Rebellen-Abschiebung endet im Chaos
17. Dezember 2014Etwa einhundert zerlumpte, junge Rebellen stehen in Reih und Glied auf der Landebahn des internationalen Flughafens von Uganda. Hinter ihnen wird eine Maschine startklar gemacht. Sie soll die kongolesischen Kämpfer der M23, der Bewegung des 23. März, zurück in die Demokratische Republik Kongo bringen. Es ist nur ein Bruchteil der rund 1600 Rebellen, die vor einem Jahr in Uganda Schutz gesucht hatten.
Nach 18 Monaten Krieg im Ostkongo, entlang der Grenze zu Uganda, unterlagen sie damals Kongos Regierungsarmee und den UN-Truppen und hatten sich ins Nachbarland zurückgezogen, das ihnen aus historischen und ethnischen Gründen freundlich gesinnt ist. Zähe Friedensverhandlungen endeten in einer Erklärung, die beide Seiten in Kenias Hauptstadt Nairobi unterzeichneten. Die M23 sagte zu, dass sie die Rebellion aufgeben und eine politische Partei gründen wolle. Umgekehrt versprach Kongos Regierung Straffreiheit, sollten die Kämpfer zurückkehren. Seitdem ist kaum etwas geschehen. Die M23-Rebellen lebten in einem Lager in Westuganda, unter Aufsicht von Ugandas Armee. Sie fühlten sich sicher - bis vor wenigen Tagen, sagt M23-Chef Bertrand Bisimwa: "Ugandas Staatschef hat uns informiert, dass eine kongolesische Delegation hier ist. Aber sie wollten nicht mit uns sprechen. Sie ließen nur ausrichten, dass wir uns auf die Rückkehr vorbereiten sollen. Sonst nichts."
Panik und Flucht der Rebellen
Die beiden Regierungen entschieden, die Kämpfer in ihre Heimat Kongo abzuschieben. Als am Dienstagvormittag Lastwagen in dem Lager ankamen, um die Kämpfer zum Flughafen abzutransportieren, machte sich Panik breit. Im Chaos rannten mehr als eintausend Rebellen davon. Einige suchten in einem nahegelegenen Flüchtlingslager Schutz, in welchem Kongolesen untergebracht sind, die einst vor den M23 geflohen waren. Auch dort brach Panik aus. Ugandas Armeesprecher Paddy Ankunda versprach, die Lage unter Kontrolle zu bekommen. "Der Plan der Rückführung ist gut vorbereitet worden. Wir hatten damit gerechnet, dass sie bereit seien."
Kongos Regierung hatte im vergangenen Jahr ein Amnestie-Gesetz erlassen. Unter diesem haben alle Milizen die Chance, freiwillig die Waffen niederzulegen. Auch in Uganda haben die M23-Rebellen Amnestie-Anträge ausgefüllt. Kongos Justizminister hat Listen aufgesetzt. Doch darauf stehen nur rund 400 M23-Kämpfer - darunter nur wenige Angehörige der Tutsi-Minderheit, also jenes harten Kerns der M23, der die Rebellion anführte.
In den Augen der Regierung werden die Tutsi nicht als Kongolesen betrachtet. Sie gelten als Söldner des Nachbarlandes Ruanda. Deswegen fürchten die meisten M23-Rebellen, in ihrer Heimat Kongo nicht sicher zu sein. Ugandas Präsident Yoweri Museveni hatte ihnen Asyl versprochen. Doch der Druck der internationalen Gemeinschaft zwang Uganda regelrecht dazu, die Abschiebung einzuleiten. Stets hatte den die Vereinten Nationen Uganda vorgeworfen, die M23 zu unterstützen
Theater für den Frieden
Ugandas Außenminister Okello Oryem klingt wütend, als er die 120 Rückkehrwilligen am Flughafen seinem kongolesischen Amtskollegen übergibt: "Ich habe es satt, dass die Internationale Gemeinschaft Uganda stets beschuldigt, den Friedensprozess in der Region zu untergraben. Sie sollen sich schämen. Diese Männer sind der Beweis!"
Die Übergabe der M23-Kämpfer nachts am Flughafen wirkt wie ein Theater, um die UN zufrieden zu stellen. Uganda und Kongos Regierung gelten normalerweise als spinnefeind. Auch wenn nur ein Bruchteil der Kämpfer ausgeflogen wurde - Kongos Regierungsdelegation sei erst einmal zufrieden, sagt Francois Muamba, Chefkoordinator für die Umsetzung des Abkommens: "Heute ist ein großer Tag. Denn wir haben vor einem Jahr in Nairobi zugesagt, Friede in der Region herzustellen. Und diese jungen Männer hier haben entschieden, auch von M23-Seite aus zu dieser Entwicklung beizutragen, indem sie zurückkehren. Sie sind willkommen, wir haben ihnen ein Demobilisierungsprogramm eingerichtet."
Die 120 Kämpfer wurden noch in der Nacht in ein Militärlager im Süden des Kongo gebracht. Dort sollen sie entscheiden, ob sie sich in die Armee integrieren lassen oder ein ziviles Leben beginnen wollen. Was mit den übrigen M23-Rebellen in Uganda geschehen wird, ist unklar. Nach einer Nacht im Busch sind sie wieder in das Lager zurückgekehrt. Dort muss Ugandas Armee jetzt einen anderen Weg finden, mit ihnen umzugehen.