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Politik

Rechts, zwo, drei, vier

10. September 2018

Schweden ist nur das jüngste Beispiel. Mit Beginn der Flüchtlingskrise haben bei fast allen Wahlen in Europa rechte Parteien zugelegt. Zum Teil sind sie sogar an den Regierungen beteiligt. Ein Überblick.

Symboldbild Rechtsruck in Österreich
Bild: DW/B. Riegert

Italien

Seinen schwedischen Gesinnungsgenossen hatte Italiens Innenminister Matteo Salvini "alles Gute" für die Wahl gewünscht. In Italien ist seine Lega-Partei politisch schon viel weiter als die Schwedendemokraten. Zwar wurde die Lega bei der Wahl im März dieses Jahres nur drittstärkste Kraft, konnte aber im Juni als Juniorpartner in eine Koalition mit der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung unter dem parteilosen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte eintreten. Doch seitdem beherrscht Salvini die politische Bühne mit Breitseiten gegen die EU und Migranten, und zwar so stark, dass er manchmal für den Regierungschef gehalten wird. Salvini beschimpft Flüchtlinge als "Menschenfleisch", verbietet mitunter Rettungsschiffen das Anlegen in italienischen Häfen und versucht, die EU mit der Flüchtlingsfrage zu erpressen. Seine hetzerische Sprache und fremdenfeindliche Politik kommen an. Rund hundert Tage nach dem Amtsantritt der Koalition liegt die Lega in den Umfragen mit weit über 30 Prozent an der Spitze. Bei der Wahl war sie auf gerade einmal 17 Prozent gekommen. Die Fünf-Sterne-Bewegung dagegen schwächelt. Richtung Merkel sagte Salvini kürzlich in einem DW-Interview, sie habe "das Risiko sozialer Konflikte unterschätzt, als sie behauptet hat, es wäre Platz für Hunderttausende dieser Leute in Deutschland". 

Matteo Salvini fühlt sich in seiner Ablehnung von Merkels Flüchtlingspolitik bestätigtBild: DW/A. DeLoore

Österreich

Die Freiheitlichen in Österreich haben bereits eine lange politische Erfahrung. Bereits 1999 war die FPÖ bei einer Nationalratswahl zweitstärkste Partei geworden und hatte eine Koalition mit der konservativen ÖVP gebildet. Das gleiche Bündnis regiert nun seit dem Dezember vergangenen Jahres unter dem ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz. FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache muss sich aber in Österreich kaum um eine harte Asylpolitik kümmern.

"Das Asylproblem ist noch lange nicht gelöst" - Österreichs Vizekanzler Heinz-Christian StracheBild: Reuters/H. Bader

Denn Kurz ist selbst weit nach rechts gerückt und tut alles, um Flüchtlinge von Österreich fernzuhalten. Die FPÖ geht aber immer noch einen Schritt weiter. Innenminister Herbert Kickl will Asylbewerber "konzentriert" an einem Ort halten - was ihm den Vorwurf einer NS-Sprache eingetragen hat. Einzelne FPÖ-Politiker suchen die Nähe zu Burschenschaftlern mit Verbindung zu rechtsextremem Gedankengut. Die FPÖ unterhält auch enge Verbindung zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Putin besuchte vor wenigen Wochen die Hochzeit der FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl.

