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Politik

Chile: Razzien in katholischer Kirche

14. Juni 2018

Der Skandal um den vielfachen Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche erreicht eine neue Dimension: Die Justiz hat zahlreiche Dokumente beschlagnahmt. Der päpstliche Sonderermittler sagt volle Kooperation zu.

Chile Razzia Katholische Kirche Santiago
Bild: Reuters/M. Hernandez

Der Sitz des Kirchengerichts in Santiago und das Bistum Rancagua sind durchsucht und zahlreiche Kirchendokumente beschlagnahmt worden. Staatsanwalt Emiliano Arias bestätigte zwei Razzien in Santiago und Rancagua. Er sprach von einem "Meilenstein", da zivile Behörden bislang nicht gegen Kirchenvertreter vorgegangen waren.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Durchsuchung angeordnet, weil sich die Kirche laut lokalen Medienberichten geweigert hatte, alle internen Ermittlungsdokumente zu Missbrauchsfällen seit 2003 bereitzustellen. Ermittelt werde im Zusammenhang mit Berichten über sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kirchenvertreter.

Seit dem Jahr 2000 wurden den chilenischen Behörden rund 80 katholische Priester wegen mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs gemeldet. Zahlreichen ranghohen Vertretern der katholischen Kirche des Landes wird vorgeworfen, den Kindesmissbrauch durch den ehemaligen Priesterausbilder Fernando Karadima in den 1980er und -90er Jahren ignoriert oder vertuscht zu haben. Darunter ist auch der ehemalige Bischof Juan Barros, dessen Rücktritt Papst Franziskus Anfang der Woche angenommen hatte.

Skandal entzündete sich an Barros

Papst Franziskus hatte Barros 2015 trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zum Bischof von Osorno ernannt. Anfang des Jahres nahm er den 61-Jährigen Barros außerdem bei einem Chile-Besuch öffentlich in Schutz. Franziskus hatte die Vorwürfe gegen Priester zunächst als "Verleumdung" zurückgewiesen, wenig später aber bedauert, dadurch mögliche Opfer verletzt zu haben. Anschließend empfing Franziskus mehrfach Missbrauchsopfer im Vatikan und schob eine Aufarbeitung des Skandals an.

Juan Barros mit Papst Franziskus im Mai 2017 im VatikanBild: picture-alliance/AP Photo/CTV

Am Dienstag waren der Sonderermittler des Vatikans zu dem Missbrauchsskandal, der maltesische Erzbischof Charles Scicluna, und der Papstgesandte Jordi Bertomeu in Santiago eingetroffen. Sie wollen Missbrauchsopfer befragen und die chilenischen Diözesen im Umgang mit neuen Missbrauchsklagen anleiten. "Wir sind gekommen, um um Vergebung zu bitten", sagte Bertomeu bei der Ankunft.

Mit den Razzien ist aus dem chilenischen Missbrauchsskandal, der seit dem Papstbesuch in Chile für weltweites Aufsehen sorgt, ein Fall für die Justiz geworden. Die juristische Auswertung und Aufarbeitung dürfte Monate in Anspruch nehmen.

jv/stu (afp, epd, kna)

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