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Nächste Kernschmelze des US-Finanzsystems?

13. Juni 2017

Die US-Regierung will die Zügel für die heimischen Banken lockern und kommt damit Forderungen aus der Branche weit entgegen. Der Kongress soll dabei weitgehend umgangen werden.

Wall Street Dow Jones überspringt erstmals die Marke von 20 000 Punkten
Bild: picture alliance/A. Gombert/EPA/dpa

Das Finanzministerium in Washington stellte am Montag (Ortszeit) Pläne für mehr als 100 Änderungen an den geltenden Vorschriften vor, die als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 eingeführt worden waren. Finanzminister Steven Mnuchin, früher selbst Investmentbanker bei der US Bank Goldman Sachs, will damit das Versprechen von Präsident Donald Trump einlösen, den Bürgern leichter Zugang zu Krediten und anderen Finanzprodukten zu verschaffen. Bei dem von Trump angekündigten "großen Wurf" will er den Kongress weitgehend umgehen, denn dort bräuchte er die Zustimmung der Demokraten. Nur für 20 Prozent der Vorhaben seien neue Gesetze nötig, sagte der Minister.

Weniger Stresstests, weniger Überwachung

Das Finanzministerium will unter anderem die Beschränkungen lockern, denen Großbanken im Handel unterliegen. Die jährlichen Stresstests, in denen die Banken ihre Krisenfestigkeit beweisen sollen, will Mnuchin nur noch alle zwei Jahre stattfinden lassen. Die einflussreiche Verbraucherschutzbehörde CFPB, die den Geldhäusern zuletzt aggressiv auf die Finger geklopft hatte, soll an Macht verlieren. Die Überwachung von US-Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 50 Milliarden Dollar soll grundsätzlich gelockert werden.

Finanzminister Steven Mnuchin: "Mehr Auswahl für die Bürger"Bild: Reuters/J. Roberts

Auch die Umsetzung der internationalen Kapital- und Liquiditätsstandards ("Basel III") in den USA wird in dem Papier teilweise in Frage gestellt. Sie waren nach der Finanzkrise eingeführt worden, an ihnen wird aber noch immer geschraubt. Bei den gegenwärtig laufenden Verhandlungen über eine - unter dem Schlagwort "Basel IV" geführte - Verschärfung tun sich Gräben zwischen US-Amerikanern und Europäern auf.

Die Regierung setzt bei der Umsetzung der Reformen ganz auf die Finanzaufsichtsbehörden, die Trump nach und nach mit seinen Leuten besetzen will. Bisher sind aber nur Mnuchin selbst und der Chef der Börsenaufsicht SEC, Jay Clayton, vom Kongress bestätigt worden. Die übrigen Behörden arbeiten mit Interims-Lösungen oder unter Chefs, die noch Trumps Vorgänger Barack Obama ernannt hatte.

Kritische Stimmen

Das geplante Reformpaket stieß auf ein unterschiedliches Echo. "Das ist das erste Mal seit längerer Zeit, dass unsere Bedenken bei den Leuten am Ruder auf Resonanz stoßen", sagte Rich Foster vom Bankenverband Financial Services Roundtable. Allerdings seien viele Einzelheiten der Pläne noch unklar.

Verbraucherschützer und Politiker aus dem Lager der Demokraten warnten dagegen vor der Gefahr einer neuen Finanzkrise, wenn Trump die Lockerungen durchsetze. Die Wall-Street-kritische demokratische Senatorin Elizabeth Warren sagte, die Änderungen machten es "den Großbanken leichter, ihre Kunden zu betrügen und die nächste Kernschmelze des Finanzsystems auszulösen".

Mnuchin argumentierte dagegen, die Änderungen seien notwendig, um die Wirtschaft anzukurbeln, den Verbrauchern mehr Auswahl zu geben und sicherzustellen, dass die Steuerzahler künftig keine großen Banken mehr retten müssten. Eine allzu laxe Vergabe von Hypothekenkrediten an zahlungsschwache Kunden gilt als eine der Hauptursachen der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2009.

Neben einer Überprüfung der Regeln für die Banken will das Finanzministerium in Washington auch die Vorschriften für die Kapitalmärkte, die Abwicklung von Derivaten (Clearing) sowie die Versicherungs- und Vermögensverwaltungsbranche unter die Lupe nehmen.

iw/wen (rtr)

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