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Politik

Raeissi wird neuer Präsident im Iran

19. Juni 2021

Inmitten der schweren Wirtschaftskrise haben die Iraner einen neuen Präsidenten gewählt. Der konservative Justizchef Ebrahim Raeissi setzte sich nach offiziellen Angaben mit 62 Prozent durch.

Ebrahim Raessi
Ebrahim Raeissi bei der StimmabgabeBild: Ebrahim Noroozi/AP Photo/picture alliance

Das teilte das Innenministerium in Teheran mit. Nach Auszählung eines Großteils der Stimmen lag Ebrahim Raeissi bereits mit großem Abstand vor seinen Konkurrenten, wie ein Sprecher des Innenministeriums mitteilte. Die drei Mitbewerber um das Präsidentenamt der Islamischen Republik gratulierten dem 60-Jährigen bereits, dessen Wahl nach dem Ausschluss aller anderen aussichtsreichen Kandidaten bereits vor dem Wahltag als nahezu sicher galt. 

Politischer Machtwechsel

Noch-Präsident Hassan Rohani sagte in einer Fernsehansprache, im ersten Wahlgang sei ein neuer Staatschef gewählt worden, allerdings ohne den Namen des Wahlsiegers zu nennen: "Meine offiziellen Glückwünsche werden später kommen, aber wir wissen, wer bei dieser Wahl genug Stimmen bekommen hat und wer heute vom Volk gewählt wurde."

Wahlbeteiligung deutlich unter 50 Prozent

Wegen der Corona-Pandemie und einer geringen Beteiligung waren die Öffnungszeiten der Wahllokale am Freitag bis in den späten Abend verlängert und ihre Anzahl auf mehr als 70.000 im Land erhöht worden. Mit 48,8 Prozent fiel die Wahlbeteiligung so niedrig aus wie noch nie bei einer iranischen Präsidentschaftswahl; zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt. Gewählt wurde ein Nachfolger für den als moderat geltenden Präsidenten Rohani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte.

Das geistliche Oberhaupt des Landes, Ayatollah Ali Chamenei, sprach von einem Sieg "der iranischen Nation" über "die Propaganda der Söldner-Medien des Feindes". Vor der Wahl hatte er seine Landsleute wiederholt aufgefordert, die von der Exil-Opposition verbreiteten Aufrufe zum Boykott der Wahl zu ignorieren.

Von den zunächst sieben zugelassenen Kandidaten gingen am Wahltag nur noch vier ins Rennen. Ein erzkonservativer Kleriker, ein Reformer, ein ehemaliger General und ein Hardliner. Der erzkonservative Geistliche und Chef der Justiz, Raeissi, war bereits im Vorfeld als klarer Favorit gehandelt worden. Er ist ein Vertrauter des geistlichen und politischen Oberhaupts des Irans, Ajatollah Ali Chamenei. Lediglich Außenseiterchancen wurden dem reformorientierten Ökonomen und früheren Notenbankchef Abdolnasser Hemmati eingeräumt, der insbesondere auf Proteststimmen hoffen konnte.

Raeissi war vor vier Jahren noch an Rohani gescheitert. Raeissi unterstützte der sogenannte Wächterrat, der als Wahlgremium ernsthafte Konkurrenten aussortierte. Dies führte sogar in den eigenen Reihen zu heftigen Protesten. In der Bevölkerung nahm das Desinteresse an einer Wahl zu, die viele als inszeniert und undemokratisch sahen. 

Raeissi präsentierte sich als Kämpfer gegen Armut und Korruption 

Als Präsident würde Raeissi nach Überzeugung von Experten den moderaten Kurs Rohanis nicht fortsetzen. Im Wahlkampf fokussierte er sich mehr auf Wirtschaftsthemen und versprach ein schnelles Ende der durch die US-Sanktionen verursachten Finanz- und Wirtschaftskrise.

Doch ohne Verhandlungen mit den USA über die Zukunft des inzwischen von beiden Seiten unterminierten Wiener Atomabkommens von 2015 wäre ein Ende der Sanktionen - und der schon fast drei Jahre währenden Wirtschaftskrise - nicht machbar. "Wir werden das Abkommen respektieren, die Bedingungen dafür stellen aber wir, nicht die USA", sagte Raeissi im Wahlkampf.

Auch in der Nahost-Politik erwarten Beobachter bei Übernahme des Präsidentenamts durch Raeissi einen radikaleren Kurs, im Verhältnis zu Israel einen gar noch feindseligeren als bislang.

se/qu/ml/kle (dpa, rtr, afp)

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