1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Rückhalt für Russland-Sanktionen bröckelt

7. Juli 2022

Müssen die Deutschen im Winter frieren? Russland liefert immer weniger Gas, die Preise steigen. Was wird aus der Solidarität mit der Ukraine, wenn das Leben hierzulande härter wird? Antworten vom ARD-Deutschlandtrend.

Heizkörper in einer Wohnung mit Deutschland Nationalflagge in Landesfarben und Euro Symbolen an der Wand
Eher selten: Ein schwarz-rot-goldener Heizkörper und eine Euro-Tapete in einer Wohnung in DeutschlandBild: Michael Bihlmayer/CHROMORANGE/picture alliance

Noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte musste eine Bundesregierung so viele Probleme bewältigen wie jetzt. Seit einem guten halben Jahr ist die Ampel-Koalition - benannt nach den Parteifarben von SPD, FDP und Grünen - im Amt. Angetreten war sie mit dem Anspruch, Deutschland in eine klimaneutrale Zukunft zu führen. Doch dann überfiel Russland die Ukraine und das hat gravierende sicherheits- und energiepolitische, sowie wirtschaftliche Folgen.

Je weniger Gas Russland liefert, desto unsicherer wird die Energieversorgung und umso teurer werden alle fossilen Brennstoffe. Gas war als Übergangsbrennstoff gedacht, jetzt rückt die besonders klimaschädliche Kohle wieder in den Fokus.

52 Prozent der Deutschen sind dagegen, dass wegen der aktuellen Probleme Abstriche beim Klimaschutz gemacht werden. 43 Prozent fänden es richtig. Dabei gibt es große Unterschiede, je nach parteipolitischer Präferenz.

Die Zahlen gehen aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor, den infratest-dimap im Auftrag der Tagesthemen erhoben hat. Das Meinungsforschungsinstitut hat dafür rund 1300 repräsentativ ausgewählte, wahlberechtigte Deutsche befragt.

Unzufriedenheit in vielen politischen Bereichen

Mit den derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung zum Klimaschutz sind 62 Prozent der Befragten nicht zufrieden. Schlechte Noten gibt es auch für den Kurs im Ukraine-Krieg: 56 Prozent der Befragten sind damit unzufrieden.

Bei den Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung sind es 66 Prozent. Die Haushalts- und Finanzpolitik finden 67 Prozent nicht gut. Am schlechtesten fällt die Bewertung bei der Entlastung der Bürger wegen der steigenden Preise aus: 76 Prozent zeigen sich unzufrieden.

Die steigende Inflation schlägt sich auch in den persönlichen wirtschaftlichen Erwartungen der Bundesbürger nieder. Die Sorge ist groß, wie es im kommenden Jahr weitergehen wird.

Bei der Befragung zur wirtschaftlichen Lage zeigen sich große regionale Unterschiede. Während in den westdeutschen Bundesländern knapp drei Viertel (72 Prozent) die eigene Wirtschaftslage positiv einstufen, sind es im Ostteil des Landes nur 59 Prozent der Bürgerinnen und Bürger.

Angesichts steigender Preise spricht sich eine Mehrheit der Befragten dafür aus, bereits geltende Stützungsmaßnahmen fortzusetzen. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) sind der Ansicht, dass das 9-Euro Ticket für den öffentlichen Nahverkehr über den August hinaus verlängert werden sollte. Etwas mehr als die Hälfte (56 Prozent) wünscht sich eine Verlängerung des Tankrabatts. Das gilt allerdings nicht für die Parteianhänger der Grünen, von denen knapp 80 Prozent dagegen sind.

Hält die Solidarität mit der Ukraine?

Mit jeder Woche, die der Krieg andauert, werden die wirtschaftlichen Folgen für Deutschland sichtbarer. Trotzdem stoßen die Sanktionen gegen Russland in der Bevölkerung nach wie vor mehrheitlich auf Rückhalt. Im Vergleich zum Beginn des Kriegs bröckelt die Unterstützung allerdings.

Große Unterschiede gibt es zwischen dem Westen Deutschlands und dem Osten - der früheren DDR. Dort werden die Sanktionen gegen Russland nach wie vor mehrheitlich abgelehnt.

Auch parteipolitisch gibt es Unterschiede. Auf ganz Deutschland bezogen sprechen sich bei den Anhängern von Grünen, Union, SPD und FDP Mehrheiten für die Beibehaltung der Sanktionen aus. Im Lager der AfD sind mehr als 80 Prozent der Ansicht, dass diese Nachteile nicht in Kauf genommen werden sollen.

Die Corona-Welle rollt

Trotz sommerlicher Temperaturen und vieler Aktivitäten im Freien haben sich in den letzten Wochen wieder deutlich mehr Menschen in Deutschland mit dem Corona-Virus infiziert. Die meisten Schutz-Maßnahmen sind abgeschafft. Ob das richtig ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. 47 Prozent der im ARD-Deutschlandtrend Befragten sind zufrieden mit der Corona-Politik, 51 Prozent sind es nicht.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warnt vor steigenden Infektionen im Herbst und Winter, wenn sich wieder mehr Menschen in geschlossenen Räumen aufhalten werden. Er kündigte erneute Einschränkungen an. Doch welche würden die Bürger mittragen?

Die Grünen gewinnen, die SPD verliert

Insgesamt schafft es die Bundesregierung auch im Juli nicht, die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich von ihrer Arbeit zu überzeugen. Einzelne Politiker machen dabei allerdings eine Ausnahme.

Bei der Bewertung der Spitzenpolitiker führen im ARD-Deutschlandtrend wie in den Vormonaten zwei Grüne. Mit der Arbeit von Außenministerin Annalena Baerbock sind 58 Prozent der Befragten zufrieden, Wirtschaftsminister Robert Habeck kommt auf 55 Prozent Zuspruch.

Mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sind 44 Prozent zufrieden, FDP-Wirtschaftsminister Christian Lindner kommt nur auf 37 Prozent. Trotz der weiterhin nur mäßigen Bewertung des Unions-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz bleibt die CDU/CSU mit 27 Prozent und unverändert zu Juni stärkste politische Kraft. Die SPD verliert weiter.

Die Grünen verbessern sich weiter und hätten 23 Prozent in Aussicht. Die AfD käme weiterhin auf 11 Prozent, die FDP unverändert auf acht Prozent. Die Linke würde wie im Juni mit vier Prozent an der Mandatsschwelle scheitern und nicht mehr in den Bundestag einziehen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen