Hiphopperin mit Kopftuch
5. Dezember 2006"Ick versteh nicht, warum die dit bloß mag, dit Tuch in ihrem Haar“, so rappt die 27-jährige Sahira. Die Berlinerin stammt aus einer palästinensischen Familie und trägt ein Hidschab - ein eng angelegtes Kopftuch. Und sie ist eine von Berlins erfolgreichsten Hiphopperinnen.
Bis vor ein paar Jahren trug Sahira Haare noch offen. Doch der 11. September 2001 war der Wendepunkt in ihrem Leben: Sie sah, wie der Islam zur Terrorreligion stilisiert und Muslime pauschal verdächtigt wurden: "Was, ich höre, dass ich störe?! Mal wieder nicht zum Inventar gehöre?! Ich schwöre, du hast nur Angst vor ’nem Blutbad“, rappte Sahira und fing an, den den Koran zu studieren, um sich ein eigenes Bild machen.
"Das ist mein Kopf, mein Haar"
Ihr habe das gefallen, was sie las, erinnert sie sich, die Spiritualität und der Friedensgedanke dieser Weltreligion, von der in den Medien nie die Rede gewesen sei. Sie begann zu beten - fünf Mal am Tag - und im November 2003 ging sie das erste Mal mit einem Kopftuch aus dem Haus. Alle fanden es gut, sagt sie. Auch die Mutter, die kein Tuch trägt. Es sei ihre eigene Entscheidung gewesen, so Sahira: "Für mich ist das Freiheit. Das ist mein Kopf, mein Haar, das bin halt ich", und sie rappt: "Bloß mein Mann sieht mich ganz wie ich bin, (...) weil ich ich ich’s so will.“
Dass das Kopftuch in Deutschland oftmals als Symbol der Unterdrückung von Frauen generalisiert wird, regt sie auf. Sie findet es nicht richtig, wenn Leute wie die Grünen-Abgeordnete Ekin Deligöz kürzlich öffentlich in der Politik fordern, dass alle Frauen das Tuch ablegen sollen: "Genauso wenig möchte ich, dass man Frauen sagt: Ihr müsst es tragen. Diese Diktatur finde ich generell nicht richtig."
Eine Kopftuch tragende Rapperin, eine Berliner Palästinenserin, eine allein erziehende Muslima: Trotzdem oder gerade deswegen sprüht Sahira vor Selbstbewusstsein. Sahira ist gebildet, darauf legten die Eltern Wert. Sie hat sich unabhängig gemacht, ein eigenes Label gegründet: Imanimusic. Imani heißt Glaube. Seit 15 Jahren macht sie Musik. Und dass Sahira allein erziehende Mutter eines Sohnes ist, ist für die Familie keine Schande, sondern Antrieb, sie zu unterstützen.
Kopftuch ist kein Hindernis im Hiphop
Unter Hiphoppern fällt Sahiras Kopftuch gar nicht ins Gewicht. Die Rapperin hat sich mit ihrer Musik schon früh Respekt bei den männlichen Kollegen verschafft. Sie hat schon zusammen mit Bushido ein Lied aufgenommen und trug dabei ihr Kopftuch. Angemacht worden sei sie dafür nicht, sagt sie, im Gegenteil: Es sei eher Respekt gebietend. Inzwischen kann sie sich nicht mehr vorstellen, unbedeckt raus zu gehen.
Doch im Gegensatz zu ihren männlichen Rapper-Kollegen sind Gewaltverherrlichung und Machismus in ihren Songs tabu. Sahir besingt das Leben um sie herum - Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen, Generationskonflikte und vor allem die Frage nach den Wurzeln.
Wo ist Zuhause?
Ihr Zuhause sei Berlin, rappt die Hiphopperin in ihren Songs, doch Sahira sieht auch die Probleme von Migranten-Kindern, wie sie selbst eins ist: "Es ist komisch, wenn man dann auch hier nicht richtig ankommen darf und nicht auch mal jemanden in den Medien sieht, der so ist, wie man selbst."
Deswegen will Sahira auch so etwas wie ein Vorbild sein. Sie will zeigen, dass eine gläubige Muslima genauso emanzipiert und selbstbestimmt sein kann, wie alle anderen Frauen.