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Rebelo: "Die Stadien werden viel teurer"

Mariana Santos5. Juni 2013

Ein Jahr vor der Fußball-WM in Brasilien hinkt das Land dem Zeitplan hinterher, der Präsident des Fußballverbands steht unter Korruptionsverdacht. Wie der Sportminister auf die WM blickt, verrät er im DW-Interview.

Aldo Rebelo (Foto: Joscha Weber/DW)
Aldo RebeloBild: DW/J.Weber

Je näher die Fußball-Weltmeisterschaft kommt, desto voller wird der Terminkalender von Brasiliens Sportminister Aldo Rebelo. Und umso mehr kritischen Fragen muss sich er sich stellen. Denn genau ein Jahr vor Anpfiff der WM ist erst die Hälfte der zwölf Stadien fertig. Auch der Ausbau von Flughäfen, Straßen und öffentlichem Nahverkehr kommt nur schleppend voran: Von den geplanten Infrastrukturprojekten sind gerade 25 Prozent abgeschlossen. Für die Verzögerung ist auch die Fifa mit verantwortlich, erklärte Sportminister Rebelo im DW-Interview.

DW: Noch rund ein Jahr, dann beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Sind sie nervös?

Aldo Rebelo: Wir bekämpfen die Nervosität mit Arbeit. Die WM ist ja kein Mysterium - sie wiederholt sich alle vier Jahre mit ein paar kleinen Änderungen. Wir schauen einfach, was bei der vorangegangenen WM gemacht wurde und versuchen, die Vorbereitungen an die Verhältnisse in unserem Land anzupassen.

Aber beunruhigt es Sie nicht, dass erst ein Viertel der Infrastrukturprojekte fertig gestellt wurden?

Wir achten auf den Zeitplan, den wir mit den Bundesstaaten und Austragungsstädten vereinbart haben. Das Wichtigste sind jetzt die Stadien, sechs werden zum Konföderationen-Pokal übergeben, also ein Jahr vor der WM. Die anderen sechs wollen wir bis Dezember 2013 fertig stellen. Ich glaube eigentlich nicht, dass es beim Zeitplan für diese Bauvorhaben zu Verzögerungen kommen wird.

Das WM-Stadion in Sao Paulo ist eines der Sorgenkinder - es wird wohl erst als letzte Arena fertigBild: picture-alliance/dpa

Aber es gab bereits Verzögerungen ...

Es stimmt, nur zwei Stadien wurden wie ursprünglich vorgesehen bis Dezember 2012 fertig gestellt. Die anderen waren erst  im April und Mai dieses Jahres soweit. Klar, wir hätten es auch lieber gesehen, wenn die Fristen für Dezember eingehalten worden wären. Aber in Brasilien sind die Kontrollen in Stadien und auf dem Bau sehr streng. Sie können sogar die Bauarbeiten zum Erliegen bringen. Auch Streiks haben Stillstand verursacht. All dies hat zu Abweichungen beim ursprünglichen Zeitplan geführt. Aber dies gefährdet in keinster Weise die Austragung der WM. Ähnliche Fälle gab es schon bei den Olympischen Spielen in Peking, in London und genauso bei der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und in Polen. Manche Verspätungen gehen auch auf das Konto der Fifa. Die Informationen über die genaue Ausstattung für die Stadien kommen nicht immer rechtzeitig bei uns an. Aber ich glaube, dass weder diese Verzögerungen noch die verspätete Übergabe der Stadien die Austragung des Confed-Cups oder der WM gefährden.

Besteht die Gefahr, dass in einem der WM-Stadien keine Spiele ausgetragen werden können, weil es nicht rechtzeitig fertig wird?

Nein, alle Stadien werden fristgemäß übergeben, entweder zu Beginn der WM 2014 oder  zum Confed-Cup im Juni 2013.

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Warum sind die Kosten für die Stadien so viel höher als ursprünglich geplant?

Die Stadien sind wirklich sehr viel teurer geworden. Ein Beispiel: Als Corinthians [Sao Paulos größter Fußballclub) sein Stadion geplant hat, setzte der Verein die Kosten dafür auf umgerechnet rund 143 Millionen Euro an. Pro Spiel rechnete man mit rund 40.000 Zuschauern. Als die "Arena Corinthians" dann zum WM-Stadion wurde, haben sich die Kosten für die Renovierung wegen der Anforderungen der Fifa fast verdoppelt. Denn dort findet das Eröffnungsspiel statt, es kommen Staatsoberhäupter und ungefähr 18.000 akkreditierte Journalisten, es gibt VIP-Bereiche und zusätzliche Fahrstühle mussten eingebaut werden.

Kann die Regierung die Sicherheit während der WM garantieren?

