Corona hat alles verändert: Die Menschen, das soziale Miteinander, die Kultur - und das Gefühl für Zeit. Das spiegelt sich auch in der deutschen Sprache wider.
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Deutsche Redewendungen zur Zeit
Die deutsche Sprache ist voll von Ausdrücken und Sprichwörtern, die mit dem Thema Zeit zu tun haben. Wir stellen einige geläufige Redewendungen vor.
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"Die Uhr tickt"
Da in den letzten zwei Jahren weltweit Menschen an COVID-19 erkrankten oder starben, wurde die Entwicklung eines Impfstoffs zur Bekämpfung des Virus immer dringlicher. Mit anderen Worten: "Die Uhr tickt". Glücklicherweise wurden die Impfstoffe in rasantem Tempo entwickelt. Aber neue Virusvarianten stellen weiterhin eine ständige Herausforderung dar.
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"Ach, Du liebe Zeit!"
Dieser oft spontan geäußerte Satz ist nicht als freudige Umarmung gemeint. Im Gegenteil: Er drückt vielmehr eine als negativ empfundene Überraschung oder Verwunderung über etwas aus, das man gerade gesehen oder gehört hat.
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"Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen"
Die Pandemie hat die Welt verändert. Viele haben geliebte Menschen verloren, haben sich mit dem Virus infiziert oder fürchten, sich oder andere anzustecken. Einige haben ihren Arbeitsplatz verloren. Wir haben unsere Tagesabläufe verändert und neu definiert, was uns wichtig ist im Leben. Dafür gibt es im Deutschen einen perfekten Ausdruck: "Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen."
Da wir durch Corona-Einschränkungen und Homeoffice mehr Zeit zu Hause verbringen, haben viele Do-it-yourself-Projekte in Angriff genommen: Handwerken, malen etc. Oder es wird Zeit investiert in die Entwicklung neuer sozialer Aktivitäten wie skypen oder zoomen mit Freunden und Familie. Oder vielleicht Gitarre lernen - online, mit Joni Mitchell? Denn: "Wenn nicht jetzt, wann dann?"
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"Der frühe Vogel fängt den Wurm"
Nicht für jeden Menschen ist das ein Ausdruck fröhlicher Tatkraft. Die "Nachteulen" unter uns verschreckt das eher. Es gibt im Deutschen noch andere gute Ausdrücke über die Vorteile, etwas sofort zu tun und wenn möglich auch gleich am frühen Morgen: "Je früher desto besser". Oder auch sehr beliebt: "Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen." Also: "Ran an den Speck!"
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"Kommt Zeit, kommt Rat"
Während die Pandemie einige Menschen zur Verzweiflung treibt, gehen andere weiter mit Zuversicht an ihren veränderten Alltag. Es liegt in der menschlichen Natur, an der Hoffnung auf die Zukunft festzuhalten. Ein Ausdruck für das Festhalten an diesem Glaubensgrundsatz lautet: "Kommt Zeit, kommt Rat". Es bedeutet, dass sich eine Lösung schon zeigen werde.
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"Es ist fünf vor zwölf"
Wörtlich bedeutet dies, dass es "fünf Minuten vor 12 Uhr" ist. Doch es soll heißen, dass es "höchste Zeit" ist, dass man sich beeilen muss. Der Ausdruck stammt aus dem 19. Jahrhundert: Handwerker, die an einem Glockenturm arbeiteten, wurden damit aufgerufen, das Gerüst hinunterzuklettern. Zur vollen Stunde ertönte der ohrenbetäubende Lärm der Glocken, der alles in Vibrationen versetzte.
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"Die innere Uhr"
Dieser Begriff spielt in Wellness-Kursen und Yogaübungen eine wichtige Rolle. Wörtlich bedeutet die "innere Uhr" unsere ureigene biologische Uhr, die unbewusst unsere Schlaf-Wach-Zyklen beeinflusst und regelt. Dieser Biorhythmus ist normalerweise auch vom Sonnenlicht abhängig. Hungergefühl, Atmen, geistige Wachheit, Schlafbedürfnis, Herzfunktion - alles hängt von diesem inneren Rhythmus ab.
Dieser Ausdruck ist nicht sehr höflich. Wörtlich genommen spielt "Du tickst wohl nicht richtig" darauf an, dass eine Uhr nicht rund läuft. Man drückt damit seinen Eindruck aus, dass das Gegenüber sich sehr ungewöhnlich verhält. Ähnlich verhält es sich mit der hier gezeigten Geste: "Du hast wohl einen Vogel", was soviel bedeutet wie: Du bist wohl verrückt.
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"Kinder, wie die Zeit vergeht"
Eine positivere Herangehensweise findet sich in deutschen Ausdrücken wie "Kinder, wie die Zeit vergeht". Oder: "Alles hat seine Zeit " und "Eile mit Weile" (was nichts anderes heißt als: alles zu seiner Zeit). Oder der äußerst optimistische Vorsatz: "Alle Zeit der Welt haben".
