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Fall Rammstein: Gutachten soll Till Lindemann entlasten

Verena Greb
27. Juni 2023

Die Anwälte von Rammstein-Sänger Till Lindemann haben ein rechtsmedizinisches Gutachten erstellen lassen. Danach sollen die Verletzungen Shelby Lynns eher durch einen Unfall als durch Fremdeinwirkung entstanden sein.

Till Lindemann bei einem Rammstein-Konzert auf der Bühne in Hamburg während der "Europa Stadion Tour 2022".
Till Lindemann beauftragte Berliner Medienrechtsanwälte zur Entkräftung der gegen ihn erhobenen VorwürfeBild: picture alliance/dpa

Wie die Anwälte Simon Bergmann und Christian Schertz in einer Pressemitteilung am Montag (26.06.2023) erklärten, haben sie eine Untersuchung beauftragt, deren Ergebnis ihren Mandanten Till Lindemann entlasten soll. Es geht um die von der Nordirin Shelby Lynn nach einem Rammstein-Konzertbesuch in der litauischen Hauptstadt Vilnius im Mai erhobenen Vorwürfe, ihr seien dort Drogen verabreicht worden. Daher habe sie sich auch verschiedene blaue Flecken an ihrem Körper nicht erklären können. 

Bilder und ein Video der Hämatome veröffentlichte sie über ein soziales Netzwerk. Die von Till Lindemann engagierte Kanzlei Schertz Bergmann hat dieses Bildmaterial vom Institut der Rechtsmedizin der Uniklinik Köln analysieren lassen. Ziel sei ihrem Schreiben nach gewesen, herauszufinden, "welche Ursachen die dort gezeigten Verletzungen haben können. Insbesondere sollte beurteilt werden, ob die Verletzungen auf eine körperliche Misshandlung zurückgeführt werden könnten."

Beauftragtes Gutachten der Rechtsmedizin

Aus dem vom Direktor des Kölner Instituts, Markus Rothschild, erstellten Gutachten zitieren Schertz und Bergmann: "Insgesamt sprechen Morphologie und Lokalisation der dokumentierten Verletzungen eher für ein akzidentielles Geschehen, ohne das eine Fremdeinwirkung von vornherein allein anhand der Befunde völlig ausgeschlossen werden kann. Typisch für eine Fremdeinwirkung sind die Befunde aus rechtsmedizinischer Sicht indes nicht."

Auf Nachfrage erklärte Markus Rotschild schriftlich gegenüber der DW, dass derartige Plausibilitätsgutachten in den meisten Fällen durch die Untersuchung an Lebenden oder Toten erstellt werden würden. Doch: "Die Anfragen, ein Plausibilitäts- oder Verletzungsinterpretationsgutachten anhand von Bild- oder Videomaterial zu erstatten, hat in den letzten Jahren stark zugenommen." Seinen Angaben zufolge habe das Kölner Institut darin "große Erfahrung und Expertise". Rothschild habe in seiner Eigenschaft als Gutachter allerdings darauf hingewiesen, dass "die Beurteilung und Interpretation von Fotos oder Videomaterial (...) immer gewissen Einschränkungen (unterliegt)". Über das Analysierte sagt er: "Das einsehbare Material war von relativ guter Bildqualität." 

Laut Gutachten "keine Hinweise auf sexualisierte Gewalt"

Shelby Lynn hatte außerdem öffentlich bekundet, dass Till Lindemann möglicherweise während des Konzerts mit ihr hätte Sex haben wollen. Ihre Ablehnung habe ihn ihren Worten nach verärgert. Dem beauftragten Gutachten zufolge, das von Markus Rothschild nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden sei, gebe es "keine Hinweise auf sexualisierte Gewalt als Ursache für die bei der Zeugin dokumentierten Verletzungen", dennoch schließt es "allein anhand der Verletzungsbefunde eine sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung" nicht aus. Ende Mai hatte Lynn auf Twitter klargestellt, dass Lindemann sie nicht angefasst habe und sie nie behauptet habe, von ihm vergewaltigt worden zu sein:  

Rechtsanwälte informieren über weitere Entwicklungen 

Weiter teilen die Anwälte Schertz und Bergmann in ihrem Schreiben mit, dass die Staatsanwaltschaft Vilnius das dort nach Shelby Lynns Anzeige eröffnete Ermittlungsverfahren eingestellt habe. Wir berichteten. 

Auch in Berlin wird gegen Till Lindemann ermittelt. Wie seine Anwälte bekannt gaben, lassen sich frühere Presseberichte bestätigen, "wonach das Ermittlungsverfahren nicht auf Strafanzeigen vermeintlicher Opfer zurückgeht. Anzeigenerstatter sind unbeteiligte Dritte, die ihre Anzeigen ausschließlich auf Medienberichte und Vorwürfe in den sozialen Netzwerken stützen." Bislang lägen "keine objektiven Beweismittel (vor), die für eine Tatbegehung unseres Mandanten sprechen". 

Vorgehen gegen unzulässige Berichterstattung

In einem letzten Punkt erklären Lindemanns Anwälte, dass sie, wie bereits Anfang Juni angekündigt, "für unseren Mandanten gegen unzulässige Berichterstattung und unwahre Tatsachenbehauptungen in den Medien bzw. in den sozialen Netzwerken" vorgehen würden und dies bereits täten.

Sie erwähnen konkret die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegen eine Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", in der unter anderem die Intimsphäre ihres Mandanten verletzt worden sei. Ferner sei die Schweizer Ringier AG für einen Bericht vom 18. Juni abgemahnt worden. Der Verlag habe eine Unterlassungserklärung abgegeben, und der Beitrag sei inzwischen depubliziert worden. 

Auch würde die Kanzlei gegen Aussagen der YouTuberin Kayla Shyx vorgehen, die am 06. Juni die Vorwürfe Shelby Lynns mit einem eigenen Video-Bericht stützte. Auf die Abmahnung hin soll Shyx zu zwei Punkten eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben. Außer Shyx hatten sich gegenüber einem Rechercheverbund von NDR und Süddeutscher Zeitung in der Folge der Veröffentlichung durch Shelby Lynn mehrere Frauen zu einem Casting-System geäußert, worüber einige bei Backstage-Partys für Sex mit Lindemann ausgewählt worden seien. Explizit sei dies im Vorfeld aber nicht kommuniziert worden. Einige behaupteten auch, unter Drogen gesetzt worden zu sein. Till Lindemann bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Einer seiner Bandkollegen, Schlagzeuger Christoph Schneider, ist mittlerweile öffentlich auf Distanz zum Rammstein-Frontmann gegangen.

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