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Politik

SADC: Hohe Ziele - mäßiger Erfolg

Martina Schwikowski
16. August 2017

Politische Rivalitäten und wirtschaftliche Unterschiede prägen die Staatengemeinschaft SADC im Süden Afrikas. Die Organisation feiert jetzt ihren 25. Geburtstag. Die Ziele waren ambitioniert. Was hat die SADC erreicht?

Malawi Afrika-Treffen SADC
Bild: Getty Images/AFP/A. Gumulira

Südafrikas Regierung bereitet sich auf einen Spitzenposten vor: In dieser Woche übernimmt das Land am Kap für ein Jahr den Vorsitz der SADC-Staaten, der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika. Auf dem Gipfeltreffen am 19. August in Pretoria wird Südafrikas Präsident Jacob Zuma seinen Vorgänger an der SADC-Spitze, Swasilands König Mswati III., ablösen. Gerade die kleineren SADC-Staaten dürften Südafrikas neue Führungsrolle in der 15-Mitglieder-starken Regionalgemeinschaft mit Skepsis betrachten.

Nur wenige Fortschritte

"Südafrikas Rolle in der Region ist problematisch: Das Land hat immer den großen Bruder gespielt oder sich zurückgezogen, um den anderen nicht auf die Füße zu treten", sagt Talitha Bertelsmann-Scott, Mitarbeiterin des südafrikanischen Instituts für internationale Angelegenheiten SAIIA, im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Die Ziele der Staatenunion sind ehrgeizig: politische Stabilität und gute Regierungsführung, angetrieben durch wirtschaftliche Entwicklung und Handel. 2008 hatten die SADC-Länder deshalb ein Freihandelsabkommen unterzeichnet. "Aber einige Staaten blieben außen vor. Es sind bisher kaum Fortschritte bei der wirtschaftlichen Integration dieser Länder gemacht worden", so Bertelsmann-Scott. Und das wird sich ihrer Ansicht nach auch unter Südafrikas Vorsitz nicht ändern: "Südafrika war nie bereit, eine große Zollunion einzugehen. Stattdessen hat es eine kleine Zollunion mit den SADC-Staaten Swasiland, Botswana, Lesotho und Namibia."

Integration - ein hoher Anspruch

Man sei sich innerhalb der Staatengemeinschaft aber grundsätzlich einig, dass die Region zunächst industrialisiert werden und die Infrastruktur ausgebaut werden muss, so die Expertin. Genau da will die Regierung Zuma offenbar ansetzen und künftig Gelder für transnationale Sektoren wie den Bergbau, die Arzneimittelindustrie und die Dienstleistungsbranche einwerben. Einen gemeinsamen Strommarkt gibt es bereits: Im sogenannten "Power Pool" organisieren die SADC-Staaten Energietransfers. Auch die Grenzen der riesigen Wildparks sind gefallen und es gibt ein einheitliches Visum für Touristen.

Schon lange dabei: Jacob Zuma beim SADC-Gipfel 2012 in Maputo, MosambikBild: AFP/Getty Images

Doch ein Problem bleibt: Die meisten SADC-Länder handeln statt untereinander verstärkt mit China, Indien oder Brasilien oder mit ihren früheren Kolonialmächten. "Die Regierungen sollten darüber nachdenken, den alten Anspruch der Integration fallen zu lassen und stattdessen überlegen, was sie wollen und gemeinsam erreichen können", sagt Bertelsmann-Scott.

"Ambitionierte Ziele"

Vorläufer der SADC-Gemeinschaft war die "Entwicklungskonferenz des südlichen Afrika" SADCC, die 1980 als loses Bündnis gegründet wurde. Es bestand zunächst aus den sogenannten Frontlinienstaaten gegen die wirtschaftliche Vormachtstellung Südafrikas zu Apartheid-Zeiten. Die Länder strebten nach weniger Abhängigkeit von Südafrika und mehr politischer Stabilität. Nach der Unabhängigkeit von den Kolonialmächten gründete sich die Organisation im August 1992 grundsätzlich neu: Im namibischen Windhuk bekam sie nicht nur ihren heutigen Namen SADC, sondern auch rechtlich bindende Richtlinien für die Kooperation der Mitgliedstaaten untereinander.

"Die Ziele der SADC sind sehr ambitioniert", sagt Matthias Boddenberg, Leiter der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika in Johannesburg. Von der alten Aufbruchsstimmung in den 1980er Jahren sei aber wenig übrig geblieben: "In kleinen, aber wichtigen Schritten arbeiten die SADC-Staaten zwar an der Vereinheitlichung des wirtschaftlichen und politischen Raumes", so Boddenberg. Die Volkswirtschaften seien stärker zusammengewachsen, auch ein Handelsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) zwischen einzelnen Staaten und der Europäischen Union sei 2016 unterzeichnet worden. Politischer Wille zu mehr Kooperation sei vorhanden. "Aber dort, wo es gilt, politische Souveränität auch mal zurückzustecken, ist es schwer, einen Grundkonsens zu finden", so Boddenberg.

Mugabe in Simbabwe unantastbar?

Besonders deutlich wird das in Simbabwe. Dort sind zahlreiche SADC-Vermittlungen gescheitert, einen Regimewechsel einzuleiten und Langzeitmachthaber Robert Mugabe zu demokratischen Wahlen zu bewegen. Laut Bertelsmann-Scott hält Mugabe die SADC fast erpresserisch in Schach: "Jeder wartet nur darauf, dass er stirbt und es dann in Simbabwe bergauf geht." Wirksam Einfluss nehmen könnten die SADC-Staaten ihrer Ansicht nach nicht, denn "die aus den Befreiungsbewegungen der Länder hervorgegangenen Eliten halten noch immer zusammen". Matthias Boddenberg von der IHK in Johannesburg formuliert es so: Simbabwe habe früher eine starke Rolle als Frontlinienstaat gegenüber Apartheid-Südafrika wahrgenommen und "das wirkt immer noch fort, in der vorsichtigen Behandlung und dem Respekt gegenüber Simbabwe" durch die anderen Staaten.

Robert Mugabe beim SADC-Gipfel 2015 in Harare, SimbabweBild: picture-alliance/AP Photo/T. Mukwazhi

Einige Vermittlungsversuche der SADC-Staaten waren aber auch erfolgreich: Im kleinen Königreich Lesotho konnte 2014 ein Putsch verhindert werden. In Madagaskar verhängte die Union zeitweilig Sanktionen, als Präsident Marc Ravalomanana 2009 von der Armee und Oppositionsführer Andry Rajoelin gewaltsam aus dem Amt gedrängt wurde.

Gerade beim Thema Menschenrechte aber gebe es noch viel zu tun, sagt Boddenberg. Das SADC-Tribunal - der Gerichtshof des Staatenbundes - ist dabei allerdings keine große Hilfe. Seit einer Mandatsänderung 2014 können nur noch Staats- und Regierungschefs dort Beschwerden gegen Menschenrechtsverstöße einreichen. Zuvor wurden auch einzelne Organisationen oder Bürger angehört. Die NGO Human Rights Watch fordert die Rücknahme der Änderung - da sie Stabilität und Frieden in der Region gefährde.

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