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Politik

Red Bull-Boss startet Investigativ-Projekt

Christian Bartlau
21. April 2017

Red Bull-Gründer Dietrich Mateschitz will in Österreich eine Investigativplattform gründen. Während Rechtspopulisten jubeln, rätseln Medienvertreter, was es mit dem Projekt auf sich haben könnte.

Portrait - Dietrich Mateschitz
Will eine Investigativplattform gründen: Red Bull-Gründer Dietrich MateschitzBild: picture-alliance/dpa
Will eine Investigativplattform gründen: Red Bull-Gründer Dietrich MateschitzBild: picture-alliance/dpa

Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz als medienscheu zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Ein Journalist, der einmal über Mateschitz‘ Mutter recherchierte, erzählte von einer unverhohlenen Drohung des Milliardärs. Dennoch: Das Interesse an Mateschitz ist riesig. Seinen Energy-Drink Red Bull hat der 72-Jährige zu einer der bekanntesten Marken der Welt gemacht. Red Bull wird in 171 Ländern verkauft. Mateschitz gilt als einer der reichsten Österreicher. Auf 12,5 Milliarden Euro schätzt Forbes das Vermögen von Mateschitz. Die Autos mit dem Bullen-Logo haben in der Formel 1 bereits vier Weltmeistertitel eingefahren, die Fußballer von RB Leipzig, die ebenfalls zu Red Bull gehören, wirbeln in der Bundesliga. Dietrich Mateschitz, der Mann hinter den Aktivitäten, zieht es normalerweise vor zu schweigen. Er braucht die Öffentlichkeit nicht. Aber er scheint zu glauben, dass die Öffentlichkeit ihn braucht.

Red Bull, ein wichtiger Sponsor in der Formel 1 und der Deutschen BundesligaBild: picture-alliance/dpa

"Niemand traut sich mehr die Wahrheit zu sagen. Auch wenn jeder weiß, dass es die Wahrheit ist", sagte er vor zwei Wochen in einem seltenen Interview der "Kleinen Zeitung" aus Graz. Vor allem seine Ankündigung, eine Investigativplattform zu gründen, versetzte die Medienbranche in Aufregung. Sie trägt den bedeutungsschwangeren Namen "Quo Vadis Veritas", ins Deutsche übersetzt "Wohin gehst Du, Wahrheit". Finanziert wird sie aus einer Stiftung, in die Mateschitz eine Million Euro eingezahlt hat. Noch allerdings ist unklar, was Mateschitz genau vorhat. Will er einfach nur guten Journalismus unterstützen, wie Amazon-Gründer Jeff Bezos, der die "Washington Post" kaufte? Oder Einfluss auf die Politik nehmen? Der Journalist Claus Pándi mutmaßte auf Twitter, die Aussagen des Red Bull-Bosses zur Asylpolitik und einer angeblichen „Meinungsdiktatur“ in Österreich gebe die Richtung vor: "Könnte sich Bullbart oder so nennen."

Plattform für Themen, die zu kurz kommen?

Für Niko Alm, im Gründungsteam von „Quo Vadis Veritas“ für die kaufmännische Agenda verantwortlich, ist der Verweis auf die rechtspopulistische US-Seite „Breitbart News“ ein „bewusster Versuch der Diskreditierung“ des Projekts, wie er auf Anfrage der Deutschen Welle sagt. Detaillierte Auskunft zur Ausrichtung und Zweck der Rechercheplattform will er noch nicht geben. Allerdings werde „Quo Vadis Veritas“ unabhängig vom Red Bull-Konzern und seinem Medienhaus agieren. Die Kontrolle über die Stiftung, die das Geld für die als GmbH organisierte Plattform gibt, behält Mateschitz selbst. Im Vorstand der Stiftung sitzen neben ihm noch zwei Vertraute aus dem Konzern.

