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Ratlosigkeit in Lissabon

7. April 2013

Coelho in Nöten: Weil das Verfassungsgericht Teile des Sparhaushalts gekippt hat, steht Portugals Ministerpräsident mit dem Rücken zur Wand. Es müssten dringend neue Sparbeschlüsse her. Aber wie?

Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho (vorne) neben seinem Finanzminister Vitor Gaspar bei einer Parlamentsdebatte in Lissabon (Foto: REUTERS)
Portugal, Schuldenkrise, CoelhoBild: Reuters

"Wir respektieren die Einscheidung des Gerichts, aber wir müssen die Portugiesen auch vor den negativen Folgen warnen, die sie für das Land haben wird", sagte Regierungssprecher Luís Marques Guedes nach einer Krisensitzung des Kabinetts. Portugal verliere durch das Veto der Richter gegen Teile des Sparpakets im Ausland wieder das Vertrauen, das das Land bei den Anlegern und Investoren mühsam zurückgewonnen habe. Deshalb sei man mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden.

Weitere Ergebnisse hatte die Sitzung nicht zutage gebracht. Die konservativ-liberale Regierungspartei PSD äußerte sich "sehr besorgt". "Wir haben praktisch keinen Handlungsspielraum", sagte die PSD-Politikerin Teresa Leal Coelho. Der sozialistische Oppositionsführer António José Seguro verlangte den Rücktritt der Regierung und Neuwahlen.

Portugal: Ringen um neues Sparprogramm

01:21

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"Berechtigte Zweifel an der Gerechtigkeit"

Regierungschef Pedro Passos Coelho bat Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva noch in der Nacht zu Sonntag um ein Gespräch. Silva hatte – obwohl ein Parteifreund des Premiers – die Klage vor dem Verfassungsgericht unterstützt. Der Staatschef begründete seine Klage damit, dass der Haushalt "berechtigte Zweifel an der Gerechtigkeit bei der Verteilung der Opfer" wecke.

Präsident Silva: "Die Regierung ist legitimiert, im Amt zu bleiben"Bild: Reuters

Silva lehnt Neuwahlen ab und betonte auch nach seinem Treffen mit dem Premier, die Regierung sei in vollem Umfang legitimiert, im Amt zu bleiben. Ministerpräsident Coelho muss nun gegen den massiven Protest aus Bevölkerung und Opposition neue Wege finden, um die Auflagen der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erfüllen. Er kündigte für Sonntagabend eine Erklärung zur Lage in den Euro-Krisenland an.

Mehr als drei Monate hatten die höchsten Richter des Landes beraten, bis sie am späten Freitagabend zu ihrem Urteil kamen: Vier Sparbeschlüsse im Budget 2013, darunter die Kürzungen von Urlaubsgeldern für Beamte, Angestellte des öffentlichen Dienstes und für Rentner sowie die Einschnitte bei der Arbeitslosenhilfe und beim Krankengeld, sind verfassungswidrig. Nach Schätzungen der portugiesischen Presse fehlen der Regierung dadurch rund 1,3 Milliarden Euro.

Das überschuldete Portugal hatte im Mai 2011 von Eurostaaten und IWF die Zusage für Kredite von 78 Milliarden Euro erhalten, um nicht in die Pleite zu rutschen. Im Gegenzug verpflichtete sich die damalige Regierung zu einem strikten Sparkurs und Privatisierungsmaßnahmen.

rb/gmf (afp, dpa, rtr)

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