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Deutsche Reaktionen auf Razzien in Russland

Richard Fuchs (rtr, afp, kna)27. März 2013

Die Bundesregierung verurteilt die Durchsuchungen russischer Behörden bei deutschen politischen Stiftungen in Moskau und Sankt Petersburg. Selbst ein Schaden für die Beziehungen sei möglich.

Menschenrechtsorganisation "Memorial", Eingangstür, Moskauer Büro Foto: Egor Winogradow, DW Jahr/Ort: 2013/Moskau
Bild: DW

Die deutsche Bundesregierung verschärft den Ton gegenüber Russland im Streit um die Durchsuchung von Büros politischer Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen. Hatte sich das Außenministerium tags zuvor noch zurückhaltend geäußert, so ließ Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch keinen Zweifel mehr an der Haltung der Bundesregierung.

"Unsere Stiftungen und ihre Partner aus der russischen Zivilgesellschaft tragen ganz erheblich Anteil an der Entwicklung der deutsch-russischen Beziehungen", sagte Seibert daraufhin. "Maßnahmen, die ihre wichtige Arbeit beeinträchtigen oder gar kriminalisieren, fügen unseren Beziehungen Schaden zu." Beamte der russischen Staatsanwaltschaft hatten die Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Sankt Petersburg sowie der Vertretung der deutschen Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Moskau durchsucht.

Beeinträchtigung der Arbeit politischer Stiftungen verurteilt

Der Regierungssprecher verwies darauf, dass die Bundesregierung eine schnelle Klärung der Vorfälle durch die russische Seite fordert. "Wir erwarten, dass die bewährte Arbeit der deutschen, politischen Stiftungen in Russland reibungslos fortgesetzt werden kann." Russland ist weltweit das einzige Land, in dem alle sechs politischen Stiftungen Deutschlands ein Auslandsbüro unterhalten. Das Auswärtige Amt in Berlin hat daraufhin Vertreter aller politischen Stiftungen ins Außenamt eingeladen, um sich über mögliche weitere Razzien und ihre Auswirkungen auf die praktische Arbeit der Stiftungen unterrichten zu lassen.

Regierungssprecher Steffen SeibertBild: picture alliance/dpa

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, man gehe zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass es sich um eine konzertierte Aktion handle, "die explizit, bewusst, ausdrücklich gegen deutsche Institutionen gerichtet wäre". Am Dienstag hatte das Auswärtige Amt den russischen Gesandten zu einem Gespräch ins Kanzleramt zitiert. Über Ergebnisse oder Inhalte des Gesprächs sei allerdings stillschweigen vereinbart worden, sagte ein Sprecher.

Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth beklagte ein zu zögerliches Vorgehen der Bundesregierung. "Deutschland und die EU müssen die Repression gegen NGOs und Stiftungen gegenüber Russland viel deutlicher zu Sprache bringen.“

Pöttering: Alarmierender Vorgang

02:35

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"Alarmierender Vorgang"

Am Dienstag waren Beamte der russischen Staatsanwaltschaft erneut in der Vertretung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Sankt Petersburg erschienen. Dort beschlagnahmten sie Computer mit der Begründung, die Lizenzen für die verwendete Software sollten überprüft werden. Auch die deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) erklärte, ihr Moskauer Büro werde "in diesen Tagen" durch die Staatsanwaltschaft kontrolliert. Dabei handele es sich nach Auskunft der Behörde "um eine planmäßige Inspektion ohne besonderen Anlass".

Der KAS-Vorsitzende Hans-Gert Pöttering sagte im DW-Interview, die Vorgehensweise der Behörden sei "ein alarmierender Vorgang". Politische Stiftungen und Nicht-Regierungsorganisationen leisteten einen wichtigen Beitrag für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, betonte der ehemalige Präsident des Europa-Parlaments. "Jede Behinderung ihrer Arbeit schädigt die demokratische Entwicklung", so Pöttering weiter.

Deutliche Kritik am Vorgehen der russischen Behörden kam am Dienstag auch von den anderen Parteien in Deutschland.

"Register ausländischer Agenten"

Medienberichten zufolge überziehen russische Behörden seit Tagen in einer konzertierten Aktion Hunderte von Nichtregierungsorganisationen mit Kontrollen. Dazu gehören auch die größte russische Menschenrechtsorganisation Memorial, die Moskauer Helsinki Gruppe und Amnesty International.

Im vergangenen Jahr war in Russland ein neues Gesetz in Kraft getreten, nachdem sich Organisationen mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland in ein Register "ausländischer Agenten" eintragen müssen. Die Bundesregierung hatte daraufhin vor möglichen negativen Auswirkungen des Gesetzes gewarnt.

Nach Angaben von Regierungssprecher Seibert plant die Bundeskanzlerin, die Vorgänge bei direkten Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu thematisieren. Die für Anfang April geplante Eröffnung der weltgrößten Industrieschau Hannover Messe durch die Kanzlerin im Beisein von Putin sei dadurch allerdings nicht gefährdet. Die Kanzlerin halte es nach wie vor "vollkommen angemessen", dass der russische Präsident als Vertreter des diesjährigen Gastlandes der Schau mit 6500 Ausstellern die Eröffnung übernehme.