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Reden über den Schuldenschnitt

Barbara Wesel 9. Mai 2016

Die Eurogruppe wird heute noch keine Entscheidung treffen, aber Griechenland hofft wenigstens auf ein Signal. Und der IWF droht: Ohne Schuldenschnitt - kein Deal. Wolfgang Schäuble steht unter Druck.

Flaggen Griechenland und EU (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Y. Behrakis

Es ist immer nützlich, beim Eintreffen der Euro-Finanzminister dem Finnen Alexander Stubb zuzuhören. Er sagt meist direkt, was von der Sitzung zu erwarten ist. An diesem Nachmittag heißt die erste klare Botschaft: Es wird kein Wunder geben. Am Wochenende hatte IWF-Chefin Christine Lagarde einmal mehr an die Minister geschrieben. Sie bezweifele, dass Griechenland seine Schuldenlast überhaupt tragen könne. Der Internationale Währungsfonds aber werde unter diesen Umständen beim 3. Rettungspaket nur an Bord bleiben, wenn man Athen einen Schuldenschnitt gewährt.

Stubb allerings will von "Haircut" nichts hören und hält nichts von Maximalpositionen, auch wenn der IWF (Internationaler Währungsfonds) sie vertritt: "Das gehört zu den Verhandlungen: Man geht hier rein, präsentiert seine Auffassung, und am Ende kommt man mit einem Kompromiss heraus". Man werde nicht plötzlich einen Schuldenschnitt für die Griechen beschließen.

Damit springt Stubb seinem Partner Wolfgang Schäuble bei: Die Schlagzeilen sahen ihn zunehmend einsam in der Ministerrunde und unter Druck, endlich seinen Widerstand aufzugeben. Aber: Nichts wird so heiß gegessen wie es in den Medien am Wochenende gekocht wurde, dämpft der finnische Finanzminister die Erwartungen.

Das Griechen-Drama absetzen

Wolfgang Schäuble zeigt sich wie üblich gelassen und wirft einen anderen Termin in die Runde: "Noch im Mai wird es eine Lösung geben", bestätigte der Bundesfinanzminister den Termin, den auch Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nennt. Das heißt, beim nächsten Treffen der Finanzminister am 24. Mai werden sie sich darauf einigen, die Reformen für erfolgreich zu erklären und Griechenland die nächste Tranche aus dem dritten Rettungspaket auszuzahlen. Athen habe "sehr ernste Anstrengungen" unternommen, lobte auch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici.

Alexis Tsipras konnte nur mit Mühe seine Abgeordneten zum letzten Sparpaket überredenBild: picture-alliance/AP Photo/Y. Karahalis

Darüber hinaus aber hält Schäuble unbeirrt an seinem Stufenplan fest: Der erste Teil der Überprüfung durch die Institutionen sei weitgehend fertig, heute werde man die jüngsten Beschlüsse im Athener Parlament diskutieren und danach könne es grünes Licht aus Brüssel geben. Das ist für Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras eine gute Botschaft.

Auch was den Streit über ein sogenanntes "Notfall-Sparpaket" angeht, versucht Schäuble die Lage zu entdramatisieren. "Entweder werden unsere optimistischen Annahmen (über die wirtschaftliche Entwicklung in Griechenland) zutreffen - dann ist es gut. Wenn nicht, dann müssen wir mehr tun."

Auch in Österreich gebe es so etwas, springt ihm sein österreichischer Kollege Hans Jörg Schelling bei, nämlich einen Korrektur-Mechanismus bei der Rentenversicherung. So etwas könnte man sicherlich auch in Griechenland beschließen für den Fall, dass die Erwartungen an den Überschuss im griechischen Haushalt verfehlt werden.

Mit einer solchen Lösung könnte "die Erwartungs-Lücke" zwischen Eurogruppe und IWF überwunden werden. Der Währungsfonds zeigt sich stets viel pessimistischer in punkto Griechenland als die Europäer. Seine Freunde in der Ministerrunde sind für Wolfgang Schäuble eingesprungen, um den Druck von dem als Sparkommissar verschrienen Deutschen zu nehmen. Der Bundesfinanzminister findet diesen Ruf nach wie vor ungerecht, denn immerhin ginge es darum, den Griechen zu helfen.

Nach der Inszenierung des Treffens in Brüssel heute scheint klar, dass der Bundesfinanzminister sein jüngstes Versprechen wahr machen kann: "Wir werden dieses Jahr keine große Griechenland-Krise kriegen". Und Minister Schelling formuliert: "Niemand ist daran interessiert, den vergangenen Sommer zu wiederholen".

Kein "Haircut", aber Erleichterungen

Das Thema ist auf dem Tisch, wie auch der Vorsitzende Jeroen Dijsselbloem einräumte. Auch das Zweiertreffen zwischen Wolfgang Schäuble und dem griechischen Finanzminister Efklidis Tsakalotos vor der eigentlichen Sitzung wird als Zeichen gewertet, dass der Deutsche mit sich reden lassen will.

Allerdings betont er auch, man wolle erst eine Analyse der Schuldentragfähigkeit durch die Experten abwarten. Danach, so das alte und neue Angebot, könnte man über weitere Streckungen der Rückzahlungsfristen reden - Griechenland muss sowieso erst 2020 mit der Tilgung seiner Schulden beginnen. Die Laufzeiten der Kredite ließen sich vielleicht erneut verlängern und sehr niedrige Zinsen durch den ESM könnten die Last für Athen weiter erleichtern.

Und wenn das dem IWF nicht ausreichen sollte? "Was der IWF möchte ist das eine, was wir hier besprochen haben das andere", sagt Wolfgang Schäuble darauf kühl. Er ist jedenfalls nicht bereit, sich von Christine Lagarde einschüchtern zu lassen.

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