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Reinfeldt: Wettbewerbsfähigkeit stärken

Bernd Riegert28. Juni 2013

Der EU-Gipfel suchte Rezepte gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Im DW-Interview empfiehlt der schwedische Premier Fredrik Reinfeldt eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und nationale Reformen.

Der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt bei einer Pressekonferenz. (Foto: Robert Schlesinger/dpa)
Schwedens Ministerpräsident Fredrik ReinfeldtBild: picture-alliance/dpa

Deutsche Welle: Herr Ministerpräsident, wie gehen Sie in Schweden und den nordischen Ländern gegen Jugendarbeitslosigkeit vor? Haben Sie spezielle Rezepte, die Sie Ihren Kollegen empfehlen können?

Fredrik Reinfeldt: Zu allererst braucht man eine starke Wirtschaft. Wachstum schafft meistens auch Arbeitsplätze. In den letzten Jahren hat die Wirtschaft keine neuen Jobs geschaffen, vor allem nicht für junge Leute. Hinzu kommt, dass wir Probleme mit unserem Erziehungssystem haben: Schulabbrecher und Schüler, die die Anforderungen der Wirtschaft nicht erfüllen. Das ist ein schlechter Start in einer Zeit, in der die Anforderungen immer höher werden. Wir haben versucht, das Schulsystem zu verbessern und die Hürden für eine Anstellung zu senken. Wir haben die Kosten für Unternehmen gesenkt, die junge Leute einstellen. Wir lernen von Deutschland im Bereich der Lehrstellen und der betrieblichen Ausbildung. Davon hatten wir in Schweden zu wenig. Wir müssen die junge Generation besser mit dem Arbeitsmarkt verbinden.

Glauben Sie, dass die Krisenstaaten im Süden Europas von Ihren Erfahrungen lernen können und haben Sie den Eindruck, dass sie das auch wollen?

Ich glaube, dass diese Länder mit ihren großen Staatsdefiziten noch ein zusätzliches Problem haben: mangelnde Wettbewerbsfähigkeit. Das hat mit den Lohnstückkosten zu tun. Die Produkte und Dienstleistungen aus diesen Ländern können auf dem Weltmarkt nicht bestehen. Man muss die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, um die Lohnstückkosten zu senken. Das passiert in einigen Teilen Europas bereits. In dieser Situation steigt die Schwelle für Jugendliche in den Arbeitsmarkt zu kommen noch einmal an. Die Probleme verschärfen sich.

Ist das also ein Teufelskreis? Gibt es keinen Ausweg?

Doch, doch, es gibt immer einen Ausweg. Sie können Reformen einleiten in ihrem Land oder die Löhne beeinflussen. Runter mit den Lohnstückkosten. Wir beginnen damit, dies zu tun. Gleichzeitig haben wir aber eine Finanzkrise gesehen und eine schwache Wirtschaftsentwicklung, die schon fünf Jahre anhält. Das ist eine sehr lange Zeit. Das hat einen Effekt auf den Arbeitsmarkt und die Möglichkeiten für Jugendliche, eine Arbeit zu finden.

Der Gipfel hat entschieden, in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro zusätzlich gegen Jugendarbeitslosigkeit einzusetzen. Reicht das aus?

Das ist nicht DIE eine Lösung. Das Geld hilft nur einigen Staaten. Wir haben uns das mal angeschaut und sehen, dass Italien, Spanien und Großbritannien über die Hälfte des Geldes erhalten werden. Viele Staaten, auch Schweden, bekommen davon sehr wenig oder gar nichts. Das ist eine Hilfe für einige, aber man braucht vor allem nationale Kompetenz. Wir haben die Werkzeuge und Instrumente und sollten auf nationaler Ebene, aber koordiniert, handeln. Die finanzielle Unterstützung ist ein Bonus, aber keine Lösung.

Sie haben in Schweden im Mai gewalttätige Ausschreitungen von Jugendlichen erlebt. Fürchten Sie, dass dies auch in südlichen Mitgliedsstaaten passieren könnte, wenn diese nicht genug unternehmen?

Sicherlich! In Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit, wo das Gefühl herrscht, nicht dazu zu gehören, besteht immer die Gefahr, dass einige Gewalttäter die Initiative an sich reißen. Dann werden andere Jugendliche, besonders junge Männer, mit hineingezogen in die Ausschreitungen. Das ist in meinem Land passiert. Die Gefahr, dass das woanders auch geschieht, ist da. Man muss damit so umgehen: Die Rechtsstaatlichkeit muss mit Härte verteidigt werden. Gleichzeitig muss man aber Möglichkeiten aufzeigen, wie der Zugang zu Beschäftigung und besserer Bildung ermöglicht werden kann.

Seit einem Jahr wird viel über eine bessere Regierungsführung und eine bessere wirtschaftliche Koordination in der Europäischen Union und in der Eurozone geredet. Kommen diese Reformen und kommen sie schnell genug?

Ich glaube, wir haben genug Werkzeuge und System, um die Reformen durchzusetzen. Wir verlangen nicht noch mehr Strukturen und neue Kompetenzen. Es ist besser, die Strukturen zu nutzen, die wir bereits haben. Bei diesem Gipfel haben wir hauptsächlich über die Empfehlungen für Reformen in den einzelnen Mitgliedsstaaten gesprochen. Viele Staaten machen bereits viel. Europa bewegt sich in die richtige Richtung, aber natürlich wünschen wir uns mehr Wachstum und eine stärkere Wirtschaft. Dann wäre die Schaffung von Arbeitsplätzen einfacher.

Fredrik Reinfeldt (47) ist seit 2006 Ministerpräsident von Schweden. Der liberal-konservative Politiker führt seit 2003 die "Moderate Sammlungs-Partei" und regiert mit einer Koalition aus bürgerlichen Parteien. Die Jugendarbeitslosigkeit in Schweden liegt derzeit bei 24,7 Prozent, leicht über dem Durchschnitt in der Europäischen Union. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die Quote 7,5 Prozent, in Griechenland liegt sie bei 66 Prozent.

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