Das Netzwerk der Rechtspopulisten in Mitteleuropa
9. Juni 2025
Die CPAC Hungary 2025 war gut besucht. Führende - und angehende - Politiker und Politikerinnen aus dem gesamten rechtspopulistischen politischen Spektrum Europas trafen sich kürzlich zur vierten Ausgabe der US Conservative Political Action Conference (CPAC) in der ungarischen Hauptstadt Budapest.
Dort machten sie ihrem Unmut über eine Bedrohung der nationalen Souveränität Luft, die in ihren Augen von der EU und dem "Gender- und Woke-Wahn" ausgeht, und riefen das neue "Zeitalter der Patrioten" aus. Höhepunkt der Veranstaltung war die Rede des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Von seinen Zuhörern waren einige rund um den Globus gereist, um teilnehmen zu können.
Orban feierte das Chaos, das der "Trump-Tornado" mit sich gebracht habe und rief alle "Konservativen" auf, die sich dadurch eröffnenden Chancen zu ergreifen: "Wir müssen nach Hause gehen und jeder muss seine eigenen Wahlen gewinnen. Nach Amerika werden auch wir Europäer uns unsere Träume zurückholen und Brüssel besetzen."
Orban inszeniert sich als leuchtendes Vorbild für Gleichgesinnte
Auf dem Podium in Budapest waren führende Politiker von Deutschlands AfD, Spaniens Vox und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) vertreten, doch auch wenn diese Parteien bei vergangenen Wahlen deutliche Zugewinne verzeichnen konnten, werden nur wenige europäische Staaten von rechten und rechtspopulistischen Parteien regiert. Osteuropa ist hier eine Ausnahme.
Ebenfalls im Rampenlicht stand das prominente Trio aus Mitteleuropa: der slowakische Ministerpräsident Robert Fico, der ehemalige und möglicherweise zukünftige tschechische Ministerpräsident Andrej Babis und der ehemalige polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.
Orban hat hart daran gearbeitet, die Region zu einer Drehscheibe für Rechtspopulisten zu machen. Dabei hat er ein Netzwerk geschaffen, das seinen Erfolg als leuchtendes Vorbild für gleichgesinnte Politiker und Parteien in der ganzen Welt verbreitet.
Rechte Netzwerke von Ost nach West gespannt
"In Europa findet jetzt ein transnationales Lernen von Ost nach West statt, was ziemlich ungewöhnlich ist", stellt Daniel Hegedus von German Marshall Fund of the United States (GMFUS) im Gespräch mit der DW fest.
Nicht nur Orban und CPAC haben viel dazu beigetragen, sondern auch von Regierungen finanzierte und betriebene Lobbyisten-Netzwerke sowie politische und religiöse Graswurzelorganisationen, die sich in der Region und darüber hinaus ausgebreitet haben.
Sie alle helfen dabei, rechtspopulistische Kräfte miteinander zu vernetzen und aneinander zu binden, um ihre Botschaft in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen.
Ungarn und Polen als zentrale Achse der Nationalisten
Im Zentrum dieser Einflussnetzwerke sitzen von der ungarischen Regierung finanzierte Institutionen. Zu ihnen zählen das Danube Institute, das Mathias Corvinus Collegium (MCC) und das Center for Fundamental Rights, das die CPAC Hungary 2025 ausrichtete.
Mit Zweigstellen in der ganzen Region und darüber hinaus organisieren diese Institutionen Veranstaltungen, die gleichgesinnte Akademiker und Akademikerinnen, Aktivisten und Aktivistinnen zusammenbringen. Sie unterhalten nicht nur in Ost- und Mitteleuropa, sondern auch in Brüssel und Großbritannien Mediendienste, unter anderem The European Conservative, Brussels Signal und Remix.
Das MCC betreibt Bildungseinrichtungen in Ungarn, der Slowakei und in Österreich und arbeitet mit zur katholischen Kirche gehörenden, extrem konservativen Gruppierungen wie der polnischen Ordo Iuris zusammen.
Ungarn und Polen bilden die zentrale Achse dieses Netzwerks, wie Zsuzsanna Szelenyi, ehemalige Abgeordnete von Orbans Partei Fidesz und Gründungsdirektorin des Demokratie-Instituts der Zentraleuropäischen Universität (CEU), der DW erklärt.
