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Renditewunder oder Teufelszeug?

Thomas Kohlmann14. Juli 2003

Seit die Bundesregierung die Zulassung von Hedgefonds in Deutschland plant, sind die hochriskanten Anlage-Vehikel in aller Munde. Hinter den Kulissen reibt sich die deutsche Fondsbranche bereits die Hände.

An fallenden Kurse verdienen? Für viele eine teuflische StrategieBild: AP

"Eichel will Hedgefonds zulassen!" – so oder so ähnlich leuchten in diesen Tagen dem Anleger die Wirtschafts-Schlagzeilen deutscher Tageszeitungen entgegen. Hedgefonds? Stecken da nicht diese Haifische dahinter, die an fallenden Kursen verdienen und sich beim Blutbad an den Börsen eine goldene Nase verdient haben? Und die will unser Finanzminister auf den deutschen Kleinanleger loslassen?

Was sind Hedgefonds?

"Hedgen" hat nichts mit Hecken zu tun, sondern ist "börsianisch" für Risiko-Absicherung. Und das können Investoren tun, indem sie sich mit Verkaufsoptionen und Terminkontrakten gegen Kurseinbrüche oder starke Wechselkurs-Schwankungen absichern. Doch mit Absicherung haben Hedgefonds nun rein gar nichts zu tun: Sie streben die größtmögliche Rendite an – egal ob die Kurse steigen oder ins Bodenlose fallen. Typisch für Hedgefonds sind sogenannte Leerverkäufe, bei denen auf fallende Kurse einer bestimmten Aktie spekuliert wird. Die beispielsweise von Brokerhäusern geliehenen Aktien werden sofort verkauft, zu niedrigeren Kursen zurückgekauft und dem Verleiher zurückgegeben. Eine riskante Strategie, die nicht immer aufgeht. Steigt der Kurs der leerverkauften Wertpapiere, muss der Hedgefonds kräftig draufzahlen. Wurde das Geschäft auch noch auf Pump abgewickelt, kommt der Hedgefonds endgültig unter Druck. Drei oder vier faule Aktien- oder Devisen-Deals und ein Hedgefonds kann am Ende sein.

Halbseidenes Image

Das Negativ-Image der Hedgefonds schien sich zu bestätigen, als 1998 der Long-Term Capital Management Fonds (LTCM) fast pleite ging. Nur ein Milliarden schweres Hilfspaket internationaler Großbanken konnte damals die Finanzmärkte vor dem Absturz bewahren. Die dreistelligen Millionenkredite, die Banken wie Credit Suisse, Deutsche Bank oder Citibank den LTCM-Bossen gepumpt hatten, waren weg. "Die breite Masse vergisst trotz des großen Schadens dabei, dass LTCM nur einer von vielen tausend Hedgefonds ist. Es gibt durchaus - in Deutschland beispielsweise den Phoenix Managed Account - Hedgefondskonzepte, die seit mehr als zehn Jahren erfolgreich am Markt sind", gibt Hans Heuser zu bedenken, Deutschland-Chef des Fach-Informationsdienstes "Fonds professionell".

In ihrer amerikanischen Heimat werden sie zur Gruppe der "alternative investments" gezählt. Weltweit gibt es etwa 6.000 Hedgefonds, die rund 600 Milliarden US-Dollar verwalten. In zehn Jahren, so schätzen Experten, wird sich die Summe auf 1,7 Billionen US-Dollar verdreifachen. Dass dort, wo viel Geld zu verdienen ist, auch zwielichtige Gestalten mitmischen, liegt auf der Hand. In den USA landete eine Reihe von Hedgefonds-Betreibern im Knast, nachdem sie das Vermögen ihrer Kunden an der Börse verspielt hatten.

Zwischen Furcht und Gier

Trotzdem wächst der Wunsch nach Rendite unter den Anlegern. Durch den Sturz der Börsen ins Bodenlose haben Investoren rund um den Globus Billionen Euro verloren. Kein Wunder, dass in solchen Zeiten auch gebeutelte Kleinanleger hellhörig werden, wenn von einem Hedgefonds die Rede ist, der seit dem Crash im Frühjahr 2000 jedes Jahr zweistellige Renditen eingefahren hat.

Dass die traditionellen Investmentfonds-Anbieter in Deutschland sauer sind, dass sie Hedgefonds auf dem deutschen Markt nicht anbieten können, ist klar. Denn während sie zur Zeit kaum einen Anleger für ihre klassischen Fonds hinter dem Ofen herlocken können, wächst die Gemeinde der Hedgefonds-Kaufinteressenten auch unter Kleinanlegern stetig an. "Es ist völlig klar, dass es bei der Diskussion um die Hedgefonds um knallharte Interessen geht. Die großen Fonds-Töchter der deutschen Großbanken wollen mitverdienen", unterstreicht Fonds-Experte Heuser.

Beispiel Quadriga

Einer der Shooting-Stars der alternativen Investment-Szene in Europa ist der Österreicher Christian Baha. Auf dem Höhepunkt der Spekulationsblase an den Aktienmärkten, vor rund drei Jahren, hatte der damals 31-Jährige den Wert der von seiner Quadriga AG verwalteten Kundeneinlagen mit 350 Millionen österreichischen Schilling angegeben. Heute sind es 700 Millionen Euro: Bahas Fondsgesellschaft hat damit das von ihr verwaltete Vermögen nahezu verdreißigtfacht. Kein Wunder, dass da die alten Fondsgesellschaften neidisch werden und in Berlin Druck machen, dass auch Kleinanleger Hedgefonds kaufen dürfen.

Ganz wohl scheint dem Bundesfinanzministerium die Sache mit den Hedgefonds aber nicht zu sein. Und so vertrauen Hans Eichel und seine Staatssekretärin Barbara Hendricks nicht allein der Faustformel, man solle nur rund zehn Prozent seines Vermögens in hochriskante Anlageformen stecken. Private Anleger dürfen nach dem Gesetzesentwurf nur in Dachfonds investieren. Also in Hedge Fonds, die wiederum in einzelnen Hedge Fonds anlegen und so das Risiko streuen sollen. Zusätzlich soll der Anleger – wie Raucher auf jeder Zigarettenschachtel – mit folgendem Satz vor dem Totalverlust gewarnt werden: "Der Bundesminister der Finanzen warnt: Bei diesem Investmentfonds müssen Anleger bereit und in der Lage sein, Verluste des eingesetzten Kapitals bis hin zum Totalverlust hinzunehmen."

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