Alle Spitzel in einer Datei
30. November 2014Obwohl sich im rechtsextremistischen Milieu zahlreiche V-Leute tummelten, konnten die Terroristen des "Nationalsozialistischen Untergrundes" NSU jahrelang unentdeckt morden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (Artikelbild) und die Landesämter führten jeweils eigene Spitzel in der Neonazi-Szene, die Kommunikation zwischen den Behörden war gleich null. Mit dem Auffliegen des NSU Anfang November 2011 wurde zugleich dieses beispiellose Versagen der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Rechtsextremismus deutlich.
Tauziehen um Reform
Seitdem arbeitet die Politik an einer Reform des Verfassungsschutzes. Nach langem Streit zwischen Bund und Ländern gibt es der "Welt am Sonntag" zufolge jetzt in einem wichtigen Punkt eine Einigung: Es soll eine zentrale V-Mann-Datei aufgebaut werden. Wie eine Sprecherin des Bundesinnenministerium der Zeitung mitteilte, ist mit der technischen Umsetzung im Frühjahr zu rechnen.
Es bestehe Einigkeit darüber, welche Informationen über die Spitzel künftig gespeichert werden und dem Bundesamt für Verfassungsschutz sowie den Landesämtern zur Verfügung stehen sollen. Die Eingabe und Pflege der Daten solle künftig im Bundesamt in Köln erfolgen, schreibt die "Wams".
De Maiziere will gesetzliche Regelung
Die geplante Verfassungsschutzreform soll laut "Welt am Sonntag" noch in diesem Jahr vorgestellt werden. Nach früheren Presseberichten will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) dabei erstmals den Einsatz von Vertrauensleuten und verdeckten Ermittlern gesetzlich regeln und das Bundesamt für Verfassungsschutz gegenüber den Länderbehörden stärken.
Im laufenden Prozess gegen Beate Zschäpe, das mutmaßlich einzig noch lebende Mitglied des NSU, vor dem Oberlandesgericht München ist offenbar geworden, dass V-Leute Straftaten begangen und mit ihrem Spitzellohn Neonazi-Aktivitäten finanziert haben.
Dem NSU wird vorgeworfen, aus rassistischen Motiven neun Migranten türkischer und griechischer Herkunft sowie eine Polizistin getötet zu haben. Die männlichen NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nahmen sich am 4. November 2011 das Leben, nachdem ihnen die Polizei nach einem Bankraub auf die Spur gekommen war.
wl/ml (dpa, afp)