Joan Miró zählt zu den bekanntesten spanischen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Weniger bekannt ist seine Vorliebe für die Wand. Damit befasst sich nun die Frankfurter Ausstellung "Joan Miró: Wandbilder, Weltenbilder".
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
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Joan Miró: Wandbilder, Weltenbilder. Ausstellung in Frankfurt am Main
Joan Miró war ein Künstler, der die Malerei erneuern wollte. Die Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main zeigt in einer Ausstellung, dass er dafür nicht nur Leinwände bemalte, sondern auch mit der Wand experimentierte.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Kritzeleien auf der Wand
Mit fast kindlichem Elan kritzelte der gebürtige Katalane direkt auf die Wand. Hier sieht man den Künstler 1967 in seinem Atelier "Son Boter" in Palma de Mallorca. Die Wände hat er mit einem schwarzen Kohlestift bearbeitet. Schon viel früher, im Jahr 1937, arbeitete Miró gemeinsam mit Pablo Picasso an einem Wandbild im öffentlichen Raum für die Weltausstellung in Paris.
Bild: Fotoarchiv F. Català-Roca – Arxiu Fotogràfic del Col·legi d’Arquitectes de Catalunya
Lein - Wand!
Joan Miró (1893 - 1983) suchte nach immer neuen Ausdrucksformen. Dabei entdeckte er die Wand - und zwar nicht nur als Gegenstand der Abbildung. Auch ihre physische Beschaffenheit inspirierte den Künstler: etwa zu Untergründen aus weiß gewaschener Leinwand, roher Jute oder Schleifpapier.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Spiel mit der Illusion
"Der Bauernhof/La Ferme" zählt zu den frühen Meisterwerken im Schaffen des Spaniers Joan Miró. Schon 1921/22, als er seinen elterlichen Bauernhof malte, legte er sehr viel Wert auf die Darstellung der Stallwand. Er zeigt sie mit all ihren Flecken, Fehlern und Rissen. Es ging ihm darum, die reale Materie so wirklichkeitsnah wie möglich abzubilden.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Tod der Malerei
In den 1930er Jahren will Miró die Malerei "ermorden". Damit meint er die überkommenen Maltraditionen, die er verachtet. Mit der von ihm entwickelten Bildsprache stellt er sich bewusst gegen die vorgegebenen Erwartungen des Bürgertums. Blau repräsentierte für ihn den Himmel, aber auch Erinnerungen an die mit blauem Kupfervitriol bespritzten Mauern der Bauernhöfe in Katalonien.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Ungewohnte Farbwahl
Joan Mirós Werk strotzt nur so vor bunten Farben. 1973/74 malte er ein dreiteiliges Gemälde, das nur in Schwarz-Weiß gehalten war. Es bildet einen Kontrast zu den bunten Gemälden und zeigt eine hohe schmucklose Wand.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Bilder, die den Rahmen sprengen
Miró versuchte den Bildraum zu erweitern. Deshalb verlieh er seinen Gemälden das Aussehen von Wandoberflächen. Auch seine Vorliebe für ein längliches oder schmales Bildformat spiegelt Mirós Auseinandersetzung mit der Wand wider und verweist zugleich auf seine monumentalen Triptychen und späten Keramikfriese. Auch beim Gemälde "Vögel" probiert Miró neue, große Formate aus.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Graffiti à la Miró
Mitte der 1920er Jahre erzeugte Miró eigene Wandbilder, in dem er die Leinwand mit Farbe bespritzte. Der braune Untergrund sollte dabei wie eine verwitterte Wand wirken. Dabei entstand auch das Werk "Die spanische Flagge" im Jahr 1925. Außerdem zeigt es ein für Miró typisches Symbol: den Vogel.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Magische Punkte
Mit dem Gemälde "Malerei (Die Magie der Farbe)" zeigt die Schirn-Kunsthalle eines der Schlüsselwerke: Im Jahr 1930 malt Miró zwei große Punkte in Rot und Gelb auf einen weißen Grund. Sie scheinen wie schwerelos zu schweben. Wieder verweist das Weiß auf die weißgetünchten Mauern der einfachen Bauernhäuser seiner Kindheit nahe Barcelona.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Kunst für alle
Joan Miró hat sich Zeit seines Lebens auch politisch engagiert. Seine Kunst sollte möglichst frei zugänglich sein. Für das UNESCO-Hauptquartier in Paris schuf er 1957 die "Mondwand" und die "Sonnenwand" - wieder bezieht er die "Schönheitsfehler" der nackten Wand mit ein. Die Ausstellung "Wandbilder, Weltenbilder" ist vom 26.2.-12.06. in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt am Main zu sehen.
