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Wieder live: Rammstein auf Europa-Tournee

Verena Greb
15. Mai 2022

Die Pause war ungewollt lang: Erst jetzt können Rammstein ihre 2019 begonnene Europa-Tournee fortsetzen. Den Anfang von 19 europäischen Städten macht Prag.

Drei Bandmitglieder von Rammstein auf der Bühne, in der Mitte Frontmann Till Lindemann, links Paul Landers, rechts Richard Kruspe.
Rammstein beenden die 2019 begonnene und von Corona unterbrochene Tour durch europäische StadienBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Was lange währt, wird endlich gut, werden sich die Fans der Neue-Deutsche-Härte-Band Rammstein denken: Am Sonntag, den 15. Mai 2022, startet Teil zwei der 2019 begonnenen, doch wegen der Corona-Pandemie unterbrochenen "Europe Stadium Tour" (auch "Stadion-Tour" genannt). Im August geht es dann noch weiter nach Kanada, in die USA und nach Mexiko. Eine für 2021 geplante Wiederaufnahme musste wegen anhaltender Veranstaltungsverbote und Beschränkungen im Zusammenhang mit der Pandemie verschoben werden. Auf der Band-Webseite war zu lesen, die Enttäuschung darüber sei bei der Band und allen Beteiligten groß gewesen. 

Nun ist es also so weit und Rammstein sind 2022 wieder live zu sehen. Corona ist zwar nicht vorbei, doch boten Lockerungen in den beteiligten europäischen Ländern nun augenscheinlich ausreichend Planungssicherheit, um Veranstaltungen der Größenordnung, für die die Band bekannt ist, in die Tat umzusetzen. Tour-Startpunkt ist die tschechische Hauptstadt Prag. Am dortigen Flugplatz Letňany fand am 11. Mai bereits ein Probenkonzert vor einigen hundert Menschen statt, wie das Rolling Stone Magazin in Berufung auf die französische Fanseite "Rammstein World" vermeldet. Karten für die Generalprobe, auf der bereits Spezialeffekte getestet wurden, gab es auf der offiziellen Fanseite "LIFAD" ("Liebe ist für alle da") zu gewinnen. 

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Beim Probekonzert spielte die Band sowohl Altbekanntes als auch Titel vom brandneuen Album "Zeit". Dieses war Ende April 2022 veröffentlicht worden und erklomm binnen einer Woche die Spitze der deutschen Album-Charts. Mit dem ersten Song davon, "Armee von Tristen", eröffneten Rammstein die Prager Generalprobe. Ebenfalls vom neuen Album zu hören war der gleichnamige Song "Zeit" sowie "Zick Zack", dessen Single-Auskopplung von einer Marketing-Aktion begleitet worden war. Bevor sich die Gruppe mit dem treffenden Titel "Adieu" verabschiedete, performte sie einige ältere Songs, darunter "Sehnsucht", "Diamant", und "Du hast". Auch das umstrittene "Deutschland" soll dabei gewesen sein.

Es ist zu erwarten, dass Rammstein auf den Konzerten der Tour neben einigen der kürzlich neu hinzugekommenen Stücken überwiegend ältere Songs spielen werden; auch solche, die für ihr provokatives Potenzial bekannt sind. Die Bühne in Prag steht bereits. Erste Eindrücke von den hoch aufragenden Türmen, die bereits 2019 das Setting des ersten Tournee-Teils bildeten, sind in den sozialen Medien unter dem Hashtag #rammsteinprague2022 versammelt. Medienberichten zufolge wird, wie man es vom deutschen Sextett kennt, auch an Spezialeffekten nicht gespart werden.

Rammstein-Support Acts soll es ebenfalls wieder geben. Einer davon: das Duo Jatekok. Schon 2017 durften die französischen Pianistinnen Naïri Badal und Adélaïde Panaget ein Konzert der Band in der Arena der französischen Stadt Nîmes eröffnen. Kurz vor dem erneuten Tourstart (am 06.05.2022) ist ihr neues Album "Duo Jatekok plays Rammstein" mit Coverversionen von Rammstein-Songs erschienen. 

Politische Einordnung von Rammstein

Schon seit ihrer Gründung polarisieren die Musiker um Sänger Till Lindemann. Sein Sprechgesang kommt nicht ohne das markant rollende "R" aus, das Band-Logo erinnert an das Kreuzsymbol der deutschen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg, die Songtexte machen vor Brutalität und Gewalt keinen Halt (z.B.: "Ich tu Dir Weh", "Stein um Stein", "Roter Sand") und in Videos nutzen sie Ausschnitte aus Werken Leni Riefenstahls, die für das NS-Regime Propagandafilme drehte. Sind die aus den neuen Bundesländern stammenden Musiker also politisch rechts zu verorten? Lindemann verneinte das gegenüber dem Musikmagazin Rolling Stone. Sie seien als Sozialisten in der DDR aufgewachsen und "früher entweder Punks oder Gruftis" gewesen. Er fügte hinzu: "Wir hassen Nazis!" Mit dem Song "Links 2 3 4" aus dem Jahr 2001 habe man unmissverständlich klarstellen wollen, wo Rammstein politisch einzuordnen seien.

