Leipzig ist Tabellenzweiter - obwohl dem Team ein Torjäger fehlt. Trainer Julian Nagelsmann macht aus der Not eine Tugend. Sein Rezept: mit Flexibilität überraschen.
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"Wir brauchen einen Goalgetter", sagte Julian Nagelsmann schon vor dem Anpfiff dem Fernsehsender "Sky" und räumte ein: "Wir haben keinen 1:1-Ersatz für Timo." Der Trainer von RB Leipzig meinte seinen Ex-Torjäger Timo Werner. Der Nationalstürmer, in den vergangenen Spielzeiten eine sichere Torbank der Leipziger, verdient seit vergangenem Sommer sein Geld beim FC Chelsea (und wird seit dieser Woche dort von Thomas Tuchel trainiert).
Doch auch ohne Werner steht Leipzig in der Tabelle der Fußball-Bundesliga nach 19 Spieltagen auf Platz zwei hinter dem FC Bayern - nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg gegen Bayer 04 Leverkusen sogar mit einem satten Polster von fünf Punkten vor dem neuen Tabellendritten Eintracht Frankfurt.
Sörloths ungenutztes Potential
Das Verfolgerduell offenbarte, was in der Regel passiert, wenn sich zwei Mannschaften ohne "Knipser" gegenüberstehen: Tore sind Mangelware. "In so einem Spiel bekommt man nicht viele Großchancen", sagte ein enttäuschter Bayer-Trainer Peter Bosz, "und die wenigen musst du reinmachen."
Das fiel auch den Leipzigern sichtlich schwer. Der Norweger Alexander Sörloth, als Ersatz für Timo Werner verpflichtet, enttäuschte erneut über weite Strecken. Bis auf einen Pfostenschuss blieb er blass. Erst einmal hat er bisher in der Bundesliga für Leipzig getroffen. "Sörloth hat Potential, das er bisher noch nicht abgerufen hat", sagte RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff nach der Partie gegen Leverkusen. "Daran muss der Junge noch arbeiten."
Kein RB-Profi traf bisher häufiger als viermal
Den Unterschied in einem kampfbetonten Spiel machte am Ende ein technisches Kabinettstückchen. Der 23 Jahre alte Franzose Christopher Nkunku legte sich den Ball per Lupfer an drei verdutzten Leverkusener Spielern vorbei auf den rechten Fuß und vollstreckte dann mit einem satten Schuss aus 13 Metern ins linke Eck.
Nkunku (r.) hat abgezogen - Leverkusens Torwart Hradecky streckt sich vergebensBild: Hannibal Hanschke/REUTERS
Für den Mittelfeldspieler war es der dritte Saisontreffer. Damit rückte Nkunku schon in die Nähe der erfolgreichsten RB-Torschützen Emil Forsberg, Yussuf Poulsen und Angelino, die bisher jeweils viermal trafen. Nur viermal, ließe sich hinzufügen. "Mit Flexibilität überraschen", nennt RB-Geschäftsführer Mintzlaff die Fähigkeit von Trainer Nagelsmann, das Fehlen eines klassischen Torjägers zu kompensieren.
Was wäre wenn?
Kein Wunder, dass Nagelsmann in seiner Analyse des Spiels gegen Leverkusen vor allem die Defensive lobte: "In der zweiten Halbzeit haben wir sehr leidenschaftlich verteidigt und reichlich Kontergelegenheiten gehabt, ein Tor erzielt und hätten noch mehr machen können." Was wäre, so fragt sich der Beobachter, wenn die Leipziger einen Torjäger wie den Frankfurter Andre Silva (16 Saisontore) in ihren Reihen hätten? Den Dortmunder Erling Haaland (14) oder den Hoffenheimer Andrej Kramaric (13) – von Weltfußballer Robert Lewandowski (24) ganz zu schweigen? Dann wäre RB nicht nur Tabellenzweiter, sondern könnte den FC Bayern auch wirklich ins Schwitzen bringen.
Die Top-Torjäger der Bundesliga
Tore sind das Wichtigste im Fußball. Stürmer, die oft ins gegnerische Tor treffen, genießen bei den Fans Heldenstatus. Die Bundesliga hat viele große Torjäger erlebt - diese zehn waren am erfolgreichsten.
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10. Klaus Allofs - 177 Tore
Als Klaus Allofs 1981 aus Düsseldorf zum 1. FC Köln wechselte, bedeutete seine Ablösesumme von 2,25 Millionen Mark (1,15 Millionen Euro) einen Bundesliga-Rekord. Allofs erzielte für die Fortuna, den FC und später für Werder Bremen insgesamt 177 Bundesliga-Tore. In Bremen spielte er am Ende seiner Karriere, nachdem er zuvor einige Jahre in Frankreich war.
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9. Dieter Müller - 177 Tore
Dieter Müller hält bis heute einen Bundesliga-Rekord: Am 17. August 1977 erzielte er beim 7:2-Sieg des 1. FC Köln gegen Werder Bremen sechs Tore. Außer für den FC, war Müller auch für Offenbach, Stuttgart und Saarbrücken in der Bundesliga aktiv. Zwischen 1977 und 1986 machte Müller insgesamt 303 Bundesliga-Spiele. Für seine 177 Tore benötigte er damit 121 Spiele weniger als Klaus Allofs.
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8. Stefan Kuntz - 179 Tore
Bochum, Uerdingen, Kaiserslautern, noch einmal Bochum und schließlich Bielefeld - Stefan Kuntz spielte nie für einen der großen Bundesliga-Klubs. Trotzdem war der gelernte Polizist zweimal Torschützenkönig: 1986 in Bochum, 1994 in Diensten des FCK noch einmal. Mit Kaiserslautern feierte Kuntz auch seine größten Erfolge: DFB-Pokalsieg 1990 und Meisterschaft 1991.
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7. Ulf Kirsten - 181 Tore
"Der Schwatte", wie er genannt wurde, war schon bei Dynamo Dresden in der DDR-Oberliga ein gefährlicher Torjäger. 1990 wechselte Kirsten zu Bayer 04 Leverkusen. Er hielt der Werkself bis zum Karriereende im Jahr 2003 die Treue und lief insgesamt 350 Mal für Leverkusen in der Bundesliga auf. Kirsten gewann dreimal die Torjäger-Kanone der Liga.
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6. Claudio Pizarro - 197 Tore
1999 kam der Peruaner als 20-Jähriger zu Werder Bremen. Mit Ausnahme eines kurzen Intermezzos beim FC Chelsea blieb "Pizza" der Bundesliga anschließend treu. Zweimal wechselte er von Bremen zum FC Bayern (2001 und 2012). Nach einer Saison in Köln schloss sich der damals 40-Jährige 2019 zum insgesamt fünften Mal dem SV Werder an, wo seine Karriere im Sommer 2020 endete.
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5. Manfred Burgsmüller - 213 Tore
Zwischen 1967 und 1990 beschäftigte das Schlitzohr "Manni" Burgsmüller die gegnerischen Verteidiger mit seinen Dribblings. Er spielte für Essen, Dortmund, Nürnberg und Bremen in der Bundesliga und ist mit 135 Toren Rekordschütze des BVB. Nach seiner Fußball-Karriere war Burgsmüller sechs Jahre lang Kicker des American-Football-Teams Rhein Fire. Im Mai 2019 starb er im Alter von 69 Jahren.
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4. Jupp Heynckes - 220 Tore
Bevor Heynckes als Trainer große Erfolge feierte, war er einer der besten deutschen Stürmer. Vierzehn Jahre lang spielte er in der Bundesliga für Borussia Mönchengladbach (1965-1967 und 1970-1978) und Hannover 96 (1967-1970). Heynckes ist mit 195 Toren der Rekordschütze der Mönchengladbacher. Hier erlebte er als Teil der "Fohlen-Elf" seine erfolgreichste Zeit und wurde viermal deutscher Meister.
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3. Klaus Fischer - 268 Tore
Fast 40 Jahre lang war er die Nummer zwei der Bundesliga-Torjäger hinter Gerd Müller gewesen. Dann kam Robert Lewandowski, der für 268 Treffer 190 Spiele weniger benötigte. Am häufigsten traf Fischer für Schalke 04 (182). Außerdem war er für 1860 München, den 1. FC Köln und den VfL Bochum aktiv. Fischers Bundesliga-Karriere dauerte 20 Jahre (1968 - 1988). Er stand insgesamt 535 Mal auf dem Platz.
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2. Robert Lewandowski - 312 Tore
Meisterschaften, DFB-Pokale, die Champions League und die Auszeichnung zum Weltfußballer - der Pole gewann alles und wurde zu einer Institution in der Bundesliga. 2010 wechselte er von Lech Posen zu Borussia Dortmund. Von 2014 bis 2022 traf er für die Bayern und brach bis zu seinem Wechsel nach Barcelona Rekorde, zum Beispiel in der Spielzeit 2020/21 mit 41 Saisontoren - eins mehr als Gerd Müller.
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1. Gerd Müller - 365 Tore
Der Torrekord des "Bombers" ist und bleibt unerreichbar. Zwischen 1965 und 1979 lief Müller in der Bundesliga ausschließlich für die Bayern auf. Der Stürmer, der aus jeder Lage ein Tor machen konnte, wurde viermal Meister, siebenmal Torschützenkönig. In fünf Spielzeiten schoss er mehr Tore, als er Spiele absolvierte. Müller erkrankte im Alter an Alzheimer und starb im August 2021.