Der Auktion war ein langer Raubkunst-Streit vorangegangen. Erst vor kurzem wurde das Gemälde an die Erben des einstigen jüdischen Besitzers zurückgegeben.
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Für einen Rekordpreis von 45 Millionen Euro (37.000.000 britische Pfund) haben "Die Füchse" des expressionistischen deutschen Malers Franz Marc den Besitzer gewechselt. Nicht nur diese schwindelerregende Summe für das Ölgemälde ist beachtlich. Sondern auch die Tatsache, dass es überhaupt zu einer Versteigerung des Meisterwerks kam. Denn über 50 Jahre hingen die "Füchse" im Düsseldorfer Museum Kunstpalast, wohin sie als Schenkung des Kaufhaus-Unternehmers Helmut Horten gekommen waren.
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Jüdischer Besitzer verkaufte "Die Füchse" nach seiner Flucht aus Deutschland
Ursprünglich hatte das Gemälde dem deutsch-jüdischen Sammler Kurt Grawi gehört, der es im Jahr 1928 gekauft hatte. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde der Bankier und Unternehmer im Jahr 1938 mehrere Wochen im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert.
Mit seiner Familie gelang ihm im Jahr 1939 die Flucht aus Deutschland nach Chile. In New York verkaufte er das Bild kurz darauf, um sich und seiner Familie das Überleben zu ermöglichen. 1961 gelangte es an den Unternehmer Horten und seit 1962 war das Gemälde im Besitz der Stadt Düsseldorf.
Die Kunstbewegung "Der Blaue Reiter"
Bekannt ist Der Blaue Reiter" durch Postkarten und Poster. Zwei prägende Künstler dieser Gruppe waren Wassily Kandinsky und Franz Marc.
Bild: Städel Museum/ARTOTHEK
Reform der Kunst
München in den Jahren 1908 bis 1914: Angezogen von der unberührten Natur der Voralpenlandschaft treffen sich internationale Künstlerinnen und Künstler, um die Malerei zu reformieren. Die führenden Köpfe heißen Wassily Kandinsky und Franz Marc. Ein Russe und ein Deutscher. 1911 hatten sie sich zum ersten Mal getroffen. Franz Marcs Gemälde "Die großen blauen Pferde" entstand im selben Jahr.
Bild: T.B. Walker Foundation/Gilbert M. Walker Fund
Blaues Wunder
1912 gaben Marc und Kandinsky den legendären Almanach "Der Blaue Reiter" heraus. Darin sammelten sie Texte und Bilder unterschiedlicher Epochen und Kulturen. Marc (2. v. l.) und Kandinsky (sitzend) lösten sich von den bürgerlichen Vorstellungen von Kunst und propagierten ein neues Denken: Das Figurative spielte darin eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stand das Fühlen und Abstrahieren.
Bild: ProLitteris, Zurich
Leuchtende Bilder
Wassily Kandinsky vertraute auf die Sprache der Farbe, so nannte er auch im Zusatz seine programmatische Schrift "Über das Geistige in der Kunst". Kandinsky hatte eine eigene Farbenmoral: Die Farbe Schwarz verband er mit dem Bösen und dem Tod. Weiss dagegen stand für ihn für Leben. Auch anderen Farben ordnete er psychische Wirkungen zu: Rot-Grün symbolisierte für ihn beispielsweise Stärke.
Bild: Merzbacher Kunststiftung
Seele in Vibration
Kandinsky beschrieb die Seele "als Klavier mit vielen Saiten". Die Verwendung von Primärfarben, also rot, blau, grün, gelb, waren für ihn ein Mittel, den Menschen in seinem Innersten zu berühren. Ähnlich ging er mit der Form um, die er davon befreien wollte, irgendetwas darzustellen. Seine Gemälde hatten Titel wie: "Improvisation", "Impression" oder "Komposition" (s. Bild: Komposition VII).
Bild: Galerie Nationale Tretiakov
Kraft des Träumens
"Liegender Hund im Schnee" entstand 1910/1911. Friedlich liegt das Tier da, es scheint eins zu sein mit dem Untergrund. Franz Marc sah im Träumen eine positive Kraft, die hilft, zu den echten Dingen des Lebens vorzudringen. Franz Marc widmete der Darstellung von Tieren viel Aufmerksamkeit: Für ihn gehörten sie zu einer unschuldigen Urwelt, zu der Menschen keinen Zutritt hatten.
Bild: Städel Museum/ARTOTHEK
Tiere als Ideal
Die erste Ausstellung "Der Blaue Reiter" in München fand in der Galerie Thannhauser statt. Im ersten Raum hing auch das Gemälde "Die gelbe Kuh" von Franz Marc. Ganz im damals in Mode kommenden Stil des Expressionismus ist das Gemälde voller Dynamik. Konstrasierende Farbflächen leuchten dem Betrachter entgegen. Die massige Kuh scheint aus dem Bild herauszuspringen.