Rammstein begannen 1994 als Band im Ostberliner Bezirk Prenzlauer BergBild: Universal/Rammstein/dpa/picture alliance

Dennoch: 2019 hagelte es Kritik - insbesondere für das Video von "Deutschland" vom unbetitelten Album, wovon zunächst nur ein Teaser veröffentlicht worden war. Der kurze Clip zeigt den Rammstein-Frontmann Till Lindemann sowie drei seiner Bandmitglieder aufgereiht an einem Galgen, jeder mit einem Strick um den Hals und in Sträflingskleidung. Das hatte Assoziationen zu KZ-Häftlingen geweckt, was vom Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, als "eine geschmacklose Ausnutzung der Kunstfreiheit" bezeichnet worden war. Die Kritik reichte bis hin zur Verurteilung als eine "Form von Leichenschändung", so der Historiker Michael Wolffsohn.

Im insgesamt neun Minuten langen Video, das Szenen expliziter Gewalt enthält, wirkt die Platzierung der nationalsozialistischen Zeit als eine Episode von vielen. Gegenüber der DW sagte der Publizistik- und Medienwissenschaftler Joachim Trebbe damals, diese Zeit in eine Reihe mit den Kriegen von Karl dem Großen oder den Fenstersturz in Prag zu stellen, sei "nach wie vor kritikfähig - jedenfalls in der spezifischen deutschen Konstellation." Der Song selber verherrliche dabei nichts und würde Symbole nicht missbräuchlich verwenden, so Trebbe weiter. Eine Zeile aus dem Song lautet etwa: "Deutschland! Deine Liebe ist Fluch und Segen. Deutschland! Meine Liebe kann ich dir nicht geben." Überhaupt ist "Liebe" das am häufigsten verwendete Wort in den Texten der Gruppe. 

Die Tour 2022 - Ende in Sicht?

Rammsteins jüngstes Werk heißt "Zeit" - nun spekuliert die Fangemeinde, ob ein Band- Abschied an der Zeit sein könnteBild: Kay-Helge Hercher/Imago Images

In Europa stehen nun 32 Konzerte in 19 Städten auf dem Programm. In Deutschland werden Rammstein ab dem 20. Mai in den Stadien von Leipzig, Berlin, Stuttgart, Hamburg und Düsseldorf spielen. Die meisten Zuschauer, über 120.000 an der Zahl, kamen bei Teil eins der Tour ins Münchener Stadion. Insgesamt waren es knapp 1,3 Millionen Menschen, die 2019 eines der Konzerte besuchten. 

Informationen über eine Tour zum neuen Album "Zeit", die 2023 an weiteren Orten Europas hätte stattfinden sollen, waren kurzzeitig im Netz aufgetaucht. Wie der europäische Tourpromoter von Rammstein mitteilte, waren diese Termine jedoch Fake. Fakt ist, dass Solo-Konzerte Lindemanns, die Ende des Jahres (im Dezember 2021) in Russland hätten stattfinden sollen, abgesagt wurden. In einem Statement auf ihrer Webseite erklären Rammstein ihre Unterstützung für das ukrainische Volk,"das sich gegen den schockierenden Angriff der russischen Regierung wehrt." Die Berliner Band erinnert daran, dass alle Mitglieder ihre Erfahrungen mit beiden Ländern gemacht hätten und Beziehungen zu Menschen in Russland und der Ukraine hegen. Abschließend schreiben sie: "Uns ist die Verzweiflung bewusst, die viele russische Fans angesichts der Handlungen ihrer Regierung empfinden und wir möchten an die Menschlichkeit erinnern, die russische und ukrainische Bürger teilen." 

Ob das Album "Zeit", aus welchem nun einige Lieder auf europäische Bühnen kommen, ein Abschiedsalbum sein könnte, wurde gemunkelt. Wie der Berliner Kurier, der die Prager Generalprobe begleitet hatte, notierte, seien ein paar Zeilen vom Song "Adieu", der auf dem Album enthalten ist, beim Auftritt umgedichtet worden. Anstelle von "den letzten Weg musst du alleine gehen" soll es nun - an die Fans gerichtet - geheißen haben, "den letzten Weg müsst ihr alleine gehen". 

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