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Politik

Neue Kommission zu Fluchtursachen gestartet

2. Oktober 2019

Wie kann man den Ursachen von Flucht und Migration wirksamer begegnen? Antworten auf diese Frage soll im Auftrag der Bundesregierung die neue Fachkommission Fluchtursachen liefern, die in Berlin erstmals zusammentrat.

Besatzung des Rettungsschiffs "Alan Kurdi" auf dem Mittelmeer
Helfer des Rettungsschiffs "Alan Kurdi" bergen Migranten aus einem Holzboot im MittelmeerBild: picture-alliance/Sea Eye/N. Jaussi

24 Experten sollen im Auftrag der Bundesregierung bis Ende des kommenden Jahres Empfehlungen zur Minderung von Fluchtursachen und irregulärer Migration erarbeiten. Die entsprechende Fachkommission nahm dazu im Entwicklungsministerium in Berlin ihre Arbeit auf. Dem Gremium gehören Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, Wirtschaft und internationalen Organisationen an. Den Vorsitz übernehmen die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, und die ehemalige Präsidentin der Welthungerhilfe, Bärbel Dieckmann.

Die weltweite Flüchtlingssituation bleibe dramatisch, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Vorfeld der ersten Sitzung. "Durch den Klimawandel könnten künftig noch mehr Menschen ihre Heimat verlieren; steigende Meeresspiegel und extreme Dürren bedrohen die Existenz von Hunderten Millionen", warnte er. Betroffen seien vor allem Entwicklungsländer, die ohnehin schon 84 Prozent der Flüchtlinge aufnähmen. Derzeit sind laut UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rund 71 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht.

Die CSU-Politikerin Gerda Hasselfeldt übernimmt den Vorsitz der neuen KommissionBild: picture-alliance/dpa/C. Koall

Eine Initiative für eine Untersuchungskommission im Bundestag zum gleichen Thema begrüßte den Start des Expertengremiums. "Die Politik konzentriert sich weiter auf die Abwehr von Flüchtlingen. Es muss endlich darum gehen, die Ursachen, warum Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen, ernsthaft, systematisch und ehrlich zu ergründen, um dann gegenzusteuern", sagte der Mitinitiator und frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Er hatte die Aktion zusammen mit dem Bürgerrechtler Ralf-Uwe Beck und der Ehrenvorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Angelika Zahrnt, vor der jüngsten Bundestagswahl gestartet. 150 Träger des Bundesverdienstkreuzes aus Zivilgesellschaft und Kirche haben sich der Forderung angeschlossen.

Welche Verantwortung hat Deutschland?

Anlässlich der konstituierenden Sitzung forderte Zahrnt aber auch, die Kommission müsse auch untersuchen, wie Deutschland zu Fluchtursachen beitrage und welche Auswirkungen das Wirtschaften und der Lebensstil in Deutschland auf Fluchtbewegungen habe. "Rüstungsexporte, Handelsbeziehungen, die Rohstoffwirtschaft, Agrarsubventionen und Fischfangquoten gehören auf den Prüfstand", so die BUND-Ehrenvorsitzende.

Das Entwicklungsministerium wies auf das Programm Perspektive Heimat hin, das seit dem Start im Jahr 2017 inzwischen 400.000 Maßnahmen zur Qualifizierung, Unterstützung bei der Existenzgründung, Beschäftigungsvermittlung und zur psychosozialen Unterstützung in den Partnerländern organisiert habe. Mehr als 32.000 Maßnahmen habe es für Rückkehrer aus Deutschland gegeben.

Mehr als 1000 Todesopfer

Unterdessen gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass auf der Flucht über das Mittelmeer in diesem Jahr bereits mehr als 1000 Menschen ertrunken sind. "Wir müssen mit Stand gestern jetzt von 1028 Toten ausgehen", sagte der Repräsentant des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), Dominik Bartsch in Berlin. Europa müsse sich seiner Verantwortung stellen. Im vorigen Jahr hatte das UN-Hilfswerk am Ende 2277 Tote und Vermisste gezählt. "Das ist das sechste Jahr in Folge, in dem mehr als 1000 Menschen im Mittelmeer ertrinken", sagte Bartsch. "Diese Situation ist ein moralisches Fiasko und absolut inakzeptabel."

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Als einen wichtigen Vorstoß wertete Bartsch die Einigung Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Maltas auf eine Übergangslösung zur Seenotrettung.

Danach sollen aus Seenot gerettete Asylbewerber, die an Land gebracht werden, innerhalb von vier Wochen auf die teilnehmenden EU-Staaten verteilt werden. Angestrebt wird eine für alle EU-Staaten geltende Regelung, die die politisch weitgehend nicht umsetzbare Dublin-Vereinbarung ablöst. Derzeit ist danach jenes Land für die Bearbeitung von Asylanträgen zuständig, in dem Geflüchtete zuerst europäischen Boden betreten haben.

"Ein tragfähiger Mechanismus muss her, damit Menschen, die auf dem Mittelmeer gerettet werden, nicht als Geiseln einer wochenlangen Schacherei unter oft unwürdigen Bedingungen auf dem Boot bleiben", sagte Bartsch. Dabei gehe es nicht um eine Aufnahmegarantie. "Aber diese Menschen müssen das Recht haben, ihr Asylgesuch vorzubringen."

kle/ww (kna, dpa, epd)

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