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Politik

Kadyrow, Putins erster Kämpfer

Benjamin Restle
8. Oktober 2022

Brutal, radikal, loyal: Ramsan Kadyrow, Präsident der autonomen russischen Republik Tschetschenien, ist von Putin zum Generaloberst der russischen Streitkräfte ernannt worden. Wer ist der berüchtigte Herrscher?

Tschetschenen-Führer Ramsan Kadyrow
Ramsan Kadyrow: Erst kämpfte er für die Unabhängigkeit Tschetscheniens, dann schlug er sich auf Putins SeiteBild: Yelena Afonina/Tass/dpa/picture alliance

Er selbst bezeichnet sich als "Putins Fußsoldat": Der 46-jährige Kadyrow ist als treuer Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin bekannt.

Doch das war nicht immer so. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang der 1990er Jahre galt seine Loyalität zunächst nicht Russland, sondern Tschetschenien. Damals schloss Kadyrow sich islamistischen Separatisten an, die die Unabhängigkeit Tschetscheniens von Russland anstrebten.

Der erste Tschetschenienkrieg endete 1996, nachdem russische Streitkräfte eingegriffen hatten, um die Abspaltung der mehrheitlich muslimischen Republik zu verhindern. Nach einem zweiten Krieg unterstellte der neue russische Präsident Wladimir Putin Tschetschenien der direkten Kontrolle des Kremls und setzte Ramsan Kadyrows Vater Achmad Kadyrow als Verwaltungschef der Region ein.

Erst gegen, dann für den Kreml

Vater Achmat Kadyrow rief 1994 zum Dschihad gegen Russland auf. Später wechselte er die Seiten und wurde 2003 zum Präsidenten von Tschetschenien gewählt Bild: AP

Zu diesem Zeitpunkt, in den späten 1990er Jahren, hatten Achmad Ramsan und sein Sohn Ramsan Kadyrow die tschetschenische Separatistenbewegung aufgegeben und waren zu Russland übergelaufen. Im Jahr 2003 wurde Achmad Kadyrow tschetschenischer Präsident, sein Sohn Ramsan wurde Sicherheitschef.

Seitdem befehligt Ramsan Kadyrow eine Miliz pro-russischer Tschetschenen, die so genannte Kadyrowzy, die angeblich alle noch verbliebenen separatistischen Elemente unterdrücken soll. Diese Miliz soll laut Amnmesty International schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben, die von Entführungen bis hin zu Folter und Tötungen reichen.

Auch Ramsan persönlich soll an solchen Verbrechen beteiligt gewesen sein. Die Kadyrowzys sollen auch Geschäftsleute entführt haben, um Geld zu erpressen.

"Held Russlands"

Nach dem Tod von Tschetschenen-Präsident Achmad Kadyrow bei einem Bombenanschlag im Mai 2004 wurde sein Sohn zum stellvertretenden Premierminister ernannt. Analysten betrachten Ramsan Kadyrow jedoch als Tschetscheniens De-facto-Führer.

Denn Kadyrow galt als Putin-Liebling und wurde 2004 mit dem prestigeträchtigen Titel "Held Russlands" ausgezeichnet. Bald darauf wurde er zum Premierminister befördert.

Personenkult: Russische Soldaten vor einem Plakat von Ramsan Kadyrow in der Nähe der Stadt Grozny im Oktober 2006Bild: AP

Als er 2007 das erforderliche Mindestalter von 30 Jahren erreicht hatte, ernannte Putin ihn zum Präsidenten Tschetscheniens. Er ist bis heute der Anführer Tschetscheniens geblieben.

Brutale Verfolgung von Kritikern

Kadyrow regierte und regiert Tschetschenien mit eiserner Faust. Laut Menschenrechtsorganisationen läuft in der autonomen russischen Republik jeder, der sich kritisch über Behörden und Regierung äußert, Gefahr, verhaftet, strafrechtlich verfolgt, aufgrund falscher Anschuldigungen verurteilt, entführt oder sogar getötet zu werden.

Journalisten, Dissidenten, Menschenrechtler und Blogger - einschließlich ihrer Familien - leben laut Human Rights Watch in großer Gefahr. Im ihrem Weltbericht 2022 schreibt die Organisation, dass "Ramsan Kadyrow weiterhin rücksichtslos alle Formen von Dissens unterdrückt". Auch LGBTQ-Personen seien in zunehmendem Maße massiver Verfolgung ausgesetzt.

Putin kann sich auf Kadyrow verlassen, um Stabilität in der Region zu garantieren und jegliche Unruhen zu unterdrücken. Kadyrow hat sich sogar verpflichtet, "jeden militärischen Befehl von Russlands Oberbefehlshaber Wladimir Putin auszuführen".

Post aus Kadyrows Telegram Kanal: Soldaten aus Russland und Tschetschenien schwenken in der Ukraine ihre FahnenBild: Ramzan Kadyrov/Telegram/AP Photo/picture alliance

Einsatz in der Ukraine

Für diese unerschütterliche Loyalität genießt er beträchtliche Freiheiten. So nahm er sich heraus, die russische Führung für die jüngsten militärischen Rückschläge in der Ukraine zu kritisieren. Und sogar den Einsatz von Atomwaffen mit geringer Sprengkraft zu fordern.

Obwohl einige Tschetschenen seit Jahren an der Seite prorussischer Separatisten in der Ostukraine kämpfen, angeblich als Freiwillige, erklärte Kadyrow erst Ende Februar 2022 offiziell, dass tschetschenische Kämpfer in die Ukraine entsandt worden seien.

Im März verkündete er, dass sich etwa 1.000 tschetschenische Kämpfer in der Ukraine aufhielten, eine Zahl, die nicht überprüft werden kann. Kadyrows tschetschenische Streitkräfte sind berüchtigt für ihre Brutalität und für ihre Präsenz in den sozialen Medien. Sie waren an der Belagerung und der Einnahme der ukrainischen Hafenstadt Mariupol Anfang dieses Jahres beteiligt.

Kadyrow hat den Krieg gegen die Ukraine stets lautstark unterstützt und sogar versprochen, seine eigenen Söhne an die Front zu schicken. Kürzlich gab er bekannt, dass Putin ihn in den Rang eines Generalobersts befördert hat. Putins selbsternannter "Fußsoldat" steigt anscheinend immer weiter auf.

Aus dem Englischen adaptiert von Astrid Prange de Oliveira.

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