Die Bundeskunsthalle Bonn zeigt in einer neuen Ausstellung, wie der Regisseur Rainer Werner Fassbinder zum Aushängeschild des "Neuen Deutschen Films" wurde.
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Die "Methode Rainer Werner Fassbinder"
Die Bundeskunsthalle Bonn schaut auf das Werk von Regisseur Rainer Werner Fassbinder - und seine Bedeutung für den Neuen Deutschen Film. Ein Streifzug.
Bild: Peter Gauhe/DFF
Ein Leben hinter der Kamera
Als Rainer Werner Fassbinder 1982 mit nur 37 Jahren starb, hatte er als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent bereits 44 Spielfilme veröffentlicht, zudem 14 Theaterstücke geschrieben und 25 inszeniert. Hinzu kommen Hörspiele und Bücher.
Bild: Peter Gauhe/DFF
Blick auf Blicke im Nachkriegsdeutschland
Die Schauspielerinnen Gisela Fackeldey, Eva Mattes und Katrin Schaake in "Die bitteren Tränen der Petra von Kant". Fassbinders Film von 1972 erzählt von Homosexualität und den Machtverhältnissen in Liebesbeziehungen. Themen, die in Fassbinders Werk zentral blieben.
Bild: Rainer Werner Fassbinder Foundation
Vom Theater zum Film
Hanna Schygulla, Irm Hermann und Ingrid Caven in Fassbinders "Liliom"-Inszenierung 1972 am Schauspielhaus Bochum. Erst in den späteren 60er-Jahren wechselte der Regisseur und Autor von der Bühne zum Film. Bereits in seiner Zeit am Theater arbeitete Fassbinder gerne mit den Schauspielerinnen zusammen, die später auch seine Filme prägten. Mit Ingrid Caven war er von 1970 bis 1972 verheiratet.
El Hedi Ben Salem und Brigitte Mira in "Angst essen Seele auf": Fassbinders Film von 1973 handelt von einer älteren Frau, die sich in einen jüngeren Marokkaner verliebt und schließlich heiratet. Der Film thematisiert schon früh Migration, Ausländerfeindlichkeit und Integration. Fassbinder brachte er 1974 den Kritikerpreis beim Filmfestival in Cannes .
Bild: Peter Gauhe/DFF
Vor der Kamera
Mitunter übernahm Fassbinder Rollen in seinen eigenen Filmen. So auch als Franz Bieberkopf in "Faustrecht der Freiheit" von 1974/75 - hier beim bedrückenden Kaffeekränzchen. Wie auch in "Die bitteren Tränen der Petra Kant" geht es um Homosexualität. Die Widmung des Films lautet: "Für Armin und alle anderen". Von 1974-1978 war der bisexuelle Fassbinder mit dem Schauspieler Armin Meier liiert.
Bild: Peter Gauhe/DFF
Die "Methode Fassbinder" auf Papier
Seite sieben von Fassbinders Drehbuch zu seinem Film "Lili Marleen", der 1981 in die Kinos kam. Das deutsche Filminstitut & Filmmuseum in Frankfurt am Main bewahrt das Fassbinder-Handschriften-Archiv auf. Es offenbart viele Einblicke in die Arbeitsweise des Regisseurs.
Bild: Juliane Maria Lorenz-Wehling/Rainer Werner Fassbinder Foundation
Der "Fassbinder-Clan"
Fassbinder und sein Team 1970 am Set von "Niklashauser Fart", Fassbinders erster Fernsehproduktion. Die Gruppe von Schauspielern und Crew-Mitgliedern, mit der er immer wieder arbeitete und teils lebte, wurde als sein "Clan" berühmt und berüchtigt. Immer mit dabei: die Schauspielerin Hanna Schygulla sowie der Kameramann Michael Ballhaus.
Bild: Peter Gauhe/DFF
Die "BRD-Trilogie"
Barbara Sukowa 1981 in der Titelrolle von "Lola". Der Film ist Teil der "BRD-Trilogie", bestehend aus "Die Ehe der Maria Braun", "Die Sehnsucht der Veronika Voss" und "Lola". Fassbinder arbeitet hier kritisch die westdeutsche Nachkriegsgeschichte auf und zeigt eine weitgehend korrupte Nation von Heuchlern, aus der sich während des Wirtschaftswunders eine "Ellenbogengesellschaft" entwickelt.
