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Politik

Ratlose Europäer: "Was wollen die Briten?"

16. Januar 2019

Unverständnis, Enttäuschung, Sorge - Schock: Die Reaktionen aus der EU spiegeln haufenweise Emotionen. Nach der Entscheidung im Londoner Unterhaus fragen sich Europapolitiker, wie es nun weiter gehen soll.

Großbritannien Protest gegen Brexit in London
Bild: picture-alliance/Zuma Press/Sopa/D. Haria

"Das britische Parlament hat gesagt, was es nicht will" twitterte der liberale Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt. "Jetzt ist es Zeit herauszufinden, was die britischen Abgeordneten wollen." Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verlangte von London dringend, "seine Absichten so bald wie möglich klarzustellen". Das negative Votum zu dem mit der EU ausgehandelten Brexit-Abkommen lasse die Gefahr eines "ungeordneten Austritts" wachsen.

Die Kommission und EU-Chefunterhändler Michel Barnier hätten "enorme Zeit und Mühe in die Aushandlung des Austrittsabkommens investiert", sagte Juncker. Dabei habe die EU "durchweg Kreativität und Flexibilität" bewiesen und auch zuletzt zusätzliche Klarstellungen und Zusicherungen angeboten. Der über 17 Monate ausgehandelte Brexit-Vertrag sei "ein fairer Kompromiss und der bestmögliche Deal". Der Kommissionschef verkniff sich aber auch nicht den Hinweis, dass man auf einen chaotischen Austritt ohne Abkommen "vollständig vorbereitet" sei.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Die Zeit ist fast abgelaufen"Bild: Reuters/V. Kessler

"Wenn ein Deal unmöglich ist und niemand einen No-Deal will, wer wird den Mut haben zu sagen, wie die einzige positive Lösung aussieht?" fragte EU-Ratspräsident Donald Tusk auf Twitter. "Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn das Herz wirklich schwer ist", sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, die eine solch klare Ablehnung nicht erwartet hatte. Und der deutsche Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) twitterte: "Wir sind vorbereitet. Aber ein ungeregelter Brexit ist die schlechteste aller Möglichkeiten, für die EU, besonders aber für Großbritannien."

Die irische Regierung will sich intensiv auf die Folgen eines ungeordneten Brexits vorbereiten. "Bedauerlicherweise hat der Ausgang der Abstimmung heute Abend das Risiko erhöht. Folglich wird die Regierung ihre Vorbereitungen auf ein solches Ergebnis weiter intensivieren", heißt es in Dublin. Die Regierung in London müsse nun Lösungsvorschläge erarbeiten.

"Bei weitem schlimmste Niederlage für eine britische Regierung"

Sorgenvolle Tweets kommen auch aus Skandinavien. Es sei zutiefst bedauerlich, dass man einem chaotischen EU-Austritt Großbritanniens ohne Abkommen einen Schritt nähergekommen sei, schrieb Dänemarks Regierungschef Lars Løkke Rasmussen. "Die Zeit läuft ab." Die britische Regierung müsse nun aufzeigen, wie es weitergehen könne. Die schwedische EU- und Handelsministerin Ann Linde schrieb, die Vereinbarung zwischen der britischen Regierung und der EU bleibe der beste Weg hin zu einem geordneten Brexit. Ex-Außenminister Carl Bildt erklärte die Abstimmung zur "bei weitem schlimmsten Niederlage für eine britische Regierung in der modernen Geschichte".

Zwei Drittel des britischen Unterhauses stimmte gegen den Austrittsplan von Premierministerin Theresa MayBild: picture-alliance/PA Wire/House of Commons

Im Europaparlament schlägt das vernichtende Abstimmungsergebnis für den Brexit-Vertrag hohe Wellen. Der SPD-Abgeordnete Jo Leinen nannte es unverantwortlich, ohne Plan B das ausgehandelte Abkommen abzulehnen. Es blieben nur wenige Möglichkeiten und kaum Zeit, die Schäden für beide Seiten zumindest zu begrenzen, warnte der Sozialdemokrat. "Ohne eine Änderung der britischen Position kann es keine substanziellen Nachverhandlungen geben."

Die Linken-Fraktionschefin im EU-Parlament, Gabriele Zimmer, erklärte: "Jetzt wird ein chaotischer Brexit immer wahrscheinlicher. Wir sind äußerst besorgt, wie sich ein ungeregelter EU-Austritt auf die Lage und die Rechte der Menschen, die am meisten betroffen sind, auswirken wird." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ska Keller sah in Mays Niederlage aber auch die Möglichkeit, die Blockade im britischen Parlament zu überwinden. "Die Zeit der politischen Spielchen ist vorbei."

rb/nob (afp, dpa, rtr)

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