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Ändere dich, rette die Umwelt

Louise Osborne
23. Januar 2018

Recycling, Fleisch weglassen, aufs Fahrrad umsteigen — das sind Änderungen, die wir machen sollten, um die Umwelt zu schützen. Klingt eigentlich einfach, oder? Warum ist es aber doch so kompliziert?

Ein Einwegbecher wird in eine Mülltonne für Recyclingmaterial geworfen
Bild: picture-alliance/empics/Y. Mok

Plastik ist heute so etwas wie der größte Feind der Natur. In etwas mehr als 50 Jahren haben wir Menschen es geschafft, knapp neun Milliarden Tonnen Kunststoff zu produzieren, wo auch immer auf der Welt. Das ist uns sogar bewusst. Wir bekommen mit, wie unsere Straßen und Flüsse unter einer Mülldecke liegen und wie Wasserlebewesen leiden. Uns ist auch klar, dass Plastik den Weg in unsere Nahrungskette findet. Trotzdem produzieren wir weiter.

Ähnliches gilt auch für Kohlendioxid. Es verschmutzt die Luft, die wir zum Atmen brauchen. Es sorgt dafür, dass die Temperaturen auf unserem Planeten steigen, dass Eismassen schmelzen und die Meeresspiegel steigen. Wir wissen, dass Dürren, Fluten und verheerende Stürme die Folgen sind und trotzdem blasen wir weiter Abgase aus den Auspuffrohren unserer Autos, fliegen so oft wie nie um den Globus, heizen, kochen, beuten fossile Energieträger weiter aus.

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Wenn also die Probleme oben dadurch angegangen werden können, alte Gewohnheiten einfach zu lassen, warum tun wir das nicht? Eine Antwort darauf können Umweltschützer und Aktivisten in der Verhaltensforschung finden.

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Trotz der offensichtlichen Schäden, die Kohlendioxid verursacht, fällt es uns schwer, auf Autos zu verzichtenBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Verlieren oder gewinnen?

Menschen haben Probleme damit etwas aufgeben, sagt Elke Weber, Professorin für Energie und Umwelt an der "Princeton University". Menschen verbinden stärkere Gefühle damit, sich von etwas trennen zu müssen, sagt sie. Wenn sie etwas dazu bekommen, ist der Effekt nicht so stark.

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Bezogen auf die Umwelt bedeutet das: Die positiven Auswirkungen, die unser geändertes Verhalten für den Planeten hat, bewegt uns weniger stark als der Verlust unserer persönlichen Freiheiten, Auto fahren zum Beispiel. "Untersuchungen haben ergeben, dass die Gefahr, etwas zu verlieren, doppelt so stark empfunden wird, als die Vorfreude etwas zu bekommen", so Weber gegenüber der DW. Außerdem, fügt sie hinzu, wären Menschen zurückhaltender, wenn ihr Tun nicht sofort einen sichtbaren Effekt hätte. Beim Umweltschutz etwa würden erst kommende Generationen tatsächlich eine Auswirkung spüren.

"Es ist sehr abstrakt. Der Aufwand, der heute geleistet werden müsste, ist dagegen etwas sehr Reales", sagt Weber. 

Mit Emotionen spielen 

In der Vergangenheit haben Umweltschützer vor allem an die Vernunft der Menschen appelliert, um sie zu bewegen, etwas zu ändern. Diese Strategie wird heute immer seltener eingesetzt, weil sie nicht die erhofften Ergebnisse hatte.

Regierungen bemühen sich, die Plastikproduktion zu verringern. Umweltschützer sagen, dass es nicht weit genug gehtBild: Getty Images

Deshalb ist auch die US-Organisation Rare auf der Suche nach einem erfolgreicheren Ansatz. Sie hat das Center for Behavior and the Environment (Zentrum für Verhalten und Umwelt) ins Leben gerufen. Es zielt darauf ab, Erkenntnisse und Entwicklungen der Verhaltensforschung in den Umweltschutz stärker einzubeziehen.

"Wir sind eine sehr emotionale Spezies", erklärt Kevin Green. Unsere Emotionen haben oft einen weit größeren Einfluss auf Entscheidungsfindungen, als Wissen oder Vernunft, so der Leiter des Rare-Zentrums. "Gleichzeitig sind wir stark davon beeinflusst, in welchem Kontext oder Umfeld unsere Entscheidungsfindung stattfindet."

Gruppenbindung

Rare arbeitet direkt mit betroffenen Menschen, um einen sozialen Wandel voranzubringen. Dabei geht es oft um ein Gemeinschaftsgefühl, bei dem Menschen gemeinsam stolz darauf sein können, etwas Bestimmtes erreicht zu haben.

Das gilt zum Beispiel für die Arbeit mit Fischern in Ländern wie den Philippinen, Brasilien oder Mosambik. Hier hat die Organisation dabei geholfen, Kooperativen zu gründen, die den Kollaps der kleinen, lokalen Fischereibetriebe verhindern können. "Da gibt es also eine Ressource im Wasser, die sich eigentlich selbst erneuern kann", sagt Green. "Diese Ressource wird aber in so großen Mengen geerntet, dass sie sich nicht mehr schnell genug erneuern kann." Wenn jeder Fischer allein arbeite, sei er automatisch auf der "Jagd nach dem letzten Fisch." Durch die Kooperativen entstehe aber eine Art positiver Druck, weil die Fischer gemeinsam Fangquoten festlegen oder Ruhezonen einrichten, in denen sich die Fischbestände wieder erholen können.

Die selben Ziele über Verbote zu erreichen habe dagegen nicht funktioniert, so Green, weil die Einzelfischer nicht fürchten mussten, für Verletzungen der Verbote ihren guten Ruf zu verlieren. "Wenn aber mein positives Verhalten nachvollziehbar wird, stehe ich am Ende als guter Fischer da, der der Gemeinschaft nützt. Und das sorgt natürlich dafür, dass ich Regeln befolge", sagt er.

Rare hilft Fischern u.a. auf den Philippinen dabei, die Umwelt positiv zu verändernBild: Rare

Das System herausfordern

Das Verhalten jedes Einzelnen zu ändern wird auch als wichtiger Aspekt im Kampf gegen den Klimawandel gesehen. In den vergangenen Jahren ist die CO2-Bilanz eines jeden Menschen immer mehr ins Zentrum von Klimaschutz-Kampagnen gerückt worden. Jeder soll mehr für den Klimaschutz tun, mehr recyceln, weniger Fleisch essen oder Fahrrad statt Auto fahren.

Diese eher privaten Bemühungen sehen manche allerdings kritisch. Sie haben eine zu geringe Wirkung, heißt es. Stattdessen sollten Gesetze gelten, die strenge Regeln schaffen. Außerdem müssten Unternehmen bei dem Thema vorn dabei sein. 

Einige Regierungen sind erste Schritte in diese Richtung gegangen. Großbritannien hat etwa eine Gebühr für Plastiktüten in großen Geschäften eingeführt. Dadurch sind diese zu 90 Prozent verschwunden. Die Europäische Union hat kürzlich eine neue Strategie für den Umgang mit Plastikmüll vorgestellt. Norwegen und China sind nur zwei von mehreren Ländern, deren Ziel es ist, benzinbetriebene Autos in Zukunft zu verbieten. ​​​​​​​

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Regierungen, die sich für den Klimaschutz einsetzen und das auch nach außen tragen, können tatsächlich etwas auslösen, sagt Cara Pike, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Organisation Climate Access.

"Das bringt Aufmerksamkeit in den Medien und sorgt dafür, dass wir wahrnehmen, dass sich unsere Regierungen kümmern. Dadurch wird das Thema etwas, mit dem man sich beschäftigen muss."

Nur Rad zu fahren reicht nicht, wir müssen auf systemische Veränderungen drängen, wie das Anlegen von Radwegen, sagt Karen O'BrienBild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Von unten nach oben und anders herum

Karen O'Brien stellt infrage, ob das schon weit genug geht. Die Professorin der Humangeografie an der University of Oslo fordert gleichzeitig auch Druck von unten auf die Regierungen, um zu zählbaren Ergebnisse zu kommen.

"Wir können mehr als nur den Müll sortieren oder Fahrrad fahren. Wir können dafür sorgen, dass es Fahrradwege gibt oder Recycling-Systeme vorhanden sind", sagt sie. "Von unten nach oben muss es genauso viel Bewegung geben, wie von oben nach unten. Und das müssen wir beeinflussen."

Dazu müsse man politisch aktiv werden, so O'Brien. Menschen hätten mehr Macht, als sie vielleicht denken. Nicht nur bezogen auf Politiker, sondern auch in ihren Gemeinden.

"Wenn sich 10 Prozent der Bevölkerung für etwas stark machen, dann ist es genug, um das ganze System zu kippen", sagt sie. Dieser Wechsel finde aber nicht schnell genug statt.​​​​​​​

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Elke Weber wiederum glaubt, dass der Schlüssel für diese Änderung darin besteht, den Menschen das Positive im Kampf gegen den Klimawandel zu zeigen. Sie müssten sehen, dass es sich nicht um ein unüberwindbares Problem handelt.

"Die meiste Zeit bekommt man diese Katastrophengeschichten", sagte sie. "Wir brauchen aber auch positive Vorbilder, die zeigen, wie eine bessere Zukunft aussehen könnte und wie wir es schaffen, dorthin zu gelangen."

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