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Glaube

Schwierige Themen bei "Religions for Peace"

14. Dezember 2019

Weltweit gibt es Signale für neue offizielle religiöse Dialoge. Vor seinem 50-jährigem Bestehen zeigt sich „Religions for Peace“ als Graswurzel-Bewegung selbstbewusst - und wagt sich auch an ein heißes Eisen.

USA New York Konferenz "Religions for Peace"
Bild: Diane Bondareff/AP Images for Religions for Peace

Der Diplomat wurde deutlich: "Religionen haben nicht immer eine positive Rolle in Konflikten gespielt, ganz im Gegenteil", sagt Christoph Heusgen, deutscher Botschafter bei den Vereinten Nationen. Wenn Religionen sich heute zu Konflikten äußerten, dann sollten sie bitte für gegenseitigen Respekt werben, sagte Heusgen vor rund 150 Repräsentanten aus 50 Ländern unterschiedlichster Religionen. Die Organisation "Religions for Peace" (RfP) hatte sie in New York zusammengeführt. RfP, 1970 gegründet, versteht sich alsgrößte und repräsentativste multireligiöse Allianz der Welt.

Wie schwierig es dabei sein kann, über auch religiös begründete Gewalt zu sprechen, erlebte der deutsche Botschafter selbst. Mit ihm als Moderator saß Myanmars erster Kardinal, Erzbischof Charles Bo, auf der Bühne. Dessen Land steht wegen der Verfolgung muslimischer Rohingya international am Pranger. Dessen Erklärungsversuche erzürnten mehrere islamische Repräsentanten. Eine Muslima löste schließlich den Konflikt: "Unsere Aufgabe ist es nicht, zu verurteilen, sondern zu begleiten, zu vermitteln", sagte Layla Al-Khafaji, erste Vizepräsidentin des tunesischen Parlaments und eine der starken RfP-Frauen aus dem arabischen Raum.

Mit Kopftuch, Kippa, Turban und Bischofshut

Die Szene passt zum Charakter des gemeinsamen Weges. Männer und Frauen, Asiaten, Afrikaner, Europäer, Nord- und Südamerikaner, Bahai und Buddhisten, Shintoisten, Hindus und Juden, Christen und Muslime, auch indigene Vertreter von Naturreligionen. Sie mögen Kopftuch, Kippa oder Bischofshüte tragen, Turban oder Schleier - hier reden sie auf Augenhöhe miteinander. Überzeugt davon, dass Religionen gemeinsam den Menschen zu dienen haben.

Vielfalt unter den Teilnehmern auf der BühneBild: Diane Bondareff/AP Images for Religions for Peace

Der Austausch zwischen den Religionen hat Konjunktur - zusehends auch auf sehr offizieller Ebene: Parallel zur New Yorker Tagung fand eine gut besetzte interreligiöse Konferenz in Abu Dhabi statt. Ein weiteres Beispiel: Im Januar will, kurz vor dem Jahrestag der Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz, der Generalsekretär der Islamischen Weltliga, der Saudi Muhammad Alissa, gemeinsam mit dem Geschäftsführer des American Jewish Committee, David Harris, die Gedenkstätte im heutigen Polen besuchen. Spektakulär.

Papst Franziskus, der ziemlich regelmäßig jüdische und muslimische Vertreter im Vatikan trifft, begegnete bei seiner jüngsten Asienreise Buddhisten und Shintoisten. Aus all dem spricht, dass Religionen in einer nervöser werdenden Weltl nach gemeinsamer Vernetzung suchen.

Gender-Themen auf der Agenda

Azza Karam, Muslima aus Ägypten, sieht diese Tendenzen nicht als Konkurrenz, eher als Bestätigung. Seit bald 50 Jahren habe "Religions for Peace" kontinuierlich das Gespräch der Religionen gepflegt und vorangetrieben, sagt die neugewählte RfP-Generalsekretärin. "Heute kann man hochrangige Begegnungen gar nicht erreichen, wenn sie keine Graswurzel-Bewegung haben, die den Boden bereitet." Spitzentreffen bildeten Momente, die RfP-Arbeit laufe dauerhaft.

Und Vielfalt unter den ZuhörernBild: Diane Bondareff/AP Images for Religions for Peace

Bei der strategischen Planung bis 2025 orientierte sich die dreitägige Konferenz an den Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Neben Themen wie Friedensarbeit, Umwelt- und Klimaschutz oder interreligiöser Erziehung wurde auch das Gender-Thema ausdrücklich als Schwerpunkt für die kommenden Jahre benannt. Und hinter verschlossenen Türen kam auch der Umgang mit Homosexualität und LGBT zur Sprache, wie Karam erläutert. Viele Repräsentanten hätten Vertrauen und wagten den Austausch über LGBT. "Für manche ist das problematisch. Aber das Thema gehört im geschützten Raum auf den Tisch. So wurde es auch Teil unseres strategischen Konzepts."

Gegen Vergewaltigung und für den Klimaschutz

Einzelne Vorhaben, die RfP im Sommer bei einer großen Konferenz mit über 900 Delegierten im süddeutschen Lindau beschloss hatte, sind bereits in der Konkretisierung. So treibt die Organisation die Markt-Entwicklung eines DNA-Tests voran, der es nach einer Vergewaltigung erlaubt, den Täter leichter zu identifizieren. Sie will damit Frauen in ihrer Würde schützen und stärken. Der Test soll in den ersten Monaten 2020 in Kenia und der südafrikanischen Kap-Region zum Einsatz kommen.

Brennender Regenwald: Umweltschutz ist ein wichtiges Thema bei den RfpBild: Reuters/B. Kelly

Und auch das in Lindau beschworene Engagement für den Regenwald und den Schutz des Weltklimas läuft. Bei der Zwischenbilanz gab es zwar auch kritische Stimmen: Afrika, so der muslimische Scheich Saliou Mbacke aus dem Senegal, "trägt nur ein Prozent zur globalen Klimaerwärmung bei, hat aber am stärksten darunter zu leiden und ist der ärmste Kontinent." Umsteuern müssten andere. Aber ein Kollege Mbackes, ein Scheich aus Ruanda, erläuterte, in seinem Land arbeiteten die Religionen gemeinsam daran, drei Millionen neue Bäume zu pflanzen. Und eine jüngere Delegierte aus dem Libanon berichtete, dort habe man eine Million Bäume bereits geschafft. Nun strebe man gemeinsam zehn Millionen Pflanzungen an.

Nicht nur reden sondern handeln

Generell waren es die jüngeren Teilnehmer, die auf konkretes Handeln drängten. Resolutionen und gute Worte reichen ihnen nicht. In New York bekam Renz Argao von den Philippinen, Sprecher der jüngeren Generation auf Weltebene, den meisten Beifall. Die Jugend sei die Zukunft und müsse stärker eingebunden werden. "Sie haben uns ermutigt. Und nun sind wir bereit, mit Ihnen zu arbeiten für die gemeinsame Zukunft. Die Frage ist: Sind Sie bereit, uns mit Ihnen arbeiten zu lassen" fragte der 32-Jährige.

Die großen Herausforderungen miteinander meistern, - dieser Ansatz passt auch zur neuen RfP-Generalsekretärin Karam. Die muslimische Ägypterin war in Lindau ins Amt gewählt und ist die erste Frau auf diesem Posten. Nun wartet sie noch auf die Erlaubnis der US-Migrationsbehörden, um den neuen Job in New York offiziell antreten zu können.