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"Mir läuft die Zeit davon"
Andere wiederum haben überhaupt keine Zeit, weil ihnen die "Zeit davongelaufen ist". Oder es gibt die Variante "Die Zeit läuft uns davon", was bedeutet, dass sie nicht effizient genutzt wird. Die Italiener sind da nicht so schnell in Unruhe zu versetzen: "C’è ancora tempo" - es ist noch Zeit genug...
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"Im Laufe der Zeit"
Es gibt noch viele Ausdrücke, die den Begriff der Zeit verwenden: Sei es, dass man "das Rad der Zeit zurückdrehen" will oder sich etwas "im Laufe der Zeit" herausstellen wird. Letzteres suggeriert Gelassenheit. Niemand weiß, was die Zukunft bringen wird. Klar ist nur: Niemand kann das "Rad der Zeit zurückdrehen".
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"Die Zeit heilt alle Wunden"
Manche Menschen, die in ihrem Leben viel gelitten haben, sehen das vielleicht nicht so. Verluste oder auch so manche Kränkung schmerzen noch nach Jahrzehnten. Aber es spricht viel für eine innere Haltung, wenn Zeit uns hilft, mit den Herausforderungen des Lebens fertig zu werden. Genau wie das Erlernen des ABC ist die Entwicklung von Bewältigungs-Strategien eine unserer größten Stärken.
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Immer wenn es in der Welt hektisch und betriebsam zugeht, sagen viele Menschen, dass sie überhaupt keine Zeit haben. Schon gar keine Zeit zum kurzen Innehalten und Nachdenken. Erst als sich zu Beginn der Corona-Pandemie das Alltagsleben in Deutschland merklich verlangsamte, wurde vielen Menschen klar, was Zeit zu haben wirklich bedeutet.
Doch weil die Pandemie sich immer weiter hinzieht, stehen viele von uns vor ganz neuen Herausforderungen, wenn es darum geht, Homeoffice, Kinderbetreuung und Homeschooling unter einen Hut zu bringen und scheinbar den ganzen Tag über unzählige Mahlzeiten bereitzustellen.
Die Monotonie erinnert an den berühmten Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" aus dem Jahr 1993 mit Bill Murray und Andie MacDowell in den Hauptrollen. Darin ist die Hauptfigur in einer Zeitschleife gefangen, in der sich der 2. Februar Tag für Tag wiederholt.
Nach nordamerikanischer Tradition ist der Murmeltiertag, der am 2. Februar gefeiert wird, der Tag, an dem Murmeltiere beobachtet werden, die aus dem Winterschlaf aufwachen. Wenn das Tier aus seinem Loch krabbelt und seinen Schatten sieht, bedeutet dies, dass der Winter noch sechs Wochen andauert und das Murmeltier wieder unter die Erde kriecht. Wenn kein Schatten zu sehen ist, steht angeblich der Frühling vor der Tür.
So ähnlich fühlt sich auch die nicht enden wollende Pandemie an: Wir halten eine Zeit lang Winterschlaf und schauen dann hin und wieder mal hinaus, in der Hoffnung auf ein wenig Erleichterung. Währenddessen wiederholt sich die Zeit zu Hause wie in einer Endlosschleife.
Zuhause sein, im Homeoffice arbeiten, isoliert sein von seinen Mitmenschen - all das bedeutet, dass wir auf einmal mit uns selbst konfrontiert sind. Nicht immer angenehm. Aber für manche Menschen auch eine Zeit des produktiven Nachdenkens. Im Englischen gibt es dafür einen guten Ausdruck: "Ein untätiger Geist ist des Teufels Werkstatt" ("An idle mind is the devil's workshop").
Viele haben erste Schritte unternommen und neue Aktivitäten ausprobiert, um aufkommende Ängste, Trauer, Verzweiflung und Depressionen zu bekämpfen oder den Stress während der Pandemie besser zu bewältigen. Manche haben mit Meditation oder Yoga begonnen, um ihren Geist und ihr Herz zu beruhigen. Oder sie haben neue Hobbys für sich entdeckt: wie Backen, Nähen, Stricken, Tanzen zu YouTube-Videos oder das Erlernen einer neuen Sprache.
Wenn Sie weniger unterwegs sind und mehr Zeit zu Hause verbringen, könnten Sie sich ein wenig in den Sprachschatz der deutschen Sprache vertiefen. Die ist nämlich reich an interessanten Redewendungen und Ausdrücken über die Zeit.
Vielleicht nehmen Sie sich einfach Zeit, um unsere Bildergalerie in Ruhe durchzuklicken. Viel Spaß dabei!
Mehr Inhalte über Deutsche und ihre Eigenarten, die deutsche Alltagskultur und Sprache finden Sie auf unserer Seite www.dw.com/meetthegermans_de sowie bei YouTube.