1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Merkel sieht fast nur Erfolge

Marcel Fürstenau, Berlin29. Januar 2014

In ihrer Regierungserklärung lobt die Bundeskanzlerin ihre alte und neue Politik. Wirtschaftlich angeschlagenen Ländern empfiehlt Merkel das deutsche Modell. Und grundsätzliche Zweifel an den USA hat sie keine.

Angela Merkel am Rednerpult des Bundestages.
Bild: John Macdougall/AFP/Getty Images

Die erste Regierungserklärung der Bundeskanzlerin in der neuen großen Koalition begann mit einem Rückblick. Angela Merkel erinnerte am Mittwoch im Deutschen Bundestag an den Beginn dieses Jahrtausends: "Damals galt Deutschland als der kranke Mann Europas", sagte die Christdemokratin. "Fast fünf Millionen Arbeitslose wies die Statistik damals aus, heute sind es zwei Millionen weniger". Die damalige Wirtschaftsordnung sei deshalb als "altmodisch" bezeichnet worden. Heute könne man feststellen: "Deutschland geht es so gut wie lange nicht", freute sich Merkel.

Die Wirtschaft wachse, die Menschen blickten so optimistisch in die Zukunft, wie seit dem Fall der Berliner Mauer nicht mehr. Deutschland sei der "Wachstumsmotor" und "Stabilitätsanker" in Europa, sagte die im Dezember zum dritten Mal vom Parlament gewählte Regierungschefin. Deutschland trage dazu bei, dass die Staatsschuldenkrise überwunden werden könne. Die große Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten habe den Anspruch, "nicht nur irgendwie aus der Krise zu kommen, sondern stärker, als man hineingegangen ist".

"Angemessene Regulierung der Finanzmärkte"

Quellen ihrer Politik seien Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, wirtschaftliche Stärke und Gerechtigkeit. Als Ziele benannte Merkel solide Finanzen, Investitionen, Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Fähigkeit, "Verantwortung in Europa und der Welt zu übernehmen". Deutschland werde es aber nur gut gehen, wenn es Europa gut gehe. Unter dem Eindruck der Staatsschuldenkrise plädierte Merkel für eine "angemessene Regulierung" der Finanzmärkte. Wer ein Risiko eingehe, hafte auch für die Verluste und nicht mehr der Steuerzahler.

Die Wirtschafts- und Währungsunion müsse vertieft werden. Der europäische Binnenmarkt, die Außenhandelsbeziehungen sowie die Energie- und Klimapolitik seien aufeinander abzustimmen. Jedes Land müsse in finanzieller Hinsicht seine Hausaufgaben machen. Deutschland werde 2015 keine neuen Schulden aufnehmen, kündigte Merkel an. Die gute Haushaltslage verdanke das Land der florierenden Wirtschaft. Das habe zu Rekordeinnahmen bei den Steuern geführt. Steuererhöhungen schloss die Bundeskanzlerin aus.

Nachdrücklich verteidigte Merkel die Korrekturen bei der Energiewende, die mittelfristig zu einer Kürzung der Subventionen für erneuerbare Energien führen werden. Trotzdem: Es gebe kein Land in der Welt, dass eine so "radikale Veränderung" seiner Energieversorgung anpacke. Wenn die Energiewende gelinge, werde sie zu einem weiteren "deutschen Exportschlager". Bei alledem müsse die Wirtschaft wettbewerbsfähig und Energie für alle bezahlbar bleiben, sagte die Regierungschefin.

Korrekturen an der "Agenda 2010"

Detailliert ging Merkel auf die geplanten Maßnahmen der großen Koalition in der Sozial- und Wirtschaftspolitik ein. Die grundsätzlich von ihr verteidigte "Agenda 2010" aus der Zeit des sozialdemokratischen Bundeskanzlers Gerhard Schröder habe auch zu Missbrauch geführt. Beispielhaft nannte die Regierungschefin die schlechtere Bezahlung von Leiharbeitern. Das will Merkel ändern. Gleichzeitig rechtfertigte sie Ausnahmeregelungen beim flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro, auf den sich die Koalition aus CDU/CSU und SPD verständigt hat. Die Kanzlerin appellierte in diesem Zusammenhang an die Verantwortung der Tarifpartner, also Arbeitgeber und Gewerkschaften.

Dem Fachkräftemangel in Deutschland will die große Koalition mit gezielter Zuwanderung begegnen. Dabei dürfe es nicht zu einer "faktischen Einwanderung in die Sozialsysteme" kommen, betonte Merkel. Und von 2016 an sollen Posten in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mindestens zu 30 Prozent mit Frauen besetzt werden. "Jahrelanges gutes Zureden hat nicht geholfen, deshalb müssen wir diesen Schritt jetzt gehen", begründete die Kanzlerin das Vorgehen ihrer Koalition.

Das Internet als "Verheißung"

Ausführlich befasste sich Merkel in ihrer einstündigen Regierungserklärung mit der Ausspähung des Internets durch den US-Geheimdienst NSA, der auch ihr Handy abgehört haben soll. Trotzdem solle das Internet eine "Verheißung" bleiben, wünscht sich die ausspionierte Bundeskanzlerin. "Wir wollen es vor Zerstörung von innen durch kriminelle Machenschaften und intransparente Kontrolle von außen schützen." Im Laufe des Jahres solle eine "digitale Agenda" erstellt werden. Auf europäischer Ebene soll der deutsche Datenschutz-Standard nicht "unverhältnismäßig" geschwächt werden, hofft Merkel. Die Arbeit der Nachrichtendienste sei für den Schutz des Landes und seiner Bevölkerung aber nötig, fügte sie hinzu. Und die internationale Zusammenarbeit sei unverzichtbar.

Merkels Fazit zu der NSA-Affäre lautet, dass es um die Frage der Verhältnismäßigkeit gehe. Unmissverständlich kritisierte sie das Abhören befreundeter Staaten und internationaler Organisationen: "Nein, das kann nicht richtig sein." Zwischen Verbündeten müsse es Vertrauen geben. Sonst gebe es am Ende "nicht mehr, sondern weniger Sicherheit", befürchtet die deutsche Regierungschefin. Milliarden Menschen in Ländern ohne Freiheitsrechte würden genau beobachten, "wie die demokratische Welt auf die Bedrohung ihrer Sicherheit reagiert". Doch trotz aller Kritik an den USA bleibe die deutsch-amerikanische Partnerschaft von "überragender Bedeutung", betonte Merkel.

Bekenntnis zu internationalem Engagement

Abschließend versprach die Kanzlerin, Deutschland werde sich weiter in Afghanistan engagieren, aber auch auf dem Balkan oder in Mali. Merkel hob dabei hervor, dass kein Konflikt "allein militärisch" gelöst werden könne. Deutschland setze auf die Vernetzung militärischer und ziviler Mittel.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen