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Regisseur Georg Maas über den Film "Zwei Leben".

Violetta Rjabko16. Januar 2014

"Zwei Leben" hat es nicht geschafft. Der Film von Georg Maas hat eine Oscarnominierung knapp verpasst. Vor der Nominierung sprachen wir mit dem Regisseur.

Szene aus dem Film ZWEI LEBEN mit Juliane Köhler (Foto: Farbfilm Verleih)
Bild: Farbfilm

In "Zwei Leben" geht es um eine Frau, die während des Nationalsozialismus' als sogenanntes "Lebensborn-Kind" aufwächst. Unter diesem Titel firmierte bei den Nazis ein staatlich geförderter Verein, der sich um die perverse Rassenhygiene der braunen Machthaber kümmerte. Anonyme Entbindungen und Adoptionen waren auf der Tagesordnung. Auch verschleppten die Nazis im Auftrag von Lebensborn Kinder aus den von Deutschen besetzten Gebieten. Maas erzählt im Verlauf von "Zwei Leben" das weitere Schicksal dieser Frau, die in der DDR in ein Kinderheim kommt und später in die Fänge der Stasi gerät. Der Film ist mit Schauspielern wie Juliane Köhler, Ken Duken und dem schwedischen Star Liv Ullmann prominent besetzt. Unsere Mitarbeiterin Violetta Rjabko traf Georg Maas vor kurzem in St. Petersburg, wo er seinen Film im Rahmen einer deutschen Kinowoche präsentierte.

Deutsche Welle: Was hat Sie an dieser Geschichte fasziniert?

Georg Maas: Ich habe beim Schreiben des Drehbuchs irgendwann gemerkt, dass die Möglichkeit besteht, die Hauptfigur ambivalent darzustellen. Die Gewalt der beiden Diktaturen in dem Film basiert auf Schwarz und Weiß. Die Dramaturgie des Films versucht, diese Art von Denken aufzulösen. Ich persönlich halte den Film für einen Antikriegsfilm. Ich wollte, dass man beim Zuschauen die Figuren nicht verurteilt. Die Geschichte wird so erzählt, dass wir eigentlich nie wissen, wie es weiter geht.

"Ein Film über das Verzeihen"

Wir sind gezwungen, mitzudenken und Fragen zu stellen, ohne Antworten zu wissen. Bis zum Schluss stellt man sich die Fragen: Ist die Hauptfigur böse? Ist sie eine Gute? Wie hätte sie das besser machen können? Am Anfang denkt man: Ich weiß, wie man dieses Problem besser lösen könnte. Zum Schluss weiß man das nicht mehr. Ich hatte die Möglichkeit, einen Film zu machen, in dem der Zuschauer beteiligt ist. Ich glaube, Liv Ullmann hat genau das auch inspiriert. Dies ist ein Film über das Verzeihen.

Entsetzen über die Fallgruben der Vergangenheit: Liv Ullmann (r.) in "Zwei Leben"Bild: Farbfilm

Hat Liv Ullmann sofort zugesagt?

Als sie das Drehbuch gelesen hat, sagte sie, dass die Geschichte sehr gut sei, aber dass sie auf keinen Fall diese Rolle spielen werde. Am Anfang sah das Drehbuch vor, dass die dann von Liv Ullmann gespielte Frau schon 80 Jahre alt ist. Liv sagte: "Ich will nicht im Krankenhaus liegen und Tabletten nehmen." Das Drehbuch wurde umgeschrieben, so dass sie eine Person in ihrem Alter spielen konnte. Wir machten die Figur dadurch lebendiger. Außerdem merkten wir, dass das Jahr 1990, als sich die DDR auflöste, interessanter ist als das Jahr 2005.

Ein Weltstar aus Schweden

Hat Liv Ullmann einen besonderen Bezug zum Stoff?

Die Familie von Liv Ullmann hatte mit diesem Thema viel zu tun. Ihre Tante war mit einem Deutschen zusammen. Der ist im Krieg gefallen, und die Tante kam mit den Kindern aus Deutschland nach Norwegen zurück. Den Kindern wurde verboten, Deutsch zu sprechen, obwohl sie mit dieser Sprache aufgewachsen waren. Liv Ullmann wurde zum Hass auf alles, was mit Deutschland und der deutschen Kultur zu tun hat, erzogen. Schon als Kind hat sie gespürt, dass daran etwas falsch war. Auch deswegen wollte sie bei dem Film mitmachen.

Der Regisseur Georg MaasBild: DW/S. Lenz-Gleissner

Ist die Geschichte, die im Film erzählt wird, ein Einzelfall?

Es gab Tausende deutsche Soldaten in Norwegen. Aus ihren Beziehungen mit norwegischen Frauen kamen Hunderte Kinder zur Welt. Die meisten dieser Kinder hat man nach dem Krieg sehr schlecht behandelt, man hat sie sozusagen "politisch missbraucht". Vor einigen Jahren hatten einige dieser Kinder einen Prozess gegen den norwegischen Staat angestrebt, um eine Entschuldigung und Entschädigung zu bekommen. Sie haben den Prozess nicht gewonnen. Der norwegische Ministerpräsident hat sich einmal entschuldigt. Die Betroffenen sind nach Straßburg [zum europäischen Gerichtshof; Anmerk. der Redaktion] gegangen. Aber der Gerichtshof dort hat die Klage zurückgewiesen, weil die Geschichte verjährt war.

Oscar wichtig, aber nicht entscheidend

Wie wichtig ist für Sie eine mögliche Oscar-Nominierung?

Natürlich ist das wichtig. Für mich und auch für die deutsche Filmindustrie. Andererseits: Ich habe meine Arbeit gemacht. Der Film ist fertig. Ob der jetzt den Oscar bekommt oder nicht, entscheide nicht ich. Ich mache mein Leben davon nicht abhängig. Ich freue mich total, dass wir mit unserem Film deutscher Kandidat für eine Nominierung in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" sind. Aber ich habe als Filmemacher gelernt, nicht abhängig davon zu sein, ob man einen Preis gewinnt oder eben nicht. Beim Filmemachen muss man viele Niederlagen einstecken.

Die Stasi setzt die junge Frau unter Druck: "Zwei Leben"Bild: Farbfilm

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, einen Oscar mit einem Film über das Thema Nationalsozialismus zu bekommen?

Ich glaube, das Thema ist kein Problem. Es ist auch nicht so, dass Deutschland jedes Jahr einen Film einreicht, der mit der Nazi-Zeit oder mit der Stasi zu tun hat. Zuletzt hatte "Nirgendwo in Afrika" mit der Nazi-Zeit zu tun und einen Oscar gewonnen [Der Film gewann 2003 in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film". In der gleichen Kategorie holte 2007 das Stasi-Drama "Das Leben der Anderen" von Florian Henckel von Donnersmarck den Oscar nach Deutschland, Anmerk. Der Redaktion.] Ich glaube, die Amerikaner und die Oscar-Akademie vergeben die Preise nicht nach dem Thema. Ich glaube auch nicht, dass die Kommission in Deutschland entschieden hat: "Mit Nazithemen gewinnen wir immer."

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