Bild: Karl-Heinz Vogelmann/DFF
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Schon zu Lebzeiten wurde sein Werk kontrovers diskutiert, und auch mit seinem Lebensstil eckte der Regisseur Rainer Werner Fassbinder in Deutschland an. Radikal und bahnbrechend wagte er sich an Themen wie Antisemitismus, Migration oder Rollenklischees und drehte in den Jahren 1969 bis zum Tod 1982 mit einer kaum vorstellbaren Produktivität über 40 abendfüllende Filme. Abgerungen hat sich Fassbinder diese Arbeitswut mit viel Drogen. Das hatte seinen Preis. Mit nur 37 Jahren starb er - und hinterließ ein künstlerisches Erbe, das wie kein anderes für den "Neuen Deutschen Film" steht und bis heute großen Widerhall findet.
"Die Methode Fassbinder"
Eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn widmet sich nun der "Methode Rainer Werner Fassbinder". In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Filminstitut & Filmmuseum und der Rainer Werner Fassbinder Foundation porträtiert sie den Regisseur und sein Werk in einer chronologisch ausgerichteten Retrospektive. "Das Ziel der Ausstellung ist es, auf eine Spurensuche zu gehen und Fassbinder auch einem breiteren Publikum in all seinen Facetten vorzustellen - untrennbar verbunden mit der deutschen Kultur, Gesellschaft und Politik", so das Museum.
Rainer Werner Fassbinder und der "Neue Deutsche Film"
Fassbinder wurde am 31. Mai 1945 direkt nach der deutschen Kapitulation im Zweiten Weltkrieg im bayerischen Bad Wörishofen geboren. Die Stimmung in Nachkriegsdeutschland, in der er aufwächst, verarbeitet er später in seinen Filmen. Dabei wendete er sich gegen das alte kommerzielle Kino der Bundesrepublik, das stilistisch wie inhaltlich dem Kino der 1950er-Jahre verhaftet war: Es dominierten Winnetou- und Sexfilme, Heimatschnulzen und Streifen über den Zweiten Weltkrieg, die keine ehrliche Aufarbeitung zuließen.
Der "Neue Deutsche Film", wie jene ästhetisch-inhaltliche Film-Revolution genannt wird, wäre ohne den Namen Fassbinder nicht denkbar. Und das, obwohl er nie eine Filmschule besuchte. Er wurde zum Autodidakten. Vielleicht hat gerade das ihn stark und mutig gemacht. Fassbinder machte, was er wollte. Seine Filme waren ästhetisch radikal und oft von großer Künstlichkeit. Das Publikum wollte ihm lange nicht folgen. Erst mit seinen letzten Filmen änderte sich das.
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Fassbinder eckte an - auch mit seiner Homosexualität
Weder in seine filmischen Konzepte noch in seinen Lebensstil ließ er sich hineinreden. Fassbinders Homosexualität, die sowohl in seinen Filmen als auch in der Öffentlichkeit thematisiert wurde, stieß im gesellschaftlichen Klima im Deutschland der 1970er-Jahre auf viele Vorbehalte. Fassbinder war ein radikaler Außenseiter in einer bürgerlichen Gesellschaft.
1969 inszenierte er seinen ersten Spielfilm "Liebe ist kälter als der Tod", da hatte er schon einige Theatererfahrungen hinter sich. Fassbinder war ein Allroundgenie: Er inszenierte Filme und Theaterstücke, schrieb Dramen und Drehbücher, machte Hörspiele und trat zudem als Schauspieler auf. Fassbinder tanzte in seiner kurzen, intensiven Schaffenszeit auf sehr vielen künstlerischen Hochzeiten.
TV, Kino, Theater, Bücher, Hörspiele - aber immer etwas anders
Auf diese ungeheure Vielfalt und permanente Bereitschaft, etwas Neues zu entwickeln, weist der Fassbinder-Experte Michael Töteberg im DW-Gespräch 2020 hin: "Er hat sehr viele Medien bespielt, aber mit Blick auf das Medium immer etwas anders gemacht, als das Genre es vorgab." Er habe nie eine Art "Zweitverwertung" betrieben, nach dem Motto: Aus einem Theaterstück mache ich jetzt auch einen Film, aus einer Fernsehserie stelle ich eine Kinofassung her. So unterschieden sich beispielsweise die Film- und die TV-Version von "Bolwieser" (1976) erheblich.
Heute allerdings stehe Fassbinder vor allem für filmische Melodramen über deutsche Geschichte, was schade sei, so Töteberg. Schließlich sei Fassbinders Werk "sehr umfangreich und sehr vielfältig".