Deutschland

Bei der Bundestagswahl im September 2017 erreichte die Alternative für Deutschland (AfD) 12,6 Prozent der Stimmen und ist seitdem mit 94 Sitzen drittstärkste Partei im Bundestag und größte Oppositionspartei. Und ihr Zuspruch wächst weiter. Bei Umfragen kommt sie im Moment auf rund 15 Prozent und liegt manchmal sogar vor der SPD, die ebenso wie die CDU/CSU in Umfragen regelmäßig schlechter abschneidet als bei der Wahl. Im jüngsten ARD-"Deutschlandtrend" hat sich die AfD in den östlichen Bundesländern sogar an die Spitze aller Parteien gesetzt. Danach würden jetzt 27 Prozent der Ostdeutschen die AfD wählen, die CDU käme auf nur 24 Prozent. Auch wenn viele Politiker anderer Parteien und Politikwissenschaftler der Alternative für Deutschland eine zunehmende Nähe zum Rechtsextremismus attestieren und eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz fordern, hat das der Partei offenbar nicht geschadet. Als nächstes dürfte die AfD bei den Landtagswahlen in Bayern am 14. und in Hessen am 28. Oktober auch in die letzten deutschen Landtage einziehen, in denen sie bisher noch nicht vertreten war. Die AfD profitiert vor allem davon, dass viele Wähler die anfangs liberale Flüchtlingspolitik von Angela Merkel rigoros ablehnen. 

Die AfD kommt derzeit vor allem in den östlichen Bundesländern in den Umfragen auf SpitzenwerteBild: picture-alliance/M. Scholz

Frankreich

Als Marine Le Pen vom Front National im Mai 2017 im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahl gegen Emmanuel Macron antrat, schien es vielen Beobachtern bei dieser Stichwahl um nichts weniger als die Zukunft Europas zu gehen. Der Europafreund Macron siegte aber schließlich deutlich mit 66 gegen 34 Prozent. Seitdem gilt mindestens Le Pen, wenn nicht die Partei selbst als abgeschrieben. Marine Le Pen setzte zuletzt eine Namensänderung in Nationale Sammlungsbewegung durch. Doch viele Parteianhänger warten nur darauf, dass Le Pens Nichte Marion Maréchal das Ruder übernimmt und hoffen mit ihr auf einen Wiederaufstieg.

Die neue Hoffnungsträgerin der Rechten in Frankreich: Marion MaréchalBild: picture-alliance/AP Photo/J. Martin

Ohnehin sind auch in Frankreich Fremdenfeindlichkeit und Europaskepsis längst salonfähig: Bei der Präsidentschaftswahl gab es neben Le Pen auch andere Kandidaten, die entweder auf Einwanderer oder auf Europa oder auf beides geschimpft haben. Und der Stern von Macron scheint bereits wieder zu verblassen. Möglicherweise hat der Senkrechtstarter von 2017 die populistische Welle nur vorübergehend aufgehalten.

Niederlande

Vor der Parlamentswahl in den Niederlanden im März 2017 herrschte bei den etablierten Parteien und in ganz Europa das große Zittern, wie gut die Freiheitspartei (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders abschneiden würde. Ein Sieg blieb allerdings aus, die PVV landete mit 13 Prozent nur auf Platz zwei des stark zersplitterten niederländischen Parteiensystems, während die Sozialdemokraten fast ausgelöscht wurden. Wie in Schweden mit den Schwedendemokraten wollte auch in den Niederlanden niemand mit der PVV zusammenarbeiten. Nach langen Koalitionsverhandlungen fand sich ein kompliziertes Mitte-Rechts-Bündnis zusammen. Doch Wilders beherrscht mit seiner ablehnenden Haltung zur Migration und zum Islam weiterhin die politische Agenda. Außerdem ist mit Thierry Baudets Forum für Demokratie inzwischen eine zweite Rechtsaußenpartei in der politischen Landschaft aufgetaucht, die fast identische Ziele hat und in den Umfragen zeitweise vor der PVV liegt. Im Unterschied zu Wilders gibt sich Baudet schöngeistig – er spielt Klavier und spricht Latein - und wendet sich damit erfolgreich an das Bildungsbürgertum. Die jeweiligen Stimmenanteile dürften sich damit eher addieren als gegenseitig aufheben.

Klavierspiel, Latein, elegante Anzüge: Rechtsaußen Thierry Baudet spricht mehr das Bildungsbürgertum an Bild: Getty Images/AFP/V. Jannunk
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