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Recherche: AfD-Leute bei Geheimtreffen mit Rechtsextremisten

10. Januar 2024

AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer sollen sich im November getroffen haben, um die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu besprechen. Das haben Medienrecherchen ans Licht gebracht.

Berlin | Gästehaus in Potsdam (10.01.2024)
Gästehaus in Potsdam: Geheimtreffen zur "Remigration" im NovemberBild: Jens Kalaene/dpa/picture alliance

Die Alternative für Deutschland (AfD) ist gerade im Umfragehoch. Nun sind Machenschaften von Mitgliedern der rechtspopulistischen Oppositionspartei ans Licht gekommen: AfD-Politiker sollen im November in Potsdam an einem Geheimtreffen teilgenommen haben, zu dem Rechtsextremisten eingeladen hatten. Bei der Zusammenkunft in der Stadt im Osten Deutschlands soll über einen "Masterplan" zur Migrationspolitik gesprochen worden sein, wie das Medienhaus Correctiv berichtet.

Das Treffen fand in einem Gästehaus in der Nähe von Potsdam statt. Dazu sollen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckereikette "Backwerk" und bis dato Gesellschafter der Burgerkette "Hans im Glück", Hans Christian Limmer, sowie der Rechtsextremist Gernot Mörig eingeladen haben. Letzterer führte in den 1970er-Jahren den rechtsextremen "Bund Heimattreue Jugend".

Mit dabei auch Martin Sellner, langjähriger Sprecher der rechtsextremen "Identitären Bewegung" Österreichs. Er stellte den Recherchen zufolge bei dem Geheimtreffen einen Plan zur "Remigration" vor, also die Absicht, Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland zu vertreiben. "Ja ich war dort", bestätigte Sellner der Nachrichtenagentur AFP. Er habe in dem Potsdamer Gästehaus "mein Buch und das identitäre Konzept der Remigration vorgestellt".

Ranghohe AfD-Mitglieder auf der Gästeliste

Vonseiten der AfD nahmen den Correctiv-Recherchen zufolge unter anderem der persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig, die Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy und der Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, teil. Ebenfalls vertreten waren demnach unter anderem zwei Mitglieder der rechtskonservativen Werteunion Nordrhein-Westfalens und ein ehemaliges Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius Erasmus Stiftung.

In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, in den auch die Deutsche Presse-Agentur Einblick hatte, heißt es, bei der Veranstaltung werde ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt. Für die Teilnahme werde eine "Mindestspende von 5000 Euro" erhoben.

"Masterplan"-Erfinder Sellner (Archiv): "Ja ich war dort"Bild: Georg Hochmuth/APA/oicturedesk/picture alliance

Sellner soll laut Correctiv aufgezählt haben, wer Deutschland verlassen solle: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und "nicht assimilierte Staatsbürger". Sellner, der als eine der führenden Figuren in der europäischen rechtsextremen Szene gilt, soll "maßgeschneiderte Gesetze" zur Umsetzung des Plans vorgeschlagen haben.

Laut Recherche soll er zudem von einem Gebiet in Nordafrika mit Platz für bis zu zwei Millionen Menschen gesprochen haben, wo die Abgeschobenen leben könnten. Die anwesenden Gäste, auch jene von der AfD, brachten den Recherchen zufolge bei dem Treffen keine Einwände gegen die Pläne vor.

AfD bestätigt Hartwig-Teilnahme

Die AfD reagierte umgehend auf die Veröffentlichung des Correctiv-Berichts und die Teilnahme des persönlichen Referenten Weidels. Ein Sprecher der AfD-Fraktions- und Parteichefin bestätigte Hartwigs Teilnahme an dem Treffen. Doch sei Hartwig von einem Auftritt Sellners dort überrascht worden. Der Sprecher teilte auf Anfrage mit: Weidel "hatte aber keinerlei Kenntnis von den Teilnehmern. Auch Hartwig wusste vorab nichts von Sellner."

AfD-Chefin Weidel (Archiv): "Keinerlei Kenntnis"Bild: AFP

Ein Sprecher der Partei sagte: "Die AfD wird ihre Haltung zur Einwanderungspolitik, die im Parteiprogramm nachzulesen ist, nicht wegen einer Einzelmeinung eines Vortragenden auf einem Treffen, das kein AfD-Termin war, abändern." Hartwig habe dort lediglich auf Einladung ein Social-Media-Projekt vorgestellt, welches er im Aufbau begleite.

Verfassungsschutz beobachtet Entwicklung

Die AfD wird vom deutschen Inlandsgeheimdienst, dem Verfassungsschutz, als rechtsextremistischer Verdachtsfall bewertet und beobachtet. "Niemand sollte diese Gefahr unterschätzen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mit Blick auf die Correctiv-Recherchen dem "Stern". "Wir sind eine wehrhafte Demokratie, die es nicht hinnimmt, dass Rechtsextremisten ihre rassistischen Ausgrenzungs-Pläne schmieden", mahnte Faeser weiter. Auch deren "vermeintlich bürgerliches Antlitz" dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Extremisten sich "gegen das Fundament unserer Demokratie" richten.

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12:03

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Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz warf der AfD in der "Stuttgarter Zeitung" "totalitäre Absichten" vor. Mit diesen müssten sich nun die Sicherheitsbehörden scharf auseinandersetzen. Die Forderungen nach einer "Umvolkung" seien "ganz klar verfassungswidrig", sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der Funke-Mediengruppe. Der Fall zeige, "worauf wir schon lange verweisen: Die AfD versteckt unter dem Mantel der Bürgerlichkeit tiefe braune Abgründe".

Reagiert hat bereits die Restaurant-Kette "Hans im Glück": Geschäftsführung, Inhaberkreis und das gesamte Team seien "zutiefst schockiert über diese Vorwürfe", heißt es in einer Erklärung. Das Unternehmen distanziere sich klar von rechtsextremen Ansichten, "sie stellen das genaue Gegenteil unserer Grundwerte dar." Die Restaurantkette zog sofort Konsequenzen: "Hans im Glück" und ihr Mitgesellschafter Limmer haben sich nach Unternehmensangaben mit sofortiger Wirkung getrennt.

AR/sti (afp, dpa, epd)

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