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Regierungschefs und Weltpresse am Absturzort

Barbara Wesel25. März 2015

Ein kleines Dorf, umgeben von Alpengipfeln. Von hier aus wird der Einsatz an der Absturzsstelle von Flug 4U 9525 koordiniert. Die Politprominenz und die Medien wollen ganz nah am Geschehen dran sein.

Francois Hollande, Angela Merkel und Mariano Rajoy in Seyne-les-Alpes (Foto: picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Ena

Eine große Wiese unterhalb des Dorfes ist seit Dienstagnachmittag das eigentliche Zentrum von Seyne-les-Alpes. Dutzende von Fernsehübertragungswagen der Sender aus aller Welt parken hier; im Lärm der startenden und landenden Helikopter verbreiten sie die spärlich fließenden Neuigkeiten vom Fortschritt der Arbeiten. Denn hier wird auch die eigentliche Arbeit geleistet, die Bergung der Überreste von der Absturzstelle. Im Abstand von ein paar hundert Metern stehen sie sich gegenüber: Diejenigen, die sich in das steile Felstal abseilen, in dem die Trümmer des Airbus liegen, und denjenigen, die darüber Stunde um Stunde berichten.

Schon am Mittwochmorgen hatten Helfer in Seyne begonnen, einen unscheinbaren Hangar mit Stühlen und Podesten einzurichten. Absperrungen wurden gebracht, Fahnen aufgestellt, ein Tonsystem installiert. "Da gibt es später die Pressekonferenz der Chefs, Hollande, Merkel und Rajoy", sagte einer aus der Hundertschaft Gendarmen, die aus der ganzen Region zum Schutz der Regierungschefs und vor allem des Hubschrauberlandeplatzes abkommandiert worden waren - viele von ihnen aus Marseille.

Die Bergung wird noch schwieriger als erwartet

Gefragtester Mann war am Vormittag der örtliche Chef des Zivilschutzes, Xavier Roy. Er erklärte immer wieder, wie schwierig der Zugang zur Absturzstelle ist, weil die Trümmer an der steilen Felswand in die Schlucht hinuntergestürzt sind: "Wer da arbeiten will, muss sich anseilen." Die Bergung der Toten werde Tage, wenn nicht Wochen dauern. Zunächst müsste das Areal gesichert und alle Fundorte und Fundstücke markiert werden. Auch zu dieser Jahreszeit ist später Schneefall nicht ausgeschlossen. An diesem zweiten Tag wurden auch Gerichtsmediziner eingeflogen, um die Situation zu begutachten. Die spärlichen Informationen von ihrer Seite klangen wenig ermutigend: Es werde eine sehr mühsame und langwierige Arbeit werden.

Die Trümmerteile sind nur schwer zu erreichenBild: Reuters/French Interior Ministry/Handout

Manche gehen davon aus, es werde vielleicht überhaupt nicht möglich sein, alle Opfer zu identifizieren und ihre sterblichen Überreste an die Angehörigen zu übergeben. Gegenüber französischen Zeitungen sprachen einige der Rettungskräfte sogar in schockierend deutlichen Worten: Die Wucht des Aufpralls sei so groß gewesen, dass die Trümmer des Airbus und seine Insassen quasi "atomisiert" worden seien, berichtet die Zeitung "Le Monde". Und ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP, der an den Polizeiabsperrungen vorbei zu Fuß den Berg hinauf zur Absturzstelle gestiegen war, bestätigte: "Was man da oben findet, ist nur so groß wie eine Handfläche oder kleiner. Der Berghang sieht aus, als ob er von Konfetti übersät sei." Eines der größten gefundenen Einzelteile des Flugzeuges ist eine Landeklappe, der Rest sind oftmals kleinste Metallstücke.

Die Politiker trauern mit den Familien

Solche Bilder in den Zuhörern zu erwecken, vermeiden die Staats- und Regierungschefs am Nachmittag, als sie schließlich an die Pulte treten, die feierlich mit den Fahnen der drei hauptbetroffenen Länder geschmückt sind. Eine blasse und betroffen wirkende Bundeskanzlerin Angela Merkel bedankte sich bei Frankreichs Staatschef François Hollande für die Unterstützung, die er bei "dieser wahrhaften Tragödie" geleistet habe. Das ganze deutsche Volk danke Frankreich dafür. Besonders hob sie die Arbeit der vielen Freiwilligen und die großzügig angebotene Gastfreundschaft der Einheimischen hervor: Die Angehörigen würden warmherzig empfangen, wenn sie hier in den nächsten Tagen eintreffen, um sich am Ort des Unglücks von ihren Nächsten zu verabschieden, versicherte sie. Im französischen Fernsehen wurden Einwohner interviewt, die Trauergästen Unterkünfte kostenlos anboten.

Die Dorfbewohner sind schockiert und ein bisschen überrollt von den Ereignissen. Im nächstgrößeren Ort Digne, etwa 40 Kilometer von der Einsatzzentrale in Seyne entfernt, hat der Bürgermeister ein Empfangszentrum eingerichtet, wo Ärzte, Psychologen, Pfarrer und Dolmetscher auf die Familienangehörigen warten. Am Mittwoch war dort noch niemand, für Donnerstag aber werden mehrere hundert Verwandte hier erwartet. Unter anderem sollen sie mit zwei Sondermaschinen aus Düsseldorf eintreffen.

Pressekonferenz von Angela Merkel, François Hollande und Mariano RajoyBild: B. Horvat/AFP/Getty Images

Einige erste Gruppen hatten sich bereits am Mittwochmorgen auf den Weg gemacht. Streng abgeschirmt von der Presse trafen sie in einer eigens eingerichteten Gedenkkapelle im Ort Le Vernet auf die Gruppe der Regierungschefs. Das kleine Dort liegt der Unglücksstelle geographisch am nächsten, dort sprachen der spanische Regierungschef Mariano Rajoy und die Bundeskanzlerin mit einigen ihrer trauernden Landsleute.

Auch in Seyne gibt es einen blumengeschmückten Raum im örtlichen Jugendzentrum, wo sich Familien und Besucher in ein Kondolenzbuch eintragen können. Gleich nebenan warten die Gerichtsmediziner auf den eigentlichen Beginn ihrer Arbeit, wenn die Bergungskräfte die Überreste der Toten aus dem Berg zurückbringen. Ihre Lastwagen sind bereits vor dem Gebäude geparkt. Nicht nur François Hollande lobte die "effiziente und gut organisierte" Arbeit seiner Behörden und Dienste, auch Angela Merkel erwähnte, wie schnell und umfassend die Franzosen auf das Unglück reagiert hätten. Gegen 16:30 Uhr am Nachmittag erhoben sich die schweren Militärhubschrauber wieder in die Luft und brachten die Politiker zurück in ihre Regierungssitze.

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