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Rebecca Martin

Silke Wünsch20. September 2015

Ihren ersten Roman hat sie geschrieben, als sie noch in der Schule war. Er wurde ein Bestseller. Aber Rebecca hat noch andere Sachen im Sinn als nur Bücher zu schreiben.

Generation 25 Rebecca Martin Schriftstellerin aus Berlin
Bild: DW/S. Wünsch

Ein milder Spätsommertag in Berlin. Am Schloss Charlottenburg lassen sich Touristen vor dem imposanten Haupteingang fotografieren, die Sonne strahlt auf ein Meer aus Blumen und Blüten im Schlossgarten. Im Park gibt es genug Plätze, an denen man für sich sein kann; versteckt unter großen Bäumen, in kleinen Buchten am Ufer des Teiches. Rebecca Martin ist gerne hier. "Das ist definitiv mein Lieblingsplatz in Berlin", sagt sie, fährt sich durch die langen Haare und atmet genussvoll die frische Luft ein.

Sie wohnt ganz in der Nähe des Schlosses im gleichnamigen Stadtteil Charlottenburg – am westlichen Rand von Berlin und doch irgendwie zentral, weit weg vom Kreuzberger Kiez, wo sie aufgewachsen ist. Weit weg vom Trubel, von dem Leben, das die junge Schriftstellerin in ihren Büchern beschreibt. Party, Clubs, Sex, das pralle Leben der Menschen, die die Zukunft vor sich haben, denen die Welt offen steht, die vor lauter Möglichkeiten manchmal gar nicht sehen können, wo sie hin wollen.

Rebecca weiß es ziemlich genau. Sie will einmal Drehbuchautorin sein. Sie liebt Filme, und sie liebt das Schreiben. Sie mag gute Geschichten und hat Spaß daran, gute Geschichten zu erfinden.

Bild: DW/S. Wünsch

Ganz nah dran

In ihren Büchern schlüpft sie in die Rollen ihrer Protagonistinnen und erzählt aus der Ich-Perspektive: Eine Schülerin kurz vorm Abi, die im Berliner Nachtleben die große Liebe sucht ("Frühling und so"). Eine 19-jährige Schriftstellerin, die nach ihrem ersten Erfolg in ein Loch fällt ("Und alle so yeah"). Oder eine junge Frau, die ihre langjährige Beziehung in Frage stellt ("Nacktschnecken"). Jedes Buch für sich ein detailverliebtes und realistisches Spiegelbild der jungen Generation auf dem Weg zum "erwachsen" werden.

Der erste Roman ging durch die Decke. Da hatte Rebecca noch gar nicht das Abitur. Dafür aber jede Menge Presse, gute und schlechte. Ja, sie hat über Sex geschrieben. Warum auch nicht - dennoch tat die ganze Welt plötzlich so, als hätten Teenager keinen Sex. Dabei wurde fast übersehen, dass es in "Frühling und so" um das Leben, die Gedanken, Fragen und Gefühle eines 17-jährigen Mädchens auf der Suche nach sich selbst ging. Autobiografisch? Nur bedingt. Gerne und oft wird Rebecca danach gefragt. Doch sie ist anders als ihre Hauptfiguren. Viel scheuer und zurückhaltender - und straighter.

Luxusstudium

Rebeccas Zukunft wird sich nicht am Schreibtisch abspielen. Sie kennt ihren Weg schon. Das Kino hat es ihr angetan, sie studiert an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin mit Schwerpunkt Drehbuch. Und sie hat einen Platz an der renommiertesten Filmhochschule Englands, der National Film and Television School, bekommen. Demnächst wird sie zwischen London und Berlin hin- und herpendeln.

Schon jetzt macht ihr das Studium enorm viel Spaß. "Wir machen schon viele geile Sachen. Natürlich auch ganze Filme. Die laufen dann zum Beispiel auf Festivals – je nachdem, ob wir sie einreichen. Es ist schon ein krasser Luxus, sowas studieren zu können. In unserer Drehbuchklasse sind wir nur acht Leute, die Regisseure und Kameraleute bekommen Budgets um die Filme zu realisieren. Wir haben unheimlich viele Möglichkeiten." Und wer weiß. Vielleicht sei auch mal Hollywood drin, sagt Rebecca vorsichtig.