Es ist sehr bedauernswert, dass große sportliche Veranstaltungen durch tragische Ereignisse überschattet werden, wie zum Beispiel das Attentat von Boston. Die brasilianische Regierung hat alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen, auch das Verteidigungsministerium und der brasilianische Geheimdienst (Abin) sind daran beteiligt. Es wurde in die Einrichtung von Kommandozentralen für jeden Bundesstaat investiert. Außerdem stehen wir in engem Kontakt mit unseren Nachbarländern, um die Sicherheit an den Grenzen zu gewährleisten. Die Regierung gibt umgerechnet knapp zehn Milliarden Euro für die WM aus, die Ausgaben für Sicherheit sind darin enthalten.

Brasiliens Polizei bereitet sich auf Einsätze während der WM im kommenden Sommer vorBild: SSP-RJ

Warum hat es bei einigen Bauvorhaben so lange gedauert, bis die Regierung sich beteiligt hat?

Wir waren nicht Mitglied des lokalen Organisationskomitees. Erst nach einer Unterredung mit der Fifa wurde unsere Mitwirkung erbeten. Für den Bau der Stadien sind wir nicht zuständig, einige sind in privater Hand, andere gehören den jeweiligen Landesregierungen. Wir beteiligen uns nur indirekt mit Krediten. Die brasilianische Regierung kümmert sich um den Ausbau der Infrastruktur.

Wie sieht es denn damit aus?

Alle Flughäfen befinden sich derzeit im Umbau. 2014 werden sie wahrscheinlich über die doppelte Kapazität verfügen. Wir haben keine Probleme mit der Infrastruktur, sondern mit dem Betrieb der Flughäfen. Wir brauchen nicht die WM abzuwarten, um das zu verbessern. Im Übrigen wird niemand von Brasilien erwarten, dass wir mit der gleichen Infrastruktur aufwarten wie Deutschland, England oder die USA. Wir sind in unserer Entwicklung nicht auf dem gleichen Stand – doch im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir eine tolle WM austragen.

Gegen den Chef des brasilianischen Fußballverbands CBF (Confederacao brasileira de futebol), José Maria Marin, wurden jüngst schwere Vorwürfe wie Korruption und Verstrickungen in die Militärdiktatur erhoben. Schaden diese Vorwürfe dem Bild der WM in Brasilien?

Die brasilianische Regierung hat weder Einfluss auf die Zusammensetzung der lokalen Organisationskomitees noch auf die Wahl des Präsidenten der CBF. Das ist eine Entscheidung der Fifa. Laut Gesetz darf die Regierung sich nicht einmischen, da es sich um private Organisationen handelt.  Wir glauben jedoch, dass Sport, und Fußball im Besonderen, Themen von nationalem und öffentlichem Interesse sind. Der Fußball repräsentiert unser Land. Die Nationalmannschaft spielt in den Farben unseres Landes. Ich meine, die Regierung sollte im Bereich Sport stärker regulierend eingreifen können - vor allem im Fußball. Doch leider besteht diese Möglichkeit nicht, wie der Fall der CBF-Präsidentschaft beweist.

Wie sieht es denn mit den Investitionen in der Sportförderung aus? Was tut Brasilien, damit seine Athleten bei den olympischen Spielen 2016 gut abschneiden?
 

Die Olympischen Spiele und die WM werden für ein, zwei Monate nach Brasilien kommen. Was uns jenseits der Medaillen interessiert, ist das langfristige Erbe für das Land. Wir haben ein nationales Programm für die nachhaltige Nutzung der WM und der olympischen Spiele aufgelegt. Der brasilianische Sport und auch der Fußball wird eine ausgezeichnete Infrastruktur bekommen. Der Sport, die Vereine, unsere Wettkämpfe, alles soll internationaler werden und mehr Anerkennung erhalten. Zwei Drittel der 26 brasilianischen Stadien haben nicht einmal eine offizielle Laufbahn - jetzt erhalten sie zumindest eine minimale Infrastruktur. Außerdem wollen wir, dass alle Stadien zumindest ein olympisches Schwimmbecken bekommen, das haben nur die wenigsten. Im Rahmen des Investitionsprogramms für die olympischen Spiele entstehen außerdem 5000 Fußballfelder an öffentlichen Schulen entstehen und 5000 bereits bestehende Plätze werden überdacht.

Zum Schluss: Wird Brasilien die WM gewinnen?

Ich glaube ja. Es ist immer besonders bitter, wenn ein Gastgeberland die WM verliert, insbesondere im Finale. Brasilien, wie viele andere Länder auch, hat diese Erfahrung schon hinter sich. Mit einem brasilianischen Sieg wäre die WM-Party perfekt.

Das Gespräch führte Mariana Santos