Bild: Successió Miró/VG Bild-Kunst, Bonn 2016
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Die Malerei ermorden – das war das erklärte Ziel des katalanischen Künstlers Joan Miró. Geboren 1893 in einem Dorf bei Barcelona, aufgewachsen auf einem Bauernhof, hegte er eine Leidenschaft für großformatige, monumentale Gemälde - auf Leinwand oder direkt auf einer Wand. Bei Miró wurde die Wand selbst zum Bild - mit all ihrer Struktur, ihrem Schmutz und ihren Schönheitsfehlern. Er hatte ein Faible für Oberflächen und sprengte damit - wortwörtlich - den Rahmen der Kunst und die Regeln der Malerei. Miró wollte seinen Bildern Struktur geben. Dies begann für ihn jedoch nicht erst bei der Bildkomposition, sondern schon mit der Oberfläche: Sie sollte auch ein haptisches Erlebnis bieten. Daher bearbeitete er seine Leinwände, bevor er Farbe auftrug, und nutzte ungewöhnliche Materialien als Untergrund - etwa Jute, Sandpapier, Sackleinen oder Teerpappe, ein Material mit dem damals Dächer abgedichtet wurden.
Wände und Mauern inspirierten den Katalanen
An der Kunstakademie Barcelona lernte Miró Anfang des 20. Jahrhunderts sein Handwerk. In seinen frühen Werken orientierte er sich an van Gogh und Matisse, später fühlte er sich zu den Surrealisten um Max Ernst und André Masson hingezogen. Schließlich entwickelte er seinen ganz eigenen, phantasievollen Stil mit immer wiederkehrenden Farben und Formen. Für die Pariser Weltausstellung im Jahr 1937 hatte Miró die Ehre, die Wände des spanischen Pavillons zu gestalten. Doch schon zuvor hatte er sich intensiv mit Wänden und Mauern beschäftigt. In den 1920er Jahren malte er auf braunem Grund, mit der Absicht, beim Betrachter den Eindruck verwitterter Mauern zu erzeugen. Unter den rund 50 Kunstwerken des spanischen Malers, die nun in der Schirn zu sehen sind, ist auch sein Triptychon "Bleu I-III" von 1961 - drei Bilder mit blauer Fläche, darauf schwarze Punkte und rote Linien. Die blaue Farbe werde oft als Himmel gedeutet, so die Ausstellungsmacher. Dabei soll es nicht das Himmelsblau gewesen sein, das Miró inspirierte habe, sondern die Mauern der Bauernhöfe in Katalonien, die von blauer Sulfitlauge verfärbt waren.
Mehr als reine Abbildung: Mirós Wandbilder
Die Ausstellung ermögliche "einen ungewohnten Blick auf Miró", sagte Schirn-Direktor Max Hollein im Vorfeld der Werkschau. Die Wand sei für Miró nicht nur ein Objekt gewesen, das er abbildete, ergänzte Kuratorin Simonetta Fraquelli. "Ihre Materialität war entscheidend für die intensive physische und taktile Qualität seiner Malerei. Es gelang ihm, die reale Materie und das Material seiner Bilder in Übereinstimmung zu bringen."
Die Ausstellung "Joan Miró: Wandbilder, Weltenbilder" ist vom 26. Februar bis zum 12. Juni in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt zu sehen.