Extreme Rechte hofft auf Kettenreaktion
Analysten der in Budapest ansässigen Denkfabrik Political Capital zufolge sollen diese Netzwerke "eine Kettenreaktion auslösen und Änderungen auf gesamteuropäischer Ebene herbeiführen". So sollen Bemühungen der EU, Orbans Angriff auf die Demokratie ein Ende zu setzen, gestoppt und das Überleben seiner Regierung gesichert werden.
"Die europäische Ausgabe von CPAC zeigt, wonach sich die globale extreme Rechte sehnt: Macht wie die von Viktor Orban", sagt Klara Dobrev, Europa-Abgeordnete der sozialliberalen Oppositionspartei Demokratische Koalition (DK).
Zweifellos dient Ungarns starker Mann Viktor Orban vielen als Beispiel. Jene, die seinem Drehbuch folgen wollen, blicken mit Bewunderung auf die Machtfülle, die er in Ungarn genießt.
Mit einem neuen "Transparenzgesetz" will Orban seine Macht noch vertiefen. Das Gesetz würde es seiner Regierung erlauben, alle Organisationen auf eine schwarze Liste zu setzen, die ihrer Einschätzung nach "die Souveränität Ungarns bedrohen, indem sie mit ausländischen Mitteln Einfluss auf das öffentliche Leben nehmen".
Kritiker warnen, der von repressiven russischen Gesetzen inspirierte Gesetzesentwurf würde jede Kritik im Keim ersticken. Sie fürchten außerdem, dass andere Regierungen dem ungarischen Beispiel folgen könnten.
"Wir arbeiten mit Partnern in vielen anderen europäischen Ländern zusammen", sagte Marta Pardavi von der regierungsunabhängigen Organisation Hungarian Helsinki Committee am 28. Mai bei einer Online-Podiumsdiskussion des Think Tanks German Marshall Funds über das geplante Transparenzgesetz. "Sie wissen genau, dass solche Gesetze anderswo reproduziert werden können. Die EU ist nicht nur ein Binnenmarkt, sie wird zu einem illiberalen Markt."
Abschreckende Wirkung auf NGOs in der Slowakei
Seit Robert Fico 2023 in der Slowakei wieder an die Macht kam, hat er ähnliche, wenn auch weniger strenge Gesetze durchgesetzt. Besonders ins Visier nahm er dabei "politische Nichtregierungsorganisationen" wie Via Iuris, einer Organisation, die sich für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit in der Slowakei einsetzt.
Katerina Batkova ist Geschäftsführerin von Via Iuris. Sie berichtete von der abschreckenden Wirkung, die die Gesetze haben. Bei den Organisationen mache man sich Sorgen, wie man die neuen Regelungen einhalten könne. Diese scheinen absichtlich vage gehalten, um den Behörden die Möglichkeit zu geben, hart durchzugreifen.
Hat die Zeit der Rechtspopulisten in Europa begonnen?
Auch wenn es Orbans Netzwerken gelungen ist, rechtsextreme Narrative in den europäischen Mainstream zu verschieben, versucht er seit Jahren vergeblich, funktionierende internationale Bündnisse zu schaffen. Wie standsicher sich die Fraktion der "Patrioten für Europa" im Europaparlament erweisen wird und ob sie ihm den erhofften Einfluss auf die EU-Gesetzgebung verschaffen kann, bleibt abzuwarten. Immerhin nahmen keine führenden Politiker und Politikerinnen der französischen extremen Rechten an der CPAC Hungary 2025 teil.
Durch die Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump haben sich die Beziehungen und die Koordinierung mit rechtspopulistischen und nationalistischen Gruppierungen in den USA vertieft. Welche Impulse Trump den Rechtspopulisten in Europa tatsächlich geben kann, ist jedoch noch lange nicht klar. Zwar rief US-Ministerin für Heimatschutz Kristi Noem in ihrer Rede bei der CPAC Polen vor der Präsidentschaftswahl die polnischen Wähler und Wählerinnen dazu auf, für Karol Nawrocki zu stimmen, an der CPAC Hungary 2025 nahmen jedoch keine hochrangigen Vertreter der USA teil.
Adaption aus dem Englischen: Phoenix Hanzo