerei: die Sixtinische Kapelle
Die Deckenmalerei des berühmten Renaissance-Malers Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle ist ein Meisterwerk sondergleichen. Die Kapelle ist Teil der Vatikanischen Museen, in denen außerdem Werke von Botticelli, Caravaggio und anderer bedeutender Künstler zu sehen sind. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Eintrittskarten auf der Website des Museums zu kaufen.
Bild: Alessandra Tarantino/AP/picture alliance
Für Musikliebhaber: das Parco della Musica
Das vom Stararchitekten Renzo Piano entworfene Auditorium Parco della Musica ist Roms musikalisches Herz. Der Komplex umfasst Konzerthallen, Theaterbühnen und Ausstellungsflächen. Im größten Saal (Bild) finden 2800 Zuschauer Platz. Das Kulturzentrum wurde 2002 eröffnet und ist Heimat des berühmten Orchesters Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Lassen Sie sich eine Vorstellung nicht entgehen!
Bild: Richard Bryant/Arcaid/picture alliance
Für Genießer: römische Spezialitäten
Wer liebt sie nicht - die italienische Küche? Unser Tipp: Holen Sie sich ein Stück Pizza oder ein Eis auf die Hand und schlendern Sie damit durch die Gassen Roms. Wenn Sie lieber einkehren wollen, dann probieren Sie typisch römische Küche wie das traditionelle Nudelgericht "Pasta Cacio e Pepe" (im Bild): Spaghetti mit römischem Pecorino, der aus Schafsmilch gewonnen wird. Dazu Salz und Pfeffer.
Bild: Natalia Gdovskaia/Zoonar/picture alliance
Beste Erholung: Roms Grünflächen und Parks
Wer dem Trubel der Großstadt entfliehen will, kann das am besten bei einem Spaziergang im Grünen, zum Beispiel im Park Villa Borghese (Bild). Er inspirierte einst Ottorino Respighis Orchesterwerk "Pini di Roma" ("Kiefern von Rom"). Wer sich auch inspirieren lassen möchte, kann die Galleria Borghese besuchen, eine Kunstgalerie im Park mit Werken aus einer der größten Privatsammlungen weltweit.
Rom ist eine der romantischsten Städte der Welt. Ihre volle Schönheit entfaltet sie kurz vor und nach Sonnenuntergang. Spazieren Sie durch die verwinkelten Gassen und lassen Sie einfach alles auf sich wirken. Genießen Sie den Blick von der Ponte Sisto oder der Ponte Sant'Angelo (Bild), bevor Sie den Tag in einer der vielen Bars im Viertel Trastevere bei einem Aperitivo ausklingen lassen.