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Reise

Reiseziele für Wagemutige

7. Juli 2017

Urlaub am vertrockneten Aralsee oder im verlassenen Vergnügungspark von Tschernobyl. Auch für nicht ganz alltägliche Reiseziele gibt es Reiseführer.

Tschernobyl  Zerstörung Wandgemälde Kinder
Geisterstadt Pripyat in der UkraineBild: picture alliance/dpa/M.Palmer

Warum im Urlaub immer nur nach Mallorca, in die Toskana oder an den Strand von Phuket? Solche Reisen sind vorhersehbar. Wie wäre es zur Abwechslung einmal mit Turkmenistan, Karakalpakstan oder Tschernobyl in der Ukraine? Unerschrockenheit und eine Portion Gleichmut sind dabei unabdingbar, um diese ungewöhnlichen Reiseziele in ihrer ganzen Eigenart wirklich kennenzulernen.

Der Präsidentenpalast in Aşgabat, TurkmenistanBild: picture alliance/dpa/M.Kappeler

Zwischen Protz und Einöde

Wer nicht nach Mallorca oder Phuket reisen möchte, der findet in verschiedenen Reiseführern Anregungen für abgelegene Reiseziele.  "Sowjetistan" heißt Erika Fatlands Reisebuch durch die fünf "Stans": Turkmenistan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan, alle ehemalige Sowjetrepubliken.

Turkmenistan ist selbst für eingefleischte Weltenbummler eine echte Herausforderung. Denn das zentralasiatische Land gehört zu den verschlossensten Staaten der Welt. Dabei schwelgt die Hauptstadt Aşgabat in Marmor und Gold. Die Metropole der Superlative - was ist dagegen schon Abu Dhabi? - protzt mit den meisten Marmorbauten, dem größten Springbrunnen und dem höchsten Riesenrad der Welt! Selbst die Bushaltestellen haben hier Klimaanlagen. An jeder Ecke lächelt der "Große Präsident" gütig von Plakaten herab und seine Spione verfolgen einen garantiert noch bis ins Hotelzimmer. Das erinnert irgendwie an Nordkorea? Stimmt. Aber Turkmenistan ist die Luxusausgabe!

Denkmal von Staatsführer Turkmenbaschi in AşgabatBild: picture-alliance/dpa/S. Fuchs

Nach so viel Größenwahn und Paranoia hat eine Reise nach Karakalpakstan im benachbarten Usbekistan fast schon morbiden Charme. Hier lag einmal der Aralsee. Doch wegen übermäßiger künstlicher Bewässerung für den Baumwollanbau verlandete er. Der verschwundene See ist zum Anziehungspunkt für einen bescheidenen Katastrophentourismus geworden.

Schiffswrack im trocken gefallenen Aralsee, KarakalpakstanBild: picture alliance/dpa/G.Pohl

Entdeckung in der Wüste

In der Stadt Muinak, einst Zentrum der Fischindustrie, erinnert heute nur noch ein Schild mit einem blauen Fisch nostalgisch an die maritime Vergangenheit. Die Stadt wirkt wie ein aufgegebenes Goldgräberdorf: "Vor den Betonklötzen grasen Ziegen, durch die Straßen treibt Sand. Die alte Fischkonservenfabrik, einst das Herz Muinaks, ähnelt einem Geisterhaus." Das einzige Hotel der Stadt ist so baufällig, dass nur wenige Reisebüros Touristen dort einzuquartieren wagen.

1905 malte Alexander Shevchenko das Porträt seiner FrauBild: picture-alliance/TASS/D. Serebryakov

Doch in dieser abseitigen, unwirtlichen, windzerzausten Gegend steht ein hochkarätiges Museum mit avantgardistischen Kunstwerken. Noch zu Zeiten der Sowjetunion hatte der Sammler Igor Sawizki diese offiziell verpönte Kunst weit weg von Moskau in Nukus, der Hauptstadt der Teilrepublik Karakalpakstan, zusammengetragen.

Vergnügungspark von PripyatBild: Getty Images/S. Gallup

Orte des Schreckens für westliche Touristen

In die Kategorie Katastrophentourismus gehört auch ein Trip nach Tschernobyl, den der Brite Adam Fletcher in seinem Buch "Du fährst wohin?!" beschreibt. Der aufgegebene Ort Pripyat erinnert ihn an ein riesiges Filmset: Die kaputte, mit Glasscherben und Gasmasken übersäte Schule sieht wie inszeniert aus. Der Höhepunkt der touristischen Gruselshow ist ein verrosteter Vergnügungspark im Schatten des Katastrophen-Reaktors. Auch ans Übernachten wird gedacht: Gerade wurde in der nach dem Atomunfall 1986 geräumten Stadt Tschernobyl ein Hostel für Touristen eröffnet.

Die verlassene Schule von PripyatBild: picture alliance/dpa/M.Palmer

Auch Transnistrien, dieser vergessene Pseudostaat zwischen Moldawien und der Ukraine, ist ein bizarres Reiseziel. Fletcher beschreibt seinen Aufenthalt in einem zerbröselnden Hotel mit "Barbie-Ästhetik", ein schauriges Ambiente, irgendwo angesiedelt zwischen "Psycho" und "Shining".

Reichlich "Absurdistan"  bietet auch Dennis Gastmanns sprachlich weit  anspruchsvolleres und sehr lesenswertes Reisebuch "Atlas der unentdeckten Länder", in dem neben Ministaaten wie Akhzivland bei Israel oder das Scheichtum Ra's al-Chaima ebenfalls Transnistrien und Karakalpakstan gebührend gewürdigt werden. Offenbar sind es also vor allem kommunistische oder ehemals kommunistische Länder mit ihren bizarren Autokratien, die auf westliche Touristen absonderlich anziehend wirken.

Sibylle Peine (dpa)

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