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Referendum wirft viele Fragen auf

Jannis Papadimitriou, Athen1. Juli 2015

Nur eine Woche Wahlkampf und eine unklare Formulierung: Das Referendum in Griechenland ist verfassungsrechtlich umstritten und geht mit einigen Kuriositäten einher. Aus Athen berichtet Jannis Papadimitriou.

Griechenland: Stimmzettel für das Referendum (Foto: EPA/SIMELA PANTZARTZI)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pantzartzi

Das gab es noch nicht in der neugriechischen Geschichte: Innerhalb von nur einer Woche soll eine landesweite Abstimmung mit weitreichenden Folgen organisiert und durchgeführt werden. Dass der Wahlkampf für diese Volksabstimmung nicht länger als acht Tage dauert, sei nicht nur ein Kuriosum, sondern auch ein Verstoß gegen die griechische Verfassung, glaubt der Staatsrechtler und Politiker Evangelos Venizelos. Die Wähler hätten kaum Zeit, sich richtig zu informieren und eine eigene Meinung zu bilden, kritisiert der ehemalige Sozialisten-Chef im griechischen Parlament. Das Gegenargument der Linkspartei: Seit Monaten und Jahren werde im Land über diese Themen debattiert, das Volk sei daher ausreichend informiert. Einen Antrag der Sozialisten auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit lehnte das Parlament mit den Stimmen der Links-Rechts-Koalition von Premierminister Alexis Tsipras ab.

"Diese Volksabstimmung ist nicht seriös vorbereitet", stellt Lucas Tsoukalis, Vorsitzender des Athener Think Tanks ELIAMEP, im Gespräch mit der Deutschen Welle fest. "Allein schon die kurze Dauer des Wahlkampfs wirft gewichtige verfassungsrechtliche Fragen auf." Innenminister Nikos Voutsis sieht dagegen keine Probleme, er versichert: "Diese Volksabstimmung wird in völliger Transparenz durchgeführt und rechtzeitig organisiert." Keine leichte Aufgabe für den griechischen Staat: Innerhalb von wenigen Tagen müssen knapp 10 Millionen Stimmzettel gedruckt und an mehr als 19.000 Wahllokale in ganz Griechenland verteilt werden. Erste Lieferungen würden bereits am Mittwoch beginnen, damit die Wahlzettel rechtzeitig auf weit entfernten Inseln und in entlegenen Regionen ankämen, sagte der Minister.

Bis kommenden Sonntag müssen rund 10 Millionen Stimmzettel gedruckt und verteilt werdenBild: picture-alliance/dpa/S. Pantzartzi

Referendums-Frage absichtlich unklar formuliert?

Neben der kurzen Vorbereitungszeit ist auch die komplizierte Fragestellung des Referendums umstritten: Die Griechen werden gefragt, ob die jüngsten Vorschläge der Geldgeber angenommen werden sollen. Diese basieren im Wesentlichen auf zwei Studien, die zusammen 34 Seiten umfassen: Die "Reformen zur Vollendung des laufenden Programms und darüber hinaus" und die "Vorläufige Analyse zur Schuldentragfähigkeit" Griechenlands. Der Athener Verfassungsrechtler Nikos Alivizatos vermutet, dass hinter der unklaren formulierten Frage Absicht steckt. "Die Regierung weiß: Würde sie direkt fragen, ob das Land im Euro bleiben soll oder nicht, würde sie das Referendum mit Sicherheit verlieren. Doch auch bei der aktuellen Fragestellung läuft das Ganze auf eine Abstimmung über den Euro hinaus", erläuterte der Jurist im TV-Sender Skai.

Innenminister Voutsis behauptet, nicht Partei ergreifen zu wollen und tut dies vielleicht doch ein bisschen: Er müsse sich zurückhalten in seiner Position. Das sei auch der Grund gewesen, warum er an der jüngsten Kundgebung der Nein-Befürworter vor dem griechischen Parlament nicht teilgenommen habe, erklärte der Minister bei einem Pressegespräche. Voutsis rief alle Bürger auf, wählen zu gehen. Laut Verfassung setzt ein gültiges Referendum eine Wahlbeteiligung von mindestens 40 Prozent voraus.

Was kostet die Volksabstimmung?

Wie viel das geplante Referendum letztlich kosten wird, ist umstritten. Der griechische Rechnungshof geht von rund 110 Millionen Euro aus, Innenminister Voutsis dagegen rechnet mit höchstens 20 Millionen Euro. Schätzungen der tatsächlichen Kosten sind jedoch schwierig, denn in Griechenland gab es seit 1974 keine Volksabstimmung mehr. Damals ging es um die Abschaffung der Monarchie nach dem Fall der Militärdiktatur (1967-1974).

Weitere Kuriositäten des Referendums: Auf dem Wahlzettel steht das "Nein" über dem "Ja" - das heißt in umgekehrter alphabetischer Reihenfolge. Zudem dürfen mehr als zwei Millionen im Ausland lebende Griechen nicht wählen. Und: Die gesetzlich vorgesehene "Unterstützungskommission" für das „Nein“ wird wohl nicht zustande kommen. Grund dafür ist, dass diese Kommission Vertreter aller politischen Parteien einbinden soll, die für "Nein" plädieren - womit die Linkspartei Syriza und die rechtsradikale Goldene Morgenröte gemeinsam an einem Tisch säßen.

Schluss, Aus, Grexit: Was passiert danach?

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