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Politik

Von der Leyen auf Spurensuche

3. Mai 2017

Der Fall Franco A. wirft Fragen auf. Eine davon: Wieso blieb er trotz seiner rechtsextremen Gesinnung in der Bundeswehr? Das versucht die Verteidigungsministerin herauszufinden - auch um ihren eigenen Kopf zu retten.

Frankreich  Illkirch-Graffenstaden Bundeswehr Soldaten vom Jägerbataillon 291
Bild: Getty Images/AFP/F. Florin

Als vor einigen Tagen eine skurril wirkende Meldung die Runde machte, ahnte wohl kaum jemand, welche Wellen sie schlagen würde. Da hieß es: Ein Bundeswehrsoldat habe sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben, um einen Anschlag zu planen. Inzwischen hat sich das Ganze zu einem handfesten Skandal ausgewachsen, der vor allem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen straucheln lässt. Um ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen, ist sie nun selbst ins französische Illkirch aufgebrochen, wo der Offizier Franco A. stationiert war.

In den vergangenen Tagen waren immer mehr Hintergründe zu der Personalie Franco A. bekannt geworden. So soll er rechtsextremes Gedankengut gehegt und dieses in unterschiedlicher Weise immer wieder kommuniziert haben. Am Wochenende wurde bekannt, dass die Bundeswehr schon seit 2014 davon wusste, ohne den Offizier vom Dienst suspendiert zu haben. Ein Untersuchungsteam habe in der Kaserne Illkirch darüber hinaus Hakenkreuz-Schmierereien und Wehrmachtsembleme entdeckt.

Völkisches Gedankengut

Deutliche Hinweise auf Franco A.s Gesinnung waren wohl auch in seiner Masterarbeit zu finden. Mit dieser schloss er im Dezember 2013 sein Studium der Staats- und Sozialwissenschaften an der renommierten französischen Militärschule Saint-Cyr ab.

Der Druck auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wächstBild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Sowohl dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" als auch der Zeitung "Die Welt" liegt nun ein Gutachten vor, in dem der Direktor der Universität, Antoine Windeck, von dieser Arbeit schreibt, dass sie von Rassismus und Verschwörungstheorien über das Aussterben der europäischen Rassen geprägt sei. Die Abschlussarbeit sei als "nicht bestanden" bewertet worden. In einem Aktenvermerk an die deutschen Kollegen bei der Bundeswehr wird Windeck laut Medienberichten deutlich: "Wenn es ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen."

Die Masterarbeit trug offenbar den Titel "Politischer Wandel und Subversionsstrategie". A. schreibe von einem angeblichen "Genozid" der westlichen Gesellschaften, die durch "massive Einwanderung" auf dem Weg in den Untergang seien, berichtet "Der Spiegel". Die Arbeit sei subjektiv formuliert und wirke insgesamt wie eine persönliche Hetzschrift. "Die Welt" veröffentlichte auf ihrer Website auch eine Gliederung der Arbeit, die Redakteure der Zeitung auf Twitter verbreiteten.

Eine ganze Reihe von Fragen bleibt jedoch weiterhin unbeantwortet: Wie konnten die rechtsextremen Tendenzen von Franco A. jahrelang folgenlos bleiben? Hatte der Bundeswehroffizier ein ganzes Netzwerk von Rechtsextremisten um sich? Und gibt es ein System des Wegschauens und Vertuschens unter deutschen Soldaten?

Pauschale Kritik?

Genau das hatte Ursula von der Leyen ihren Truppen am Sonntag vorgeworfen. Sie sehe einen "falsch verstandenen Korpsgeist" als eine der Ursachen für die späte Enttarnung von Franco A. Die CDU-Politikerin beschuldigt die Soldaten der mangelnden Haltung und Führungsschwäche - und dass viele nicht wüssten, wann die Grenze zum Extremismus überschritten sei. Daraufhin warfen sowohl Politiker als auch Bundeswehrfunktionäre von der Leyen vor, sie übe Kritik in allzu pauschaler Weise.

Parteiübergreifend fordern Politiker nun Aufklärung, ob es ein rechtsextremes Netzwerk rund um den Bundeswehroffizier Franco A. gab. Mehrere Medien berichteten, es könnten bis zu vier weitere Soldaten in die Anschlagspläne des Soldaten involviert gewesen sein.

"Das absolute Horror-Szenario"

Dass an der Theorie eines zumindest kleinen Netzwerkes etwas dran sein könnte, befürchtet auch CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte. "Man muss jetzt sehr genau untersuchen, inwieweit dort rechtsradikale Strukturen entstanden sind", sagte er. "Die bekannten Hinweise deuten eher darauf hin.". Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger sagte dazu: "Das wäre natürlich das absolute Horror-Szenario, wenn es dort in irgendeiner Form ein Netzwerk gegeben hätte, das möglicherweise gewaltsame Anschläge geplant hat."

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold spricht von "kommunikativen Strängen", die es zwischen möglichen Unterstützern und Mitwissern um den Offizier Franco A. gegeben habe, nicht aber von einem terroristischen Netzwerk. Dass es immer mehr Fälle von Rechtsextremismus in der Bundeswehr gebe, müsse man aber ernst nehmen, meint Arnold. Auch er nimmt von der Leyen in die Pflicht: "Da muss die Ministerin sofort gegensteuern."

nin/haz (dpa, afp, rtr)

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