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Kunstmarkt: Rembrandt für alle?

10. Oktober 2025

Schon mal davon geträumt, einen echten Rembrandt zu besitzen? Im heutigen Kunstmarkt können bei solchen Werken alle mitmischen - auch ohne Millionenvermögen. Es gibt dann allerdings auch nur einen Anteil am Kunstwerk.

Eine Frau in einem Museum steht vor einem Rembrandt-Gemälde und schaut es sich an.
Rembrandts "Minerva in her study" (1635): Wie vielen Menschen gehört zukünftig dieses Werk?Bild: Robin van Lonkhuijsen/ANP/AFP/Getty Images

Die Ankündigung erregte Aufmerksamkeit: Der US-amerikanische Kunstsammler Thomas Kaplan, Besitzer der "Leiden Collection", der weltweit größten Privatsammlung niederländischer Kunst aus dem 17. Jahrhundert, plant Teile seiner Sammlung zu veräußern. Verkauft werden allerdings nicht die Gemälde selbst, sondern lediglich virtuelle Anteile an den Bildern. Im Falle Rembrandts solle es davon eine große Anzahl geben - so viele, dass selbst Menschen mit kleinerem Budget investieren können.

"Ich denke, man kann am besten für Rembrandt begeistern, wenn man Millionen, vielleicht sogar zig Millionen ganz normalen Menschen die Möglichkeit gibt, einen Rembrandt zu besitzen", so Kaplan über sein Vorhaben in einem Interview mit "The Art Newspaper". Aber was genau "besitzt" man in dem Fall eigentlich?

Investition mit Erzählwert 

Es gibt generell mehrere Gründe, warum Menschen Kunst besitzen wollen. Vielen, die im Kunstmarkt aktiv sind, ist daran gelegen, mit der Kunst, die sie kaufen, in Berührung zu kommen - sei es sie anzusehen, aufzuhängen, auszustellen etc. Andere investieren in Kunstwerke, um durch Weiterverkauf damit Geld zu verdienen - was ein Interesse an der Kunst an sich natürlich nicht ausschließt.

Leidenschaftlicher Rembrandt-Fan: Der US-amerikanische Kunstsammler Thomas Kaplan vor einem Selbstporträt Rembrandts Bild: Patricia Sigerist/IMAGO

Mit der Entwicklung von Blockchain-Technologien entstand die Möglichkeit, Kunstwerke zu digitalisieren und in virtuelle Bruchteile zu zerlegen, die dann einzeln gehandelt werden können. Das Ganze läuft unter dem Stichwort "Fractional Ownership" (auf Deutsch: geteilter Besitz) - und genau darum würde es sich im Falle der "Leiden Collection" handeln. Aufgeteilt wird dabei nicht das Kunstwerk, sondern das Eigentum - sprich: Nicht einer Person gehört ein bestimmter Teil, sondern allen zusammen gehört das Ganze. Wobei Thomas Kaplan bereits angekündigt hat, dass er die Mehrheitsanteile behalten werde, um die Sammlung weiter an Museen verleihen zu können.

Es könnten also in Zukunft viele Menschen Anteile an Rembrandt-Werken besitzen - eventuell ohne sie jemals im Original gesehen zu haben. Der Mehrwert für die investierende Einzelperson läge dabei zum einen in der Hoffnung auf Wertsteigerung des eigenen Anteils und zum anderen im sicherlich hohen Erzählwert der getätigten Investition.

Demokratisierung des Kunstmarktes?

So spektakulär die Aktion auch anmutet: Kunstmarktexperte Dirk Boll vom Auktionshaus Christie's sieht in dem Konzept "Fractional Ownership" keine Revolution des Kunstmarktes, auch wenn es inzwischen einige Plattformen gibt, die Investitionen dieser Art anbieten. Das Ganze sei sehr komplex. Kunstwerke seien generell kein einfaches Investitionsgut, unter anderem aufgrund der hohen Kosten, die sie verursachten durch Versicherungen, spezielle Lagerungsbedingungen, konservatorische Betreuung etc.

Dirk Boll: Kunstmarktexperte und Managing Director bei Christie’s GermanyBild: Christie’s

Anlegende aber wollten natürlich Erträge, die man bei einer geteilten Eigentümerstruktur in der Regel auf zwei Arten erhalte. "Man muss entweder die Werke mit Zugewinn weiterverkaufen oder es gibt irgendwann einen Sekundärhandel der Anteilsscheine. Und das sind zwei sehr komplexe Sachverhalte", so Boll im Interview mit der Deutschen Welle. Der Sekundärhandel - sprich der Weiterverkauf - aber scheitere bislang oft daran, dass es mehr Scheine als Nachfrage gebe.

Auch die vielbeschworene "Demokratisierung des Kunstmarktes" sieht er eher skeptisch. "Das ist ein schöner Slogan", sagt Boll. Aber der Kunstmarkt sei im Grunde genauso demokratisch wie der Automarkt: "Sie können sich jedes Auto kaufen, das Sie sich leisten können. Und je nachdem, wie viel Geld sie haben, ist es entweder ein VW-Polo oder eine Mercedes S-Klasse. Er ist halt ein kommerzielles ökonomisches System."

Richtig sei allerdings, so Boll, dass man durch eine solche geteilte Eigentümerschaft Objekte, die höher gehandelt werden, mehr Menschen zugänglich mache - wie jetzt im Beispiel Rembrandts. "Das kennen wir ja auch aus anderen Bereichen des Shared Ownership", sagt Boll und verweist auf Car Sharing oder das Teilen von gemeinsamen Ferienwohnungen. Und auch sei sicherlich nicht zu leugnen, dass eine solche Aktion dazu führen könne, dass Menschen sich vermehrt für das Werk Rembrandts interessierten.

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04:17

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Neue Möglichkeiten im Erbfall

Für Thomas Kaplan ist die Aufteilung seiner mehr als 200 Werke starken Sammlung eine Lösung für den Fortbestand der "Leiden Collection" in der Zukunft. Er habe drei Kinder, die zwar beeindruckt seien von der Sammlung, die er und seine Frau aufgebaut hätten, so Kaplan gegenüber "The Art Newspaper", aber die keine Ahnung hätten, was sie eines Tages damit tun sollten. Daher hätten sie ihn gebeten, eine Lösung für die Zukunft zu finden.

Und in der Tat könnte dieser Schritt eine interessante Möglichkeit sein, sagt Kunstmarktexperte Boll, um die Sammlung zusammenzuhalten. Auf dem Kunstmarkt gebe es viele Fälle, bei denen Teile von Sammlungen verkauft würden, um anfallende Kosten beispielsweise im Erbfall begleichen zu können. "Das ist natürlich auch eine der Aufgaben der Kunstmärkte, dass man Nachlässe in aller Regel teilweise liquidiert, um die Mittel zu erwirtschaften, die Steuer zu bezahlen." Durch das Konstrukt der "Fractional Ownership" aber ließe sich das vielleicht vermeiden, da die Mittel durch den Verkauf von Anteilsscheinen generiert werden könnten.

Noch sind die Anteilsscheine der "Leiden Collection" nicht auf dem Markt. Und es wird sich zeigen, welchen Zulauf sie haben werden. Unbestreitbar aber hat es auf Partys einen nicht geringen Unterhaltungswert, wenn man sagen kann, man habe gestern einen echten Rembrandt gekauft.

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