International entdeckt wurde Fassbinder beim Festival in Cannes
Im Ausland sei dies früh und wohl auch besser verstanden worden, meint Michael Töteberg: "Ich denke, er hat im Ausland eine größere Bedeutung als hierzulande." Ausgerechnet beim Filmfestival im französischen Cannes, wo die Deutschen normalerweise nicht hoch gehandelt werden, feierte Fassbinder 1974 mit "Angst essen Seele auf" den internationalen Durchbruch. Auch in den USA sei das Werk des Deutschen früh und intensiv rezipiert worden, so Töteberg.
Nach der "Angst essen Seele auf"-Premiere in Cannes habe man sich in Deutschland die Augen gerieben und sich überrascht gefragt: "Ach, das interessiert auch die Leute im Ausland?" Heute könne man sagen: "Das Deutschlandbild im Ausland ist deutlich von Fassbinder geprägt."
Hat nicht auch das ungestüme Leben Fassbinders mit Drogenkonsum und dem Ruf, am Set ein Wüterich zu sein und Freund wie Feind zu beschimpfen, das Bild des Künstlers Fassbinder verdeckt? Da sei sicher etwas dran, wiegelt Töteberg ab. Mit so einem "Klischee des genialen Monsters" komme man dem Phänomen Fassbinder aber nicht wirklich näher.
Themen wie Sexualität wurden von Fassbinder tabulos in Szene gesetzt
"Es ist erstaunlich, wie weit er doch seiner Zeit auch thematisch voraus war." Viele Dinge, "die jetzt erst in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind", habe Fassbinder früh thematisiert, so der Fassbinder-Experte, der sich schon lange mit dem Künstler beschäftigt. "Wer hatte denn damals, in der Zeit des Films 'In einem Jahr mit 13 Monden' (1978, Anm. d. Red.), außerhalb einer Randgruppe tatsächlich von Transsexuellen gehört?" Das sei als "völlig bizarr und exotisch" wahrgenommen worden.
Fassbinder hat sich in vielen Filmen mit deutscher Historie und dem aktuellen Zeitgeschehen beschäftigt. Er habe dabei "nie Propaganda für diese Sachen gemacht, weder für linke noch für andere Politik, sondern er hatte immer schon eine sehr distanzierte und kritische Haltung". Er sei in dieser Hinsicht nie naiv, keinen Illusionen aufgesessen gewesen.
Fassbinder: zwischen Arthouse und Kino für das große Publikum
Fassbinder habe zudem immer auch das große Publikum im Auge gehabt, sagt Töteberg, der bei seinen Forschungen Zugriff auf die Fassbinder-Archive hatte: "Er hatte vor, Johannes Mario Simmel (populärster deutscher Unterhaltungsschriftsteller zu Fassbinders Zeiten, Anm. d. Red.) zu verfilmen und zwar nicht in einer ironischen Haltung."
Erwartungshaltungen hat Fassbinder nach Auffassung Tötebergs aber nie bedienen wollen: "Wenn er einen kommerziellen Erfolg hatte, hat er als nächstes einen Film gemacht, der eher verstörend war. Wenn die Leute gedacht haben: 'Ach, er ist jetzt ja wirklich im Arthouse angekommen', machte er etwas fürs Publikum. Das war durchgängig!"
Fassbinder sah sich selbst nicht als Genie
"Fassbinder hat selbst immer gesagt: Ich mache Sachen aus Sachen. Ich bin selbst nicht so ergiebig", sagt Michael Töteberg.
Und was würde Rainer Werner Fassbinder heute machen, im digitalen Zeitalter? Serien drehen oder die "Sozialen Medien" bespielen? "Er würde so ziemlich alles machen", sagt Töteberg: "Ich kann mir jedenfalls Rainer Werner Fassbinder nicht als Rentner im Garten vorstellen."
Inspiration und Inspirierter: Rainer Werner Fassbinder
Vor 75 Jahren wurde Fassbinder geboren. Er gilt als einer der wichtigsten Filmemacher überhaupt - nicht nur in Deutschland. Der früh verstorbene Fassbinder hatte Vorbilder - und beeinflusste zahlreiche andere Regisseure.
Bild: picture-alliance/dpa
Früh verstorbenes Kinogenie
Fassbinder wurde nur 37 Jahre alt. Doch in seiner kurzen Schaffenszeit drehte er 44 Filme. Er gehört zu den wichtigsten Filmregisseuren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Und obwohl seine Filme einzigartig sind, ist Fassbinder doch Teil der internationalen Kinogeschichte. Er hatte filmische Vorbilder - und beeinflusste Regisseure nachfolgender Generationen im In- und Ausland.
