Viele würden gerne jetzt ihren Jahresurlaub buchen. Doch die Omikron-Variante verunsichert Reisewillige. Die Tourismusbranche gibt sich dennoch zuversichtlich.
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Noch vor wenigen Wochen sah es so aus, als ginge es wieder bergauf für die Reisebranche. Der Sommer verlief trotz Corona vielerorts gut. Und auch die Skiorte bereiteten sich auf eine reibungslose Saison vor, nachdem sie etwa in Österreich im ersten Pandemiewinter komplett ausfallen musste. Doch dann schossen die Corona-Infektionszahlen wieder in die Höhe, erreichten auch in Deutschland Rekordwerte. Und nun ist auch noch die Omikron-Variante des Coronavirus auf dem Vormarsch.
Viele Länder fahren deshalb ihre Öffnung wieder zurück. So lässt etwa Israel keine Touristen mehr ins Land, Großbritannien wurde von Deutschland als Virusvariantengebiet eingestuft und die Niederlande bleiben noch bis Mitte Januar im landesweiten Lockdown. Auch die EU reagiert auf die Omikron-Variante. Ohne Booster sind Impfzertifikate für Reisen durch die EU ab 1. Februar 2022 neun Monate nach der Grundimmunisierung ungültig.
Urlauber sind verunsichert und buchen kurzfristiger
Viele, die normalerweise jetzt zur Hauptbuchungszeit eine Reise geplant hätten, lassen deshalb lieber erst einmal die Finger von einer Buchung. Ein Trend, der sich wohl durch das gesamte Jahr ziehen wird. "Wir werden beim Reisen sicherlich weiterhin ein hohes Maß an Flexibilität und Spontanität an den Tag legen müssen", sagt Tourismusforscher Markus Pillmayer von der Hochschule München im DW-Gespräch.
Das setzt der ohnehin angeschlagenen Tourismusbranche zu. Ein weiteres Jahr drohen massive Umsatzeinbußen. Fragt man beim Deutschen Reiseverband (DRV) nach, wie die Branche auf das kommende Jahr blickt, bekommt man die Antwort "verhalten optimistisch". Gegenüber dem ersten Pandemiejahr habe man 2021 zwar eine "deutliche Belebung" gesehen, sagt DRV-Sprecher Torsten Schäfer gegenüber der DW. Doch die Ausbreitung der Omikron-Variante verunsichere viele Reisewillige und führe vermehrt auch zur Zurückhaltung bei den Buchungen für 2022.
Wer einen Urlaub bucht, tut das deshalb immer kurzfristiger. Das bestätigt auch Deutschlands größter Reiseveranstalter TUI. Man gehe trotzdem davon aus, dass man für den Sommer 2022 "ein weitgehend normalisiertes Buchungsniveau" erreichen werde. Gefragt seien bereits die traditionell beliebten Urlaubsziele im Mittelmeer-Raum, etwa die Balearen, Griechenland und die Türkei. Auch Österreich, die Schweiz und Italien seien weiterhin beliebt, so TUI.
Und auch das Reisen in Deutschland wird wie schon in den vergangenen beiden Jahren eine große Rolle spielen. "Der Urlaub zu Hause hat eine regelrechte Renaissance erlebt", sagt Tourismusforscher Pillmayer. Seiner Einschätzung nach ein Trend, der bleiben wird. Trotzdem kämpfe auch die heimische Tourismusindustrie weiterhin mit kurzfristigen Verordnungen und Entscheidungen der Politik. "Die Rahmenbedingungen sind für die Branche weiterhin katastrophal", so Pillmayer.
Fernreisen weiterhin schwierig
Wer weiter weg will, stößt oft auf noch größere Hürden. Viele Länder halten weiterhin an Einreisebeschränkungen fest, verschärfen sie wegen Omikron sogar, so zum Beispiel Thailand. Das Land hatte erst Anfang November seine Grenzen für Urlauber aus dem Ausland geöffnet, jetzt müssen Touristen wieder in Quarantäne. Auch Australien, Neuseeland oder Israel lassen keine Urlauber einreisen. Andere beliebte Ziele wie die USA oder die Malediven hingegen sind wieder geöffnet. Um in dieser unübersichtlichen Lage auf der sicheren Seite zu sein, buchen Urlauber seit Beginn der Pandemie vermehrt Pauschalreisen und bei Reisebüros. Große Reiseveranstalter wie TUI bieten zudem flexible Stornierungsbedingungen an und übernehmen teilweise anfallende Kosten für die Quarantäne am Urlaubsort.
