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Ramallah: Jugendliche zwischen Islamisten und Besatzern

Bettina Marx8. April 2006

Palästinensische Jugendliche stufen sich selbst als "unsichtbar" ein. Sie stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, werden in der Gesellschaft aber wenig wahrgenommen und haben kaum Freizeitmöglichkeiten.

Jugendliche in Ramallah haben Angst um ihre ZukunftBild: AP

Ali Mansour verbringt den Großteil seiner Freizeit im Internet. Sechs bis sieben Stunden am Tag ist er online. Für den jungen Palästinenser ist das die einzige Chance, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen und Jugendliche aus anderen Ländern kennen zu lernen. "Ich habe 200 Kontakte in Deutschland und Europa, mit denen ich chatte. Ich habe auch jüdische Freunde. Ich spreche mit ihnen über Beziehungen, Musik, das Leben - über viele Themen." 30 bis 40 jüdische Kontakte pflegt Ali via Internet. "Ich kenne sie nicht, aber ich chatte mit ihnen. Das sind alles gute Leute, die den Frieden wollen. Sie stellen viele Fragen nach unserem Leben und manchmal fragen sie, ob wir uns nicht treffen können. Aber das ist sehr schwierig, ich kann sie nicht treffen."

Jugendliche in Palästina führen ein sehr eingeschränktes Leben. Denn es gibt für sie keine Freizeiteinrichtungen, keine Jugendclubs, ja noch nicht einmal Sportplätze oder Kinos. Lediglich in Ramallah, der Metropole des Westjordanlandes, gibt es ein paar Restaurants und Cafés, wo sie sich abends treffen können. So wie das "Stone's". Hier sitzen sie gern zusammen, Ali und seine Freunde. Sie trinken Cola und Tee und rauchen Wasserpfeife.

Angst vor Restriktionen der Hamas

Palästinensischer Polizist in RamallahBild: AP

Noch dürfen sie das. Aber sie haben Angst, dass ihnen die neue Hamas-Führung bald auch dieses bescheidene Vergnügen nehmen wird, erklärt Obeid. "Wenn die Hamas erst mal richtig an der Macht ist, dann werden wir vier sehr schlechte Jahre haben. Denn sie wird es nicht zulassen, dass Mädchen ausgehen, Musik gespielt wird, Diskos öffnen und solche Dinge. Sie werden niemals zulassen, dass jeder macht, was er will. Ich glaube, Hamas wird uns in die Vergangenheit zurück führen, sie wird rückschrittlich sein."

Und dann wird alles noch schlimmer für die jungen Leute in den palästinensischen Gebieten. Dann kommt zu den Beschränkungen durch die israelische Besatzung die Unterdrückung durch die Islamisten hinzu.

Mädchen haben es besonders schwer

Davor fürchten sich vor allem die Mädchen. Bisan und Lina sind 17 und 18 Jahre alt. Sie haben viel vor in ihrem Leben, sie wollen studieren und berufstätig sein. Aber sie wissen schon jetzt, dass das in der konservativen palästinensischen Gesellschaft nicht leicht sein wird, sagt Bisan. "Hier musst du um alles kämpfen. Du bekommst nichts auf die leichte Tour. Die Leute hier, die Eltern und die alten Leute, sie verstehen nichts. Es gibt keine Kommunikation zwischen den Jungen und den Alten. Sie denken, alles was wir tun, ist falsch und unpassend. Es ist wirklich schwierig für uns, unser Leben zu genießen."

Schon ganz einfache Dinge, wie Fahrrad fahren oder auf Partys gehen ist für junge Mädchen in Palästina unmöglich, berichtet Lina. "Für Mädchen in den USA ist es ganz leicht, auszugehen und Freunde zu besuchen. Hier jedoch wird gesagt: Warum tut ihr das, das gehört sich nicht. Oder die Art, wie wir uns kleiden. Die Leute starren uns an, wenn wir eine Jeans und ein Hemd tragen. Du musst alles erklären und dich dauernd rechtfertigen für das, was du tust." Trotzdem - die beiden Freundinnen wollen sich nicht unterkriegen lassen. Weder von der israelischen Besatzung noch von der palästinensischen Hamas.

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