Bild: picture-alliance/dpa
Vorbild Douglas Sirk
Fassbinders größtes Vorbild war der Hamburger Detlef Sierck. Sierck drehte 1937 mit Zarah Leander in Deutschland Filme wie "Zu neuen Ufern" und "La Habanera". Weil er mit einer Jüdin verheiratet war, verließ er Nazi-Deutschland und ging in die USA. In Hollywood gab er sich den Namen Douglas Sirk und drehte Melodramen wie "Die wunderbare Macht" (1954) mit Jane Wyman und Rock Hudson.
Bild: picture-alliance/United Archives
Douglas Sirk - Meister des Melodramas
Sirk habe Filme gemacht, "die alle so waren, wie ich sie selber gern gemacht hätte", hat Fassbinder einmal gesagt. Im Winter 1970/71 besuchte er sein großes Vorbild in Ascona, wo Sirk damals lebte. An den Melodramen Sirks - hier "Was der Himmel erlaubt" - habe er geschätzt, dass dieser Regisseur die Menschen geliebt und sie niemals karikiert habe, so Fassbinder in einem Interview.
Bild: picture-alliance/dpa/United Archives
Auf den Spuren Fassbinders: Pedro Almodóvar
So wie Fassbinder Elemente aus dem Werk Sirks aufleben ließ, so griffen europäische Regisseure wie Pedro Almodóvar (hier eine Szene aus "Labyrinth der Leidenschaften") wiederum Stilmittel Fassbinders auf. Der Spanier entdeckte Fassbinders Filme in jungen Jahren in Madrid und war fasziniert. Insbesondere dessen Einsatz von Schauspielern gegen eingefahrene Rollenerwartungen schätzte Almodóvar.
Bild: picture alliance/United Archives
Wirrwar der Gefühle bei Almodóvar
Vor allem Almodóvars Frühwerk erinnert an die Filme Fassbinders. Starke und aufgedrehte Frauen, Männer zwischen maskulinem Anspruch und versteckter Sensibilität - auf all das trifft man in den Filmen beider Regisseure. Das Thema Homosexualität und die Spannung zwischen den Geschlechtern sind stets präsent - nicht selten werden diese grell und überspitzt, aber immer auch menschlich dargestellt.
Bild: imago/EntertainmentPictures
Blühende Gefühlswelten bei François Ozon
Ist Almodóvar Fassbinders größter Fan aus dem spanischsprachigen Raum, so heißt sein französisches Pendant François Ozon. Auch hier trifft man, insbesondere im Frühwerk des Regisseurs, auf viele filmische und thematische Parallelen. Der Film "Tropfen auf heiße Steine" (2000) entstand sogar nach einem Fassbinder-Bühnenstück aus dem Jahr 1966.
Bild: picture-alliance/United Archives
Starke Frauen auch bei Ozon
Auch ein Film wie Ozons "8 Femmes" hat viel mit dem filmischen Kosmos des Deutschen zu tun. Starke, energiegeladene Frauen, divenhaftes Auftreten, kapriziöses Benehmen - ganz unterschiedliche Charaktere, die freilich alle eines eint: pure Emotion, mal offen ausgelebt, mal verhüllt hinter maskenhaftem Auftreten. Ozons weibliche Protagonisten erinnern an so manche Charaktere aus Fassbinders Filmen.
Bild: picture-alliance/dpa
Fassbinder auch in Hollywood anerkannt: Todd Haynes
Schaut man in die USA, wo das Werk Rainer Werner Fassbinders in Filmkunstkinos schon früh präsent war und vielen Filmstudenten nahegebracht wurde, trifft man schnell auf den Regisseur Todd Haynes. Auch er ist ein Fan des Deutschen, auch Haynes Figuren erinnern immer wieder an Fassbinders vor allem weibliche Charaktere. Hier eine Szene mit Cate Blanchett und Rooney Mara aus dem Melodrama "Carol".
Bild: picture-alliance/AP Photo/W. Webb
Indirekter Einfluss: Michael Ballhaus und Martin Scorsese
Wie beeinflusst ein deutscher Filmregisseur Hollywood? Die Antwort ist einfach. Der Kameramann Michael Ballhaus (l.) war jahrelang für Fassbinder tätig und entwarf innovative Einstellungen. Dann ging er in die USA und wurde zum Stammkameramann von Martin Scorsese. Manche Kameraeinstellungen übernahm der amerikanische Meisterregisseur. Und so ist Fassbinder auch in einigen Scorsese-Filmen präsent.
Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress
Fassbinder strahlt auch nach Asien aus: Wong Kar-Wai
In Asien ist es der in Shanghai geborene Regisseur Wong Kar-Wai, der Fassbinder am nächsten steht. Der für seine wunderschönen Bild-Tableaus bekannte Regisseur ("In the Mood for Love") sagte einst in einem Interview auf die Frage, was er am Deutschen am meisten schätzte: "Wie er seine Frauen inszeniert. Es sind starke Frauen, und er verwickelt sie stets in ein melodramatisches Geschehen."
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library/Ronald Grant Archive
Fassbinder-Fan Bong Joon-ho
Auch Bong Joon-ho ist ein Bewunderer des deutschen Regisseurs. Für "Parasite" (unser Bild) über unterschiedliche Familienentwürfe gewann er 2019 die Goldene Palme sowie mehrere Oscars. In einem Interview mit der Zeitung "SZ" sagte der Regisseur: "Mangel, Lust und Gier beeinflussen Menschen und Familien." Das sei ein gutes Thema, das Fassbinder beherrscht habe. Er bewundere den Regisseur sehr.
Bild: picture-alliance/dpa/Koch Film
Auf Fassbinders Spuren in Deutschland: Fatih Akin
Und in der Heimat? Auch hier lassen sich natürlich Spuren im Werk so mancher Regisseure nachverfolgen. Fatih Akin zum Beispiel besetzte die Hauptrolle in seinem Film "Auf der anderen Seite" (2007) mit der Fassbinder-Schauspielerin Hanna Schygulla - kein Zufall: "Er hat mich an den jungen Fassbinder erinnert", sagte Schygulla bei der Premiere: Beeindruckt habe sie "diese Wildheit, diese Naivität".
Bild: picture-alliance/J. Kalaene
Kraftfeld Emotionen bei Akin
Kraftvoll, von wilder Emotion - die Filme Fassbinders haben viel mit den Melodramen des Fatih Akin zu tun. Auch thematisch lassen sich Parallelen entdecken. Akin, Sohn türkischer Eltern, aufgewachsen in Hamburg, widmete sich in seinen Filmen dem Zusammenprall der Kulturen - wie hier in "Aus dem Nichts". Fassbinders "Angst essen Seele auf" war 1974 einer der ersten Filme, der das Thema aufgriff.
Bild: In the Fade/F. Akin
Im Geiste Fassbinders: Oskar Roehler
Doch es ist ein anderer deutscher Regisseur, den viele Experten als Fassbinder am nächsten stehend bezeichnen: Oskar Roehler. Und in der Tat: Roehlers Filme sprudeln vor Emotionalität, schießen manchmal übers Ziel hinaus. Charaktere und dramaturgische Linien haben oft etwas Überdrehtes, manchmal Manieriertes. Und doch sind es - wie bei Fassbinder - Filme über bundesdeutsche Gefühlswelten.
Bild: X Verleih AG
Männer in Leder: "Tod den Hippies! Es lebe der Punk!"
Nein, das ist nicht der junge Fassbinder, es ist der Schauspieler Frederick Lau in Roehlers Film "Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!". Fassbinders liebstes Utensil war die Lederjacke: Die Charaktere in Roehlers Film sind ferne Verwandte des 1982 verstorbenen Regisseurs. "Tod den Hippies!! Es lebe der Punk!" spielt zu Beginn der 80er Jahre, seine rohe Künstlichkeit verstrahlt Fassbinder-Charme.
Bild: X Verleih AG
Fassbinder-Film von Oskar Roehler
Und so ist es auch kein Zufall, dass Oskar Roehler Episoden aus dem Leben des deutschen Filmregisseurs Rainer Werner Fassbinder als Spielfilm in Szene gesetzt hat. "Enfant Terrible" heißt sein über zweistündiges Fassbinder-Porträt, in dem der Schauspieler Oliver Masucci den Regisseur überzeugend darstellt. "Enfant Terrible" greift die frühen Jahre Fassbinders auf und kommt im Oktober in die Kinos.
Bild: Bavaria Filmproduktion
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Dies ist die aktualisierte Fassung eines Artikels von 2020, der anlässlich des 75. Geburtstags von Rainer Werner Fassbinder veröffentlicht wurde.
Die Retrospektive "Methode Rainer Werner Fassbinder" läuft vom 10. September bis zum 22. März 2022 in der Bundeskunsthalle Bonn.