Welche Urlaubsländer überhaupt das Vertrauen der Reisenden gewinnen können, werde auch darauf ankommen, wie die Regierung und die Tourismusindustrie vor Ort mit Omikron umgehen, sagt Tourismusforscher Pillmayer. Immer wichtiger wird auch der Impfstatus der Urlauber selbst. Länder wie Costa Rica und die USA lassen nur vollständig Geimpfte ins Land, auf den Kapverdischen Inseln etwa gilt 2G plus. Auch wer auf eine Kreuzfahrt will, muss bei den meisten Anbietern vollständig geimpft sein. Selbst wer innerhalb Deutschlands verreisen will, wird wohl um eine Impfung nicht herumkommen. Fast überall im Land gilt bereits 2G oder ähnliche Auflagen. Zum 28. Dezember wurden die Regeln zudem weiter verschärft. So dürfen sich zum Beispiel nur noch zehn Menschen privat treffen. Eine mögliche allgemeine Impfpflicht ist auch in Diskussion.
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Der Tourismusbranche fehlt Personal
Inwiefern sich die Tourismusbranche hierzulande wieder auf volle Hotels und Restaurants überhaupt vorbereitet, bleibt indes fraglich. Denn viele Mitarbeiter haben ihr mittlerweile den Rücken gekehrt, sind etwa in den Einzelhandel oder die Automobilindustrie gewechselt. Die Lage ist laut Tourismusforscher Pillmayer dramatisch: "Wir sprechen nicht mehr nur von Fachkräftemangel, sondern generell von Mitarbeitermangel".
In einer aktuellen Umfrage des DRV gaben zwei Drittel der Reiseveranstalter und 50 Prozent der Reisebüros an, in der Pandemie Mitarbeiter verloren zu haben, weil diese sich entschieden hätten zu gehen. 60 Prozent der Befragten hätten zudem Probleme, offene Stellen neu zu besetzen. Ersatz zu finden sei schwierig, sagt Pillmayer, auch weil die Branche durch mediale Berichterstattung und politische Entscheidungen einen Imageschaden erlitten habe. Neue Arbeitskräfte werde man nur mit höheren Gehältern locken können, so der Tourismusforscher – Urlaub wird also voraussichtlich teurer werden. Auch Anwerbekampagnen seien notwendig. "Man wird weltweit suchen müssen – und tut das auch schon – noch mehr als bereits vor der Pandemie", so Pillmayer.
Die Top-Reiseziele 2022
Wegen Corona haben viele eine Reisepause eingelegt. Aber 2022 kann es hoffentlich wieder losgehen - dann ja vielleicht zu einem der Top-Ziele, die "Lonely Planet" für 2022 ausgegeben hat. Das Ranking in Bildern.
Bild: Matt Munro/Lonely Planet
Wow!
Wegen Corona mussten viele Reisehungrige darben - und hoffen jetzt auf 2022. Diese Bildergalerie macht Appetit aufs Reisen und zeigt jeweils die Top 3 der Länder, Regionen und Städte, die grade im "Best in Travel 2022"-Reiseführer von "Lonely Planet" vorgestellt werden. Für die Reise-Experten war neben Wow-Effekt, Aktualität und einzigartigen Erlebnissen auch die Nachhaltigkeit entscheidend.
Bild: Chad Ehlers/picture-alliance
Los geht's
Bei den Städten hat es eine deutsche Stadt in die Top 3 geschafft. Nein, es ist nicht Berlin. Durch Raten kommt man wohl auch nicht drauf. Bei den Regionen ist eine dabei, von der vermutlich die wenigsten überhaupt je etwas gehört haben. Bei den Ländern hat es eines der kleinsten der Erde (erstes Foto) auf Platz 1 geschafft und eines, das man erraten könnte, auf Platz 2 (dieses Foto). Neugierig?
Bild: Heiko Junge/NTB scanpix/AFP/Getty Images
Platz 3 der Städte: Freiburg, Deutschland
"Lonely Planet" beschreibt Freiburg als eine der jugendlichsten, entspanntesten und nachhaltigsten Städte Deutschlands. Es gibt massig Grünflächen, doppelt so viele Fahrräder wie Autos. Die urige Altstadt ist autofrei. Das Rathaus ist weltweit das erste mit einem Null-Energie-Konzept. Hinzu kommen schöne Gassen, hübsche Fassaden und der Schwarzwald vor den Toren der 230.000-Einwohner-Stadt.
Bild: katatonia82/Shutterstock
Platz 2 der Städte: Taipeh, Taiwan
Eine Stadt mit vielen Facetten: Westliche Einflüsse treffen auf chinesische und japanische, alte Gebäude auf moderne. Tempel diverser Religionen sieht man fast überall. Wohnraum ist in der 2,7-Millionen-Einwohner-Stadt erschwinglich, die Gesundheitsversorgung ist gut. Es gibt viele Bars und Restaurants und das ganze Jahr über Festumzüge. Zudem gilt Taipeh als LGBTQ-freundlichste Stadt Asiens.