Bild: Solomon R. Guggenheim Museum
Farbe ist Musik
Auch Franz Marc malte immer abstrakter. "Stallungen" heißt ein Gemälde aus dem Jahr 1913, in dem die Pferdekörper kaum noch zu erkennen sind. Stattdessen tauchen alle Farben der Palette auf. Marc - wie allen anderen Künstlern des Blauen Reiters - ging es darum, die Grenzen zu anderen Gattungen zu sprengen. Farbe hatte für sie einen Klang und umgekehrt: Ton eine farbliche Entsprechung.
Bild: Solomon R. Guggenheim Museum
Unschuldige Kinderwelt
Auch August Macke nahm 1911/1912 an der legendären Aussstellung in der Galerie Thannhauser teil. Obwohl der Rheinländer nur 27 Jahre alt wurde, hinterließ er ein großes Werk. "Walterchens Spielsachen" erzählt von der unschuldigen Welt seines erstgeborenen Sohnes Walter. Gemälde seiner Familie, aber auch seine Reisen, sind Ausdruck seiner Sehnsucht nach einem verlorenen Paradies.
Bild: Städel Museum/U. Edelmann/ARTOTHEK
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Streit um Status des Gemäldes
Mit der Restitution war die Stadt Düsseldorf einer Empfehlung der Beratenden Kommission für Raubkunstfälle gefolgt, die jedoch keineswegs unumstritten war. Denn die Empfehlung des Gremiums erfolgte nicht einstimmig, sondern lediglich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Ein besonders heikler Streitpunkt war die Tatsache, dass Kurt Grawi das Gemälde erst nach seiner Emigration im Ausland - und damit außerhalb des einstigen nationalsozialistischen Machtbereichs - verkaufte.
Die Beratende Kommission vertrat den Standpunkt, dass "Die Füchse" restituiert werden müssten, da Grawi das Bild nicht verkauft hätte, wenn er nicht von den Nationalsozialisten verfolgt worden wäre. Die Stadt Düsseldorf argumentierte dagegen, dass sich das Gemälde außerhalb des NS-Machtbereiches befunden habe. Zudem habe Grawis Ehefrau nach dem Krieg zwar die Rückerstattung der erlittenen Verluste gefordert, nicht aber das Werk von Franz Marc angeführt.
Im Mai 2021 willigte die Stadt schließlich in die Restitution ein. Im Januar dieses Jahres ging das Gemälde an die Erben von Kurt Grawi, die das Kunstwerk nun vom Auktionshaus Christie's in London versteigern ließen. Eine Arbeit von Marc mit dieser Geschichte und Qualität sei seit mehr als 50 Jahren nicht mehr auf den Markt gekommen, sagte der Leiter der Abteilung für impressionistische und moderne Kunst bei Christie´s, Keith Gill.
Vom Impressionismus zum Expressionismus: Gartenmalerei im Wandel
Die Londoner Royal Academy of Arts beleuchtet in einer neuen Ausstellung, wie sich die Darstellung von Gärten von den 1870er bis 1920er Jahren verändert hat. Wir zeigen die schönsten Werke von Monet bis Matisse.
Bild: 2015. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence/(c) Succession H. Matisse/DACS 2015
Ein fröhlicher Sommertag
Einer der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus ist Claude Monet. Inspiration fand er in seinem eigenen Garten im französischen Giverny. Die "Frau im Garten" (1867) zeigt die Gattin seines Cousins, die, in zeitgenössische Mode gekleidet, einen Spaziergang durch den sonnendurchfluteten Garten macht.
Bild: The State Hermitage Museum. Photography: Vladimir Terebenin
Modell stehen für einen Freund
Zu Lebzeiten von Auguste Renoir erlebte Paris ein Aufblühen der Grünanlagen. Königliche Parks wurden der Öffentlichkeit wieder zugänglich und auch Privatpersonen legte sich selbst kleine Gärten an. Genau dort, auf den Grünflächen von Paris, fand der Freilichtmaler Renoir seine Inspirationen. Wie hier, als er seinen Freund "Claude Monet, malend in seinem Garten in Argenteuil" (1873) zeichnete.
Bild: Wadsworth Atheneum Museum of Art, Hartford, CT
Von Moskau nach Bayern
Wassily Kandinsky gilt als Vater der abstrakten Malerei. 1909 kaufte seine Lebensgefährtin Gabriele Münter ein Haus in Murnau, am bayerischen Staffelsee. Der Maler selbst wurde in Moskau geboren - daher nannten die Nachbarn das Haus "Russenhaus". Das Paar liebte den selbst angelegten Garten, den Kandinsky nicht nur einmal malte. Dort entstanden bekannte Werke wie "Murnau. Der Garten II" (1910).
Bild: Merzbacher Kunststiftung
Unter der spanischen Sonne
Der in Valencia geborene Joaquin Sorrolla gilt als "Maler des Lichts": Er verstand es, die Wärme des Südens einzufangen. Hier malte er den Jugendstilkünstler "Louis Comfort Tiffany" (1911). Das Porträt erweckt den Eindruck, als würde Tiffany seine Malerei nur kurz unterbrechen und wolle direkt weiter machen - zwischen den leuchtend gelben, weißen und blauen Blüten eines spanischen Gartens.
Bild: Courtesy of The Hispanic Society of America, New York
Entspannung pur!
"Das Gemälde sieht gleichermaßen aus wie eine Landschaft, als auch wie ein Garten", meint die Kuratorin der Londoner Ausstellung, Ann Dumas. Pierre Bonnard ließ sich vom Pariser Alltagsleben inspirieren. Mit lebhaften Farben zeigt er hier eine junge Dame auf einem Liegestuhl, neben einem reichlich gedeckten Tisch und das mitten in der freien Natur - pure "Entspannung im Garten" (1914) eben.
Bild: Nasjonalmuseet for kunst, arkitektur og design/The National Museum of Art, Architecture and Design/(c) ADAGP, Paris and DACS, London 2015
Künstler und Gärtner zugleich
Claude Monet war schon immer fasziniert von kunstvollen Spiegelungen im Wasser. Seine "Seerosen" (1914/15) sind weltbekannt. Er hatte sogar selbst Seerosen in seinem Garten, auf den er ziemlich Stolz war. "Abgesehen von der Malerei und der Gartenarbeit, gibt es nichts, worin ich gut bin. Mein schönstes Meisterwerk - das ist mein eigener Garten", sagte er kurz vor seinem Tod im Jahr 1926.
Bild: Portland Art Museum, Portland, Oregon
Mit den Künstlern zu Tische
Für Matisse bedeutete das künstlerische Schaffen einen Weg, um seine inneren Visionen und Themen, die ihn emotional beschäftigten, nach Außen zu tragen . Die zeitgenössische Kunst wird vor allem von leuchtenden Farben geprägt. "The Rose Marble Table" (1917) ist eine der jüngsten Ausstellungsobjekte in der Londoner Royal Academy of Arts. Die Schau ist bis zum 20. April 2016 zu sehen.
Bild: 2015. Digital image, The Museum of Modern Art, New York/Scala, Florence/(c) Succession H. Matisse/DACS 2015
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Franz Marc, der Rebell
Als Künstler war Franz Marc (1880-1916) ein Rebell. Die Menschen seiner Zeit hielt er für zu materialistisch, zu kopflastig, zu technikgläubig. Dem setzte er seine Malerei entgegen: Bilder von unschuldigen Tieren etwa, die harmonisch in die große Natur eingebunden sind. Tableaus, deren Figuren er mit kräftiger Farbe Spannung verlieh. Ein Baum konnte da schon mal blau, ein Hase lila sein. "Marc stellte immer die Frage nach dem Verhältnis von Mensch, Kreatur und Schöpfung", sagt Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy, Leiterin des Franz Marc-Museums im oberbayerischen Kochel am See.
Zum Markenzeichen Marcs wurde sein blaues Pferd. Wie andere Künstler der Avantgarde vor dem Ersten Weltkrieg - Kubisten, Brücke-Künstler, Futuristen - hielt er der Natur nicht einfach den Spiegel vor. "Er formulierte eine Entsprechung", so Marc-Expertin Klingsöhr-Leroy, "eine neue Art der Malerei." Heute gilt Franz Marc als der romantischste aller Expressionisten. "Vielleicht würde er am ehesten die Kunstauffassung von Joseph Beuys teilen", glaubt die Museumschefin, "wonach wir mehr auf unsere Empfindungen hören sollten, wonach jeder Mensch ein Künstler ist, frei in der Gestaltung seiner Existenz."
Viel Zeit, sich seinen Platz in der Kunstgeschichte zu ermalen, blieb Marc nicht. Er war kein Pazifist, sondern gehörte zu den Deutschen, die den Ersten Weltkrieg begrüßten. "Mein Herz ist dem Krieg nicht böse", schrieb er im November 1914 seinem Künstlerkollegen Kandinsky, "sondern aus tiefstem Herzen dankbar." Der Krieg, so hoffte Marc, würde Europa "reinigen". Anderthalb Jahre später war er tot, gefallen in der Schlacht von Verdun. Er wurde nur 36 Jahre alt. Er hinterließ 244 Ölgemälde sowie 261 Zeichnungen und Aquarelle. In Kochel am See, wohin er als junger Kunststudent für Zeichenstudien gekommen war, liegt er begraben. Hier steht seit 1986 ihm zu Ehren ein Museum.