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Politik

Offensive in Idlib löst Massenflucht aus

26. Juli 2019

Im Nordwesten Syriens sind seit Beginn der Regierungsoffensive auf Idlib nach UN-Angaben mehr als 400.000 Menschen vertrieben worden. Die Vereinten Nationen sprechen von einer "dramatischen Eskalation" der Gewalt.

Syrien Russische Jets trafen auf den Marktplatz in der Provinz Idlib
Syrische Weißhelme suchen Überlebende nach einem Luftangriff...Bild: picture-alliance/AP Photo/Syrian Civil Defense White Helmets

Regierungstruppen hatten Ende April eine Offensive auf das Rebellengebiet um die Stadt Idlib begonnen. Syriens Luftwaffe und ihr Verbündeter Russland fliegen regelmäßig Angriffe. Anfang der Woche waren in dem Gebiet bei Bombardierungen aus der Luft nach UN-Angaben mindestens 59 Zivilisten getötet und mehr als 100 verletzt worden.

Die Angriffe der Regierung und ihrer Verbündeten träfen immer wieder Klinken, Schulen und andere zivile Infrastruktur, kritisierte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet. Angesichts des sich wiederholenden Musters sei es unwahrscheinlich, dass es sich dabei um Zufall handele. Allein in den vergangenen zehn Tagen seien bei zehn Angriffen mindestens 103 Zivilisten getötet worden, darunter 26 Kinder.

2700 Tote in drei Monaten

Die Region um Idlib wird von der Al-Kaida-nahen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) dominiert. Syrische Regierungsanhänger konnten seit Beginn der Offensive vor drei Monaten kaum Geländegewinne erzielen. Nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte starben in den vergangenen drei Monaten mehr als 2700 Menschen. In der Region leben rund drei Millionen Zivilisten, etwa die Hälfte von ihnen Vertriebene.

Die Bomben der Regierungstruppen treffen schutzlose ZivilistenBild: Getty Images/AFP/O. H. Kadour

"Absichtliche Angriffe auf Zivilisten sind Kriegsverbrechen, und wer sie befohlen oder ausgeführt hat, ist strafrechtlich für diese Taten verantwortlich", fügte Bachelet hinzu. Ihr Büro habe den Tod von insgesamt 450 Zivilisten seit Beginn der Regierungsoffensive in Idlib dokumentiert. Trotz eines Deeskalationsabkommens und einer Entmilitarisierungszone litten Millionen Menschen in der Region Idlib unter einer schweren militärischen Eskalation.

Sicherheitsrat bleibt tatenlos

Bachelet äußerte die Sorge, dass das anhaltende Blutvergießen in Syrien nicht mehr im Blick der Weltöffentlichkeit stehe. Trotz der steigenden Zahl ziviler Opfer herrsche international Gleichgültigkeit, es scheine nur ein kollektives Schulterzucken zu geben. Bachelet beklagte zudem eine Lähmung des Sicherheitsrats und warf den fünf ständigen Mitgliedern Versagen vor: Sie könnten sich nicht darauf einigen, ihre Macht und ihren Einfluss zu nutzen, das Kämpfen und Töten ein für allemal zu beenden.

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet kritisiert das tatenlose Zusehen der WeltgemeinschaftBild: picture-alliance/KEYSTONE/M. Trezzini

Das Assad-Regime will die Provinz Idlib und angrenzende Gebiete von islamistischen Terrorgruppen zurückerobern. Es handelt sich um eines der letzten größeren Gebiete, das noch von Gegnern Assads kontrolliert wird.

Der Konflikt in Syrien hatte 2011 mit Protesten gegen das Regime begonnen, die die Armee blutig niederschlug. Hunderttausende Menschen wurden getötet, Millionen Menschen sind geflüchtet.

ni/as (afp, dpa, epd)