Bild: Matt Munro/Lonely Planet
Platz 1 der Städte: Auckland, Neuseeland
Ein Wort: einzigartig. In Auckland gibt es 53 Vulkane, über 50 Inseln, drei Weinregionen und viele Strände. Die 1,5-Millionen-Stadt liegt auf einer Landenge zwischen zwei Häfen. Drumherum gibt es viel zu sehen: Regenwälder, Surfstrände, geothermische Quellen, seltene Vögel, Wale, Delfine, Pinguine. Wer die Faszination des Ortes erleben will, sollte sich einen einheimischen Reiseführer nehmen.
Bild: Klanarong Chitmung/Shutterstock
Platz 3 der Regionen: Xishuangbanna, China
Xishuangbanna ist eine abgelegene Region im Süden Chinas, grenzt an Myanmar und Laos. Früher ein Backpacker-Reiseziel, profitiert die Region jetzt von massiven Investitionen in den Tourismus. Bei den Chinesen ist die Region beliebt wegen der kulturellen Vielfalt, der vielfältigen Küche und dem warmen Wetter. Die Region profitiert von einer neuen Zugstrecke nach Laos und besseren Flugverbindungen.
Bild: Fabio Nodari/Shutterstock
Platz 2 der Regionen: West Virginia, USA
Wenig Einwohner, wenig Touristen, viel unberührte Natur. Der Bundesstaat liegt im Osten der USA in den Appalachen und wird daher als "The Mountain State" bezeichnet. Der Staat geht weg von Abholzung, fossilen Brennstoffen, Kohle- und Salzgewinnung, hin zu mehr Tourismus. Wandern, Mountainbiking, Kajakfahren, Klettern, Höhlen erkunden, Basejumping von der New River Gorge Bridge - alles möglich.
Bild: ESB Professional/Shutterstock
Platz 1 der Regionen: Westfjorde, Island
Ein Wort? Abgelegen! Weit weg vom Massentourismus und nur über eine rund sieben Kilometer breite Landenge mit dem Rest der Insel verbunden. Wer sich dorthin wagt, wird belohnt mit einer reichen Tierwelt, urigen Dörfern und einer spektakulären Landschaft. Die Bewohner der vor rund tausend Jahren von Wikingern gegründeten Orte stellen die Natur in den Mittelpunkt - und den Verzicht auf Plastik.
Bild: Keith Manning
Platz 3 der Länder: Mauritius
Felsige Insel mit tollen Stränden im Indischen Ozean - oder kurz das Paradies. Damit verglich Mark Twain die Insel östlich von Madagaskar. Ob wandern, tauchen, schnorcheln? Kein Problem! Und Tiere! An keinem Ort der Erde sollen mehr gefährdete Vogelarten gerettet worden sein als hier. Wer sich mehr für Wale und Delfine interessiert, der findet sie in Ufernähe. Und die Bewohner? Entspannt!
Bild: Mark Read/Lonely Planet
Platz 2 der Länder: Norwegen
Norwegen ist ganz oben - und das nicht nur geografisch. Es gilt als lebenswertestes Land der Welt, ist in Sachen Bildung, Gleichstellung, Gesundheitswesen, Einkommen und Lebensqualität weit vorne. Und in Sachen Nachhaltigkeit! 99 Prozent des Stroms stammen aus Wasserkraft, fast 60 Prozent der Autos sind elektrisch (Weltspitze!). 2030 will das Land klimaneutral sein. Und dann noch diese Landschaft!
Bild: Matt Munro/Lonely Planet
Platz 1 der Länder: Cookinseln
Eines der abgelegensten und kleinsten Länder der Erde - verstreut auf 15 Vulkaninseln, deren Fläche zusammen kleiner ist als die Insel Malta. Traumhaft schön - und der Umwelt verpflichtet. 2017 wurde mit dem 1,9 Millionen Quadratkilometer großen Meerespark Marae Moana das größte Schutzgebiet der Erde eingerichtet. Wer die Farben Blau und Türkis liebt, ist hier auf jeden Fall richtig.
Bild: Pete Seaward/Lonely Planet
Die Welt ruft
Nach diesen vielen Bildern von traumhaft schönen Orten fällt es vermutlich schwer, vom Computer oder Handy hochzuschauen. Es macht doch einen kleinen Unterschied, ob man grade zu Hause am Esstisch, im Büro am Arbeitstisch - oder eben auf den Cookinseln an einem Tisch im Meer sitzt. Fernweh schmerzt (daher ja der Name). Aber der nächste Urlaub kommt bestimmt!