In einem Statement zur Gründung von "Quo Vadis Veratis" bezeichnete Mateschitz die Berichterstattung in den österreichischen Medien als "einseitig und unvollständig". Eine Rhetorik, die man aus rechten Kreisen kenne, sagt der Grazer Kommunikationswissenschaftler Heinz Wittenbrink im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Ich wüsste aber beim besten Willen nicht, was dieses Urteil rechtfertigt." Es gebe in Österreich nichts, was in den Medien keinen Platz finde.

Riesige Möglichkeiten

Mateschitz leistet sich mit dem Red Bull Media House ein eigenes Medienhaus, das laut österreichischen Medien pro Jahr wohl mit dreistelligen Millionenbeträgen aus dem Mutterkonzern bezuschusst - der Konzern kommentierte die Zahlen in einer Anfrage gegenüber der Deutschen Welle jedoch nicht. Klar ist: Die Produkte "Servus TV" und die Zeitschriften "Terra Mater", "Red Bulletin" und "Servus in Stadt und Land" dienen der firmeneigenen Logik: Alles, was der Konzern unternimmt, soll seine Dosen verkaufen. Der Grazer Fachhochschullehrer Heinz Wittenbrink ist nicht sicher, ob diese Strategie auch für das neue Projekt gilt. "Dient 'Quo Vadis Veritas' dem Content Marketing? Oder der politischen Positionierung?"

Der Milliardär Frank Stronach hat 2013 den Einzug ins österreichische Parlament geschafftBild: Reuters

Denn ein Gerücht macht derzeit die Runde: Mateschitz könnte sich für eine Rolle in der Politik interessieren. Vorbilder gäbe es, etwa den österreichischen Selfmade-Milliardär Frank Stronach, der 2013 mit seiner eigenen Partei den Einzug ins Parlament schaffte. Der Wiener Politikberater Thomas Hofer ist dennoch skeptisch: "Anders als Stronach hat sich Mateschitz in der Öffentlichkeit rar gemacht und eher indirekt Einfluss ausgeübt", sagt Hofer der Deutschen Welle. In diese Richtung seien wohl auch seine neuen Medienprojekte zu deuten.

Politische Einflussnahme?

Der Wiener Publizistik-Professor Fritz Hausjell findet es aus Sicht des Medienunternehmers Mateschitz "geradezu schlüssig, in Zeiten von Verunsicherung und Fake News so etwas wie gesicherte Wahrheit zu versprechen". Doch im Gespräch mit der Deutschen Welle äußert er Vorbehalte. "Wenn Journalisten oder Geldgeber den Begriff der Wahrheit in den Mund nehmen, ist Skepsis angebracht. Welcher Wahrheit soll denn da zum Durchbruch verholfen werden?" Die Spekulationen in Richtung Breitbart hält er nicht für abwegig. "Man muss darauf gefasst sein, dass es in diese Richtung gehen kann. Es hat großes Potenzial, allein schon durch die Möglichkeiten, die Inhalte bei Red Bull Media auszuspielen."

Auch Servus TV wird von Red Bull finanziertBild: picture alliance/dpa/A. Weigel

Das bisher bekannte Gründungsteam steht für qualitativ hochwertigen Journalismus. Prominentester Name im Boot ist Michael Fleischhacker, ehemaliger Chefredakteur der "Presse". Der hat allerdings zuletzt auch eher bei Rechtspopulisten Unterstützer gefunden: Als Gastgeber der Sendung "Talk im Hangar" lädt er regelmäßig Vertreter der rechtsradikalen Szene ein, etwa den Chef der vom Verfassungsschutz beobachteteten "Identitären Bewegung", Martin Sellner. Ausgestrahlt wird "Talk im Hangar" übrigens bei: Servus TV.

 

Hinweis: In einer alten Version des Textes hatte das Gründungsteam von "Quo Vadis Veritas" nicht die Möglichkeit, zu den Spekulationen um das Projekt Stellung zu nehmen. Das bedauern wir.