Bild: DW/S. Wünsch

"Social Media ist mir zu gruselig"

Das Internet ist so gar nicht ihrs. Sie hat es abgeschafft - seit zwei Jahren habe sie keinen Anschluss zu Hause, sagt sie, und ja, es gehe ihr sehr gut damit. Trotzdem hat sie eine Facebookseite. "Ich versuche, da einigermaßen aktiv zu sein. Aber ich wünschte, ich wüsste ein bisschen besser, wie Facebook und Twitter und Instagram funktionieren. Ehrlich gesagt, bin ich aber auch ein bisschen zu faul dazu. Und auch zu scheu davor, mich die ganze Zeit so mitzuteilen und von mir Dinge preiszugeben, die ich nicht preisgeben will. Und Meinungen im Netz – das ist sowieso eine Sache für sich. Sich politisch zu äußern, da ist man ja persé vorsichtig - ein falsches Wort und dann… das ist mir zu gruselig."

Rebecca hasst es, sich stundenlang im Netz aufzuhalten und nach Dingen zu suchen. Genauso wenig mag sie das, was doch eigentlich alle Frauen mögen (sollten): Shoppen. Sie trägt gerne schöne Sachen, sagt sie, aber sie will nicht danach suchen. Dazu ist ihr die Zeit zu kostbar. Die verbringt sie nämlich lieber draußen, in der Natur - an Orten wie diesem hier im Charlottenburger Schlosspark.

Und noch lieber in der "richtigen" Natur, etwa am Meer. "Das Meer tut mir gut, es ist gut für die Haut und fürs Gemüt. Das Meer gibt einem so eine andere Perspektive. Es ist so schön endlos. Ich liebe die Berge auch, aber das ist was anderes, da sind Grenzen. Das Meer aber ist frei. Für die Psyche ist es was ganz anderes am Meer zu stehen."

Lange Tafeln im Grünen mit weißen Tischdecken

Rebecca genießt gerne. Sie liebt das Essen, mag es, wenn sich ein Haufen Leute an einen großen Tisch setzt und miteinander speist. Feines selbstgekochtes Essen, guter Wein - und das am besten stundenlang und mit Freude am Genuss, am besten natürlich an langen Tafeln unter Obstbäumen mit weißen Tischdecken. "Italienisch oder französisch, mit Käse und Baguette und Wein, ja, das ist saugeil." Rebecca schätzt die südländische Art, sich für das Essen Zeit zu nehmen, gesellig zu sein, und dass der Tisch voll beladen ist. "So ein Abendbrot - das ist schon was sehr Deutsches. Ein Graubrot mit ein paar Gurkenscheiben und ... Wurst. Und dazu ein Apfelsaft oder Kakao." Eine offenbar absurde Vorstellung, die sie zum Lachen bringt.

Bild: DW/S. Wünsch

Und jetzt kommt Rebecca in Fahrt: "Ich gebe mit Abstand das meiste Geld für Essen aus. Und ich habe auch sehr viele Freunde, denen es ähnlich geht. Die traurigen Phasen in meinem Leben sind die, wenn ich kein Geld fürs Essen habe."

Dann verrät sie noch, was zu ihren absoluten Leibspeisen gehört: "Porridge. Ich bin total der Porridge-Esser. Das liegt an meiner angelsächsischen Herkunft. Das Lieblingsrezept meiner englischen Großeltern ist Porridge, also Haferbrei, mit Butter und Whiskey und Rohrzucker. Und etwas Milch. Das ist so geil. Daran orientiere ich mich, das ist genau die richtige Einstellung zum Leben."

"Da, wo meine Eltern wohnten, war die Mauer"

Rebeccas Familie stammt nicht aus Deutschland. Sie ist die Tochter eines britisch-australischen Ehepaars, das in den 80ern nach Westberlin zog, in das damilige Künstler- und Anarcho-Viertel Kreuzberg. Ihre Verwandtschaft ist rund um den Globus verteilt. In ihrer frühen Kindheit kam das Thema "Deutsche Teilung" gar nicht an sie heran. "Da wo meine Eltern wohnten, war die Mauer. Das war's aber auch schon." In der Schule gab es manchmal Berührungspunkte mit der jungen deutschen Geschichte, etwa wenn ihre Mitschüler damals noch unterschieden zwischen Kindern, die in der Noch-DDR oder Noch-BRD geboren waren oder schon im wiedervereinten Deutschland. Für Rebecca spielte das keine große Rolle.

Und so ist auch der 3. Oktober für sie ein Tag wie jeder andere, vor allem während der Semesterferien. "Mein Leben ist momentan einfach so gestaltet, dass sich Wochentage von Feiertagen nicht großartig unterscheiden."

Bild: DW